Lionel Messi:Wie die Apollo

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Lionel Messi wird immer besser, er sprengt eine Raketenstufe nach der anderen ab. Es ist nicht mal ansatzweise abzusehen, wo seine Grenzen sein könnten.

Javier Cáceres

Es gibt keinen Zweifel mehr: Durch Lionel Messi ist der Fußballsport in eine neue Dimension eingetreten. Seine Aufführungen im Camp Nou sind längst zu parareligiösen Erweckungserlebnissen mutiert; Wer Messi einmal live erleben konnte, spricht bloß noch von möglichen Halluzinationen oder dem Privileg, der Begründung einer Ära beigewohnt zu haben. Es gibt für seine Kunst keine einzige Vergleichsgröße der Gegenwart, nur die Geschichte des Fußballs hält Kategorien parat, die Messi gerecht werden. Sie heißen: Alfredo Di Stéfano, Pelé, Johan Cruyff, Diego Maradona. "Zweitbester zu sein ist schon eine Menge", sagte Real Madrids lebende Legende Di Stéfano neulich, als er gefragt wurde, ob es statthaft wäre, den 96-Millionen-Einkauf seines eigenen Klubs, den Portugiesen Cristiano Ronaldo, auf eine Stufe mit Messi zu stellen.

Wenn es etwas gibt, was Di Stéfano, Pelé, Cruyff und Maradona über eine Handvoll von Weltstars hinausgehoben hat, dann dies: Sie sind die Personifizierung von Zeitenwenden in der Geschichte ihres Sports gewesen. Messi schickt sich nun an, es ihnen gleich zu tun. Zieht man Statistiken zurate, so hat einzig Pelé Messi etwas voraus: Im Alter von 22 Jahren hatte er bereits zwei Weltmeistertitel gewonnen, 1958 in Schweden und 1962 in Chile (wobei er dort wegen einer Verletzung bloß ein paar Minuten spielte). Doch andererseits: Wer vermag zu sagen, was gewesen wäre, wenn Argentiniens Nationaltrainer José Pékerman 2006 im Weltmeisterschafts-Viertelfinale in Berlin Mut gehabt und Messi gegen Deutschland eingewechselt hätte? Und wer weiß, was Messi für die WM in Südafrika bereithält, die in 70 Tagen beginnen wird?

Wer Messi, 22, in den vergangenen Monaten beobachtet hat, kommt nicht um die Feststellung umhin, dass er von Vierteljahr zu Vierteljahr, von Monat zu Monat, von Spiel zu Spiel besser, unnachahmlicher, reifer geworden ist - und weiterhin wird. Wie die Apollo-Raumschiffe der Nasa sprengt Messi eine Raketenstufe nach der anderen ab - auf einer phantastischen Reise ins Ungewisse: Es ist nicht mal ansatzweise abzusehen, wo seine Grenzen sein könnten. Argentinien hat sich in Südamerika durch die WM-Qualifikation gequält und am Chaos gelitten, das Messis Trainer Diego Maradona angerichtet hat. Messi selbst litt an der Verdächtigung, die Nationalelf sei ihm egal. Er sei darüber hinweg, sagen die, die ihn kennen. Und so ist nun Fakt, was noch vor wenigen Wochen als unvorstellbar galt: dass Argentinien einer der WM-Topfavoriten sein könnte.

Wegen Messi.

© SZ vom 08.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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