"Mit Feuer auf Subotic" - dieser Satz hat eine hübsche Debatte ausgelöst. Bayern-Coach Pep Guardiola hatte ihn seinem Einwechselspieler Franck Ribéry mit auf den Weg gegeben. Ribéry stürmte gegen Dortmund tatsächlich mit Feuer auf den Platz, beschäftigte den schwächelnden Abwehrmann Subotic mit rasendem Tempo - und entschied so die Partie.
Eigentlich war der Satz für zwei Menschen bestimmt: für Guardiola und Ribéry. Eine geheime Taktik-Anweisung zwischen Trainer und Spieler. Doch halb Fußballdeutschland diskutierte am nächsten Tag darüber. Der Sender Sky hatte einen Lippenleser engagiert und den Satz publik gemacht. Die Beteiligten waren not amused. "Kindereien", schimpfte Bayern-Mediendirektor Markus Hörwick. "Affig", fand es Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc. Er meinte nicht Guardiolas Idee, sondern den Lippenleser.
Der Einsatz von Lippenlesern ist nicht neu im Sport - im deutschen Fußball dennoch ein junges Phänomen. Bei der WM in Brasilien haben Lippenleser manches Detail verraten, etwa dass der wohlerzogene Bundestrainer Joachim Löw den deutschen Vortrag gegen die USA zeitweise "kacke" fand. Gegen Algerien entfuhr es ihm: "Ich versteh' nicht, warum es nicht besser wird." Angesprochen auf seine Sätze reagierte Löw angesäuert, versprach, vorsichtiger zu sein.
Auch wegen Julia Probst. Die gehörlose Bloggerin hat die WM intensiv verfolgt; sie hat ihren eigenen Ableseservice auf Twitter, @EinAugenschmaus nennt sie sich dort. Was sie bei der WM von den Lippen der Protagonisten ablesen konnte, stellte sie ins Netz. Wenn Kritiker befürchten, professionelle Lippenleser würden den Sport verändern oder gar kaputt machen, kann sie nur lachen. "Die Aufregung ist total übertrieben", findet sie.
Lippenleser könnten zwar manches Detail über die Fußballhelden verraten, sagt Probst - aber nicht mehr. Etwa über Thomas Müller, mit dem Probst lippentechnisch ihre Probleme hat. "Der redet Bayerisch, wie ihm der Schnabel gewachsen ist", sagt sie.
Im WM-Spiel gegen Portugal, als Abwehrspieler Pepe ihn wüst attackierte, brach es jedoch aus Müller heraus: "Was willst du denn von mir?" Und zwar in reinstem Hochdeutsch. Eine nette Anekdote, findet Probst. Und ein Stückchen entfernt von Landesverrat.