Liechtenstein:Der Weltrekord-Pokalsieger

Der FC Vaduz ist in Liechtenstein erfolgreicher als der FC Bayern in Deutschland. Das Team gewinnt den Pokal jedes Jahr, in dieser Woche zum 44. Mal - eine kuriose Erfolgsgeschichte.

Von Johannes Kirchmeier, München

Im Guinness Buch der Rekorde steht so einiges: Das größte Sushi-Mosaik (41,99 Quadratmeter) haben Japaner gebastelt. Den größten veganen Kuchen haben Berliner gebacken. 338,9 Kilogramm ist er schwer gewesen. Nicht mehr so offensichtlich wird es beim Verein mit den meisten nationalen Pokalsiegen: Es ist nicht der FC Bayern! Dessen Trophäenschrank mit 17 vergoldeten DFB-Pokalexemplaren wirkt fast karg gegenüber den 44 Pokalen, die der Weltrekordhalter besitzt: der FC Vaduz.

Seit dem vergangenen Jahr, seit er den Linfield FC aus Nordirland überholt hat, ist der Liechtensteiner Verein Weltrekord-Pokalsieger. Den 44. Triumph hat er am Mittwochabend gefeiert - mit einem 11:0 gegen den FC Schaan. "Wenn alles normal läuft, gewinnt Vaduz diesen Pokal jedes Jahr. Und wenn es unter 3:0 oder 4:0 ausgegangen wäre, wäre es auch nicht real gewesen", sagt der Vaduzer Mittelfeldspieler Dejan Janjatovic, 24, bevor er erheitert anfügt: "Aber den Titel nehme ich gerne mit. Das ist mein erster Pokalsieg im Profibereich."

Seit Januar spielt der frühere Junior des FC Bayern München in Vaduz. Warum er so locker übers Finale plaudert, wird klar, wenn man sich den kleinsten Pokalwettbewerb Europas genauer ansieht: Nur sieben Vereine kicken mit, im Sechzehntelfinale treten auch ihre Zweit- und Drittmannschaften an. Damit wirkt er etwas größer als der zweitkleinste Wettbewerb aus Andorra. Der startet ab dem Achtelfinale, aber mit wohlgemerkt zwölf (!) verschiedenen Vereinen.

Es gibt keine Liga - nur den Pokal

Der FC Vaduz ist Liechtensteins einziger Profi-Klub. Auch aus Respekt vor den Gegnern hat er keine große Party gestartet: "Aber zusammengesetzt haben wir uns natürlich schon mit der Mannschaft nach dem Finale", sagt Janjatovic, lange sei es trotz des freien Tages am Donnerstag nicht gegangen.

Das Liechtensteiner Modell ist einmalig in Europa: Der Verband richtet im Elf-Gemeinden-Land nur einen Pokal- und keinen Ligawettbewerb aus. Die Vaduzer spielen in der Schweizer Super League, der höchsten Spielklasse im Nachbarland. Ihre Gegner treten alle ein paar Ligen darunter an. Der Finalgegner FC Schaan etwa in der siebthöchsten.

Obwohl der FC Vaduz das beste Team seines Landes ist, kann er sich nicht im eigenen Land für die Champions League qualifizieren. Er könnte das nur in der Schweiz schaffen. Die vielen Pokalsiege haben ihn jedoch zum Dauergast in der Europa League gemacht. Janjatovic, der einst in der Jugend mit David Alaba spielte und mit ihm in Kontakt steht, freut sich schon auf das neuerliche Abenteuer in der nächsten Saison: "Es ist immer schön, international dabei zu sein. Mit meinem vorherigen Verein, dem FC Sankt Gallen, habe ich mich schon einmal für die Gruppenphase qualifiziert, und jetzt hoffe ich, dass ich das mit Vaduz auch schaffe."

Vor der Kür auf den großen Bühnen Europas wartet für die Vaduzer erst noch eine weitere Pflichtaufgabe nach der Pokal-Pflicht. Schließlich spielen sie ja auch noch in einer Liga mit, und da stecken Janjatovic und seine Mitspieler im Abstiegskampf. Fünf Spiele vor dem Ende haben sie nur einen Zähler mehr als der FC Lugano, der als Zehnter auf dem Abstiegsplatz steht. Am vorletzten Spieltag treffen sie auf den Konkurrenten: "Darauf fokussieren wir uns. Aber wir hoffen, dass wir schon vorher alles klären. Denn wir wollen natürlich in der Super League bleiben."

Der Ligaverbleib hat oberste Priorität bei den Vaduzern. Daher haben sie Janjatovic im Pokalfinale geschont. Er jubelte beim 11:0 von der Bank aus mit, bei Vaduz' mittlerweile 18. Titel in den letzten 19 Jahren (2012 unterlag Vaduz dem USV Eschen-Mauren nach Elfmeterschießen). Es sieht alles danach aus, als müsste das Guinness Buch der Rekorde die Zahl der meisten nationalen Pokalsiege nun Jahr für Jahr nach oben korrigieren. Nur der Name des Weltrekord-Pokalsiegers bleibt unantastbar: FC Vaduz.

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