Lieblinge der Bundesliga-Saison:Exquisit, selbst mit Bäuchlein

Bayerns Claudio Pizarro pfeift auf Petrodollars und erfreut als Münchner Strizi. Kevin Großkreutz ist der beste Linksaußen, der je zum Rechtsverteidiger umfunktioniert wurde. Und Löw hat einen famosen Mainzer vergessen.

Die Lieblinge der Sportredaktion von SZ.de

1 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Kevin Großkreutz

175878466

Quelle: AFP

Bayerns Claudio Pizarro pfeift auf arabische Petrodollars und erfreut als Münchner Strizi. Kevin Großkreutz ist der beste Linksaußen, der je zum Rechtsverteidiger umfunktioniert wurde. Und der Bundestrainer hat einfach einen pumperlgesunden Mainzer vergessen.

Kevin Großkreutz: Dieser Mann sprintet nicht, er rollt. Er rollt von hinten heran wie ein gelb-schwarzer Zug, nicht abzubringen, nicht zu stoppen. Der Zug ist ein deutsches Wertprodukt, in der letzten Minute rollt er noch genauso wie in der ersten - mit derselben Geschwindigkeit, mit derselben Wucht. Erst nach dem Bremsen, dampft und keucht er. Dann offenbart das Gesicht von Kevin Großkreutz die Anstrengung. Und noch viel mehr den inneren Zwang, immer wieder zu sprinten, immer wieder zu rollen. Um ans Ziel zu kommen. Irgendwie. "Wir sin ne geile Truppe!" Wat mut, dat mut. Vor allem gegen Schalke. Kevin Großkreutz ist der beste Linksaußen, der je zum Rechtsverteidiger umfunktioniert wurde.

(hum)

2 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Patrick Herrmann

175881125

Quelle: AFP

Patrick Herrmann: Ausgewechselt zu werden ist nicht lustig. Man darf vom Platz schleichen, von Torwart bis Tribüne beobachten einen alle und dann gibt es meistens noch ein paar Mitleidsworte vom Trainer. Kommt in den besten Familien vor - aber dass es gleich so oft sein musste? Patrick Herrmann absolvierte in der abgelaufenen Spielzeit alle 34 Bundesligaspiele - und wurde 29 Mal ausgetauscht. Das ist ein neuer Rekord. Wer als Freizeitkicker in Zukunft vorzeitig vom Feld muss, der braucht nur an Glabdachs Mittelfeldspieler denken. Patrick Herrmann hat die Schmach der Auswechslung ein Stück menschlicher gemacht. Dafür gebührt im Dank von allen Amateurplätzen der Republik.

(dimo)

3 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Hakan Calhanoglu

Hamburger SV v VfL Wolfsburg - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Hakan Calhanoglu: Ach, Hakan. Du kannst jetzt nicht gehen. Kaum jemand beim HSV kann sich daran erinnern, je ein größeres Talent gesehen zu haben. Du schießt Freistöße wie Icke Häßler, hast eine Biografie wie Mesut Özil (auch wenn du für die Türkei spielen willst). Du bist höflich, nett, sie nennen dich "Prinz Hakan". Ohne deine elf wunderschönen Tore, wie viel weiter unten stünde der HSV da? Du kannst jetzt nicht gehen! Beim HSV würden sie die ganze übrige Mannschaft wegschicken, könnten sie dich behalten. Doch dein Berater spricht von Leverkusen, halb Europa soll dich jagen. Auch die Bayern loben dich. Willst du das wirklich? Ruhm, Geld, Champions League? Bleib' doch, bitte. Der HSV hat doch nur noch dich.

(ebc)

4 / 11

Bayern Muenchen v VfB Stuttgart - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Claudio Pizarro: Jetzt mal ganz unverblümt: Claudio Pizarro trägt seit einigen Monaten ein kleines Bäuchlein, es spannt ein wenig, wenn er das Trikot überzieht. Aber das macht nichts, denn der bayerischste Peruaner des Planeten ist ein sehr souveräner Plautzenträger. Mittlerweile ist er 35 Jahre alt - normalerweise ruhen sich Fußballer da auf arabischen Petrodollars oder am Pool aus. Oder gleich auf den Dollars am Pool! Pizarro ist eine coole Socke, er kickt lieber noch ein bisschen mit, schießt im Vorbeigehen zehn Tore für die Bayern, hat immer prächtige Laune und geht mit dem Ball am Fuß so exquisit zu Werke wie kein anderer Bundesliga-Stürmer. 176 Treffer hat er nun in seiner Deutschland-Karriere zustande gebracht, damit ist er der erfolgreichste Ausländer der Historie. Aber was heißt schon Ausländer? Pizarro ist ein Bazi, ein Schlitzohr, ein Münchner Strizi - und ein Riesenfußballer.

(jbe)

5 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Arjen Robben

FC Bayern München feiert deutsche Meisterschaft

Quelle: dpa

Arjen Robben: Das mit der Theatralik kriegt er vielleicht auch noch hin. Man wird ja älter, souveräner. Also, lieber Arjen: Bitte nicht mehr beim kleinsten Schubser mit wehenden Armen und aufgerissenem Mund ins Gras tauchen. Das schickt sich nicht für einen, der der Beste sein kann. Manchmal der Allerbeste. Tempo, Körperbeherrschung, Ballkontrolle - Arjen Roben hatte schon immer die wunderbarsten Anlagen. Trotzdem pfiffen ihn die eigenen Fans aus, wollten ihn raus haben aus dem Verein, der Stadt. Damals, 2012. Weil er zwei Elfmeter verschossen hatte. Weil er eigensinnig war, selbstverliebt, stolz. Was für ein Glück, dass sie es nicht schafften. Er zähmte seinen Eigensinn, seinen Stolz (man wird ja souveräner!) - in dieser Saison war er unter den Rekord-Top-Top-Super-Bayern fast immer der allerbeste Rekord-Top-Top-Super-Bayer. Der allerbeste Dribbler, der allerbeste Sprinter. Auch der allerbeste Vorlagengeber. Der allerallerbeste Arjen Robben eben.

(hum)

6 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Johannes Geis

1. FSV Mainz 05 v 1. FC Nuernberg - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Johannes Geis: Dieser Typ ist einfach eine Schau. Mit gerade einmal 20 Jahren pflügt Johannes Geis durchs Mainzer Mittelfeld, als wäre es sein ganz persönlicher Trimm-Dich-Pfad. In allen 34 Saisonspielen stand er auf dem Feld, fast immer erlebte er die kompletten 90 Minuten von vorne bis hinten und meistens war er einer der fleißigsten. Geis ist ein Renner, ein Energizer - und Fußball spielen kann er auch. Der gebürtige Schweinfurter bringt genau die Qualitäten mit, die ein moderner Zentrumskämpfer braucht: Er liebt den Zweikampf, er antizipiert Gefahrensituationen und er leuchtet geschickt das Spiel nach vorne aus (immerhin sieben Torvorlagen). Solche wie ihn müsste Bundestrainer Löw eigentlich haufenweise mit in die brasilianische Affenhitze nehmen. Es wurde ja viel diskutiert über die maladen Schweinsteigers, Benders oder Khediras, und irgendwie stellt sich die Frage, warum alle den pumperlgesunden Johannes Geis vergessen haben? Eine Antwort steht noch aus, aber die Zukunft gehört ihm definitiv.

(jbe)

7 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Josip Drmic

1. FC Nuernberg v VfB Stuttgart - Bundesliga

Quelle: Micha Will/Getty

Josip Drmic: Wenn in dieser Saison der Club zu Besuch kam, freute sich jede Mannschaft. Der Trainer, weil er keine große Taktik für die Defensive entwickeln musste. Der Torwart, weil er wenig zu tun bekam - und wenn doch mal ein Ball in seine Richtung flog, Pfosten und Latte retteten. Die Stürmer, weil sie viel Platz bekamen. Und die Fans, weil sie einen Sieg feiern konnten. Friede, Freude, Eierkuchen also. Wäre da nur nicht dieser Josip Drmic, der diese schöne Szenerie mit seinem unbedingten Torwillen zerstörte. In der harmlosen Nürnberger Mannschaft sorgte er als Einziger für echte Torgefahr. Ohne Drmic wäre der Club schon frühzeitig der "Depp" gewesen. Ein aufrichtiges "dangge" an den Schweizer also, der den Abstiegskampf ein wenig spannender gemacht hat und dem FCN zumindest etwas Hoffnung geben konnte - auch wenn es am Schluss nichts gebracht hat.

(dimo)

8 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:René Adler

Soto of FSV Mainz 05 scores a goal against goalkeeper Rene Adler during their German first division Bundesliga soccer match in Mainz

Quelle: REUTERS

René Adler: Viele Fans halten René Adler für einen sehr fähigen Torsteher. Übrigens auch René Adler selbst, und aus diesem Grund wollte Adler in diesem Sommer noch einmal mit zur Fußball-WM. Doch irgendwas ging schief, Adler hielt nicht mehr so gut wie früher. Ließ Bälle ins Tor flutschen, oder faustete sich die Pille gleich selbst ins Netz. Das kann mal passieren, nach einer Woche ist dann alles wieder gut. Doch bei Adler dauerte es länger als eine Woche, eher zehn. Ach, eigentlich die gesamte Saison. Nun fährt er also nicht mit zur WM. Und wenn er nun auch noch mit dem HSV absteigen sollte, wird Adler sich endgültig fragen, was das für ein besch******* Fußballjahr war.

(ebc)

9 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Jonathan Schmid

SC Freiburg - FC Schalke 04

Quelle: dpa

Jonathan Schmid: Der kleine SC Freiburg hat es also wieder geschafft und ist in der Liga geblieben. Und warum? Weil in der Mannschaft von Trainer Christian Streich Typen wie Jonathan Schmid sehr viel aus wenig machen. Wer dem Elsässer zuschaut, erlebt eine pfeifende Dampflock, einen Dauerrenner mit eingebautem Turbo - einen Spieler, der im Mittelfeld kaum auszurechnen ist, weil er sich so unorthodox bewegt. Schmid ist genau die Art Fußballer, wie sie nur nach Freiburg passen: Kein Glamour, dafür aber ehrliche Rennerei, kein Schnick-Schnack, keine Extravaganzen, sondern purer Wille. Wobei, eine kleine Besonderheit gönnen sie ihm dann doch: "Ribéry aus Freiburg", so lautet im Breisgau sein Spitzname. Und natürlich soll bereits Tottenham angefragt haben - sie kennen das ja in Freiburg. Aber das Gute ist: Der nächste Jonathan Schmid kommt bestimmt.

(jbe)

10 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Kai Herdling

1899 Hoffenheim - Eintracht Frankfurt

Quelle: dpa

Kai Herdling: Kai Herdling war Anfang des Jahrtausends ein begehrter Kicker - in der Oberliga Baden-Württemberg. Namhafte Klubs haben sich um den Stürmer bemüht, der SSV Reutlingen zum Beispiel oder die Stuttgarter Kickers. Doch Herdling ist der TSG Hoffenheim treu geblieben und erzielte in 112 Oberliga-Spielen 77 Treffer. Er hat von seinem Sport als Kapitän der zweiten Mannschaft anständig leben können, aber nie große Ambitionen auf eine Bundesligakarriere gehegt, bis er im Frühjahr 2012 als Torschützenkönig der Regionalliga Süd in die amerikanische Profiliga MLS wechselte und sich in vier Spielen das Trikot der Philadelphia Union überstreifte. Es ist schade, dass erst Hoffenheims neuer Cheftrainer Markus Gisdol, selbst erfahrener Oberliga-Kicker, Herdlings Qualitäten für die Bundesliga entdeckte. So ein Tor wie gegen Bremen gelingt auch Franck Ribéry nur einmal in zehn Jahren. Von der linken Seite dribbelte er in die Mitte, umkurvte ein, zwei, drei Gegenspieler, als steckten sie im Boden fest wie Vogelscheuchen. Mit 29 Jahren lebt Kai Herdling seinen Traum vom Bundesligaprofi. Endlich. Es ist so verdient.

(schma)

11 / 11

Lieblinge der Bundesliga-Saison:Shinji Okazaki

175878150

Quelle: AFP

Shinji Okazaki: Thomas Tuchel versteht etwas vom Fußball. Wie ist es anders zu erklären, dass sein Kollege Bruno Labbadia nicht so recht wusste, was er mit diesem Shinji Okazaki anfangen sollte. Diesem begnadeten Kicker, der keine Schwächen hat und mit links genauso gut schießen und tricksen kann wie mit rechts. Linksaußen stellten der damalige Trainer des VfB Stuttgart den schnellen und wendigen Japaner meistens auf, doch weder auf der linken Außenbahn noch auf rechts, wo er auch mal ran durfte, fand er einen richtigen Zugang zum Spiel. In zweieinhalb Jahren schaffte er so nur zehn Tore. Tuchel muss zufällig ein Video der japanischen Nationalmannschaft in die Hand gefallen sein, denn spielen sehen hat er ihn beim VfB nur selten. Was für eine Schande! In Mainz beendete Okazaki seine erste Runde nun mit 15 Treffern. Er spielte als Stürmer, als Neuner, so wie im Nationalteam eben, für das er 38 Tore in 73 Länderspielen erzielte. Warum darauf nicht viel früher schon Bruno Labbadia gekommen ist, wird sich bestimmt auch Okazaki fragen, dieses lange verkannte Genie aus Fernost.

(schma)

© Süddeutsche.de/jbe/lala
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: