Lindsey Vonn:Fast jedes Körperteil tut weh

Skirennfahrerin Lindsey Vonn

Bald ist Schluss: Lindsey Vonn.

(Foto: Michael Probst/dpa)
  • Skirennläuferin Lindsey Vonn hat in ihrer Karriere bisher 82 Weltcuprennen gewonnen.
  • Nun hat die 33-Jährige ihren Rücktritt angekündigt, vorher will sie aber noch Ingemar Stenmark übertreffen, der vier Siege mehr vorzuweisen hat als die Amerikanerin.

Von Johannes Knuth

Eine der meistgestellten Fragen der vergangenen Jahre war die Frage nach ihren Verletzungen, Lindsey Vonn kann sie mittlerweile aufsagen wie ein auswendig gelerntes Gedicht: Zwei Kreuzband-OPs, zwei Schienbeinbrüche, ein Oberarmbruch, ein Meniskus- und Sehnenriss, ein gebrochener Knöchel, ein Bruch im Handgelenk, dazu je einer im Daumen und im kleinen Finger. Ach ja, und ein paar eingeklemmte Rückenfaszien. Wenn man wissen wollte, wie es um Vonn steht, war es zuletzt einfacher, nach ihren unversehrten Körperstellen zu fragen. "Linke Hand und linker Arm", sagte sie dann, denen gehe es noch ganz gut.

Lindsey Vonn, 33, aus Saint Paul im US-Staat Minnesota ist längst die erfolgreichste Skirennfahrerin der Historie, die nackten Zahlen sprechen jedenfalls für sie: vier Gesamtweltcupsiege, zwei WM-Titel, Olympiagold und -bronze in der Abfahrt, und dann natürlich diese 82 Weltcup-Siege, zwanzig mehr als die zweitbeste Frau je geschafft hat, die Österreicherin Annemarie Moser-Pröll. Vier Siege fehlen Vonn noch zu den unwirklichen 86 Erfolgen des Schweden Ingemar Stenmark - nicht viel aber auch nicht wenig, nach all den Verletzungen.

Die Amerikanerin hatte im vergangenen Frühjahr also einen simplen Fahrplan entworfen; sie werde noch so lange fahren, bis sie Stenmarks Bestmarke erobert hat, sagte sie - oder bis ihr Körper kapituliert. Nun bahnt sich Letzteres an. "Physisch bin ich an einem Punkt, an dem es keinen Sinn mehr macht", sagte Vonn am Donnerstag in New York: "Ich möchte gern aktiv bleiben, wenn ich älter bin." Die kommende Saison werde ihre letzte sein, ob sie Stenmarks Rekord erreiche oder nicht. "Und wenn nicht, hatte ich trotzdem eine unglaublich erfolgreiche Karriere."

Vonn wird also nicht einfach aufhören, sie wird ihre letzte Saison, die in zwei Wochen in Sölden anbricht, als Abschiedstournee gestalten. Alles andere hätte auch überrascht, Vonn hat die Aufmerksamkeit ja nie gescheut; manchmal hatte man das Gefühl, dass all die Kameras nur für sie aufgebaut waren. Vonn hatte vor den Winterspielen in Südkorea im SZ-Gespräch noch mal auf diese bewegte Karriere geschaut, auf ihre Kindheit, als ihr Vater die Familie ins Ski-Mekka Vail umsiedelte ("Ein großer Einschnitt, vor allem für meine vier Brüder und Schwestern"). Sie sprach über ihren Ehrgeiz ("Ein Weg, um die Investitionen zurückzuzahlen, die meine Familie in mich gesteckt hatte"), über die Verletzungen, wie sie mit ihren Depressionen umgehe ("Skifahren gibt mir Freude, das ist ein Grund, warum ich es noch immer tue. Ich weiß nicht, womit ich das ersetzen werde, wenn ich aufhöre").

Olympische Sportler müssen in den USA viel von sich preisgeben, um aufzufallen, andererseits sei sie "eine offene Person", sagte Vonn, "das hat nichts mit Schauspielerei zu tun". Am Ende war es jedenfalls so: Wo sie erschien, war Spektakel, selbst wenn sie einfach nur da war. In ihr verliert der olympische Sport auch eine seiner wenigen Überfiguren.

Erst mal liegt aber noch eine Saison vor ihr, mit der WM in Are. Und dann? Vielleicht eine Karriere als Unternehmerin. Sie wolle jedenfalls erfolgreicher sein als mit ihrem Sport, sagte Vonn in New York. Schwere Ziele haben sie ja noch nie abgeschreckt.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusLindsey Vonn im Interview
:"Ich will Dinge tun, die noch niemand geschafft hat"

Skiläuferin Lindsey Vonn über Ziele, starke Frauen, warum sie ohne Verletzung ihre Karriere beendet hätte und wie sie mit ihren Depressionen umgeht.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: