LiAngelo Ball und LaMelo Ball:Kurz vor der Weltherrschaft

LiAngelo Ball und LaMelo Ball: Ob LiAngelo Ball (li.) und sein Bruder LaMelo bei ihrer Präsentation bei BC Prienai wussten, worauf sie sich da einlassen?

Ob LiAngelo Ball (li.) und sein Bruder LaMelo bei ihrer Präsentation bei BC Prienai wussten, worauf sie sich da einlassen?

(Foto: AP)
  • Der ehemalige Footballspieler und Basketball-Übervater LaVar Ball will mit den Karrieren seiner Söhne reich werden.
  • Seine Sprösslinge LiAngelo und LaMelo spielen jetzt in Litauen, um die Geschäfte des Vaters auch in Europa voranzubringen.
  • Doch mit echtem Sport haben ihre Auftritte nicht mehr viel zu tun.

Von Jonas Beckenkamp

LaVar Ball hat dieser Tage wieder viel zu tun, und natürlich tut er nichts, ohne auch darüber zu reden. Ball hat sich über den Beruf des Basketballtrainers geäußert, er findet nämlich, dass das alles gar nicht so schwer ist: "Coachen kann doch jeder," sagte er kürzlich bei einem Gastspiel in Litauen, wo er derzeit für Aufregung sorgt, "schauen Sie sich nur Steve Kerr an. Er ist der Milli Vanilli der Trainerbranche."

Kerr leistet durchaus erfolgreiche Arbeit als Coach, er hat den NBA-Klub Golden State Warriors zu zwei Meisterschaften geführt. Milli Vanilli dagegen gelten als riesiger Schwindel. Zwei gecastete Rasta-Typen, deren Plastikpop Ende der 80er und Anfang der 90er weltweit aus den Radios dudelte, obwohl sie nachweislich gar nicht singen konnten. LaVar Balls große Klappe hat ihm einige Aufmerksamkeit beschert, er pendelt zwischen Wahnsinn und Geschäftssinn - und immer wieder schwingt bei ihm die Frage mit: Ist das noch Sport oder kann das weg? Er ist der Mann, dessen drei Söhne Lonzo, 20, LiAngelo, 19, und LaMelo, 16, ihm vor allem als Vermarktungskanäle ins Sportbusiness dienen.

Damit bei der Zeugung seiner Wunderkinder biologisch nichts schiefgeht, hatte er sich zur Unizeit extra die 1,84 Meter große Basketballspielerin Tina Slatinsky ausgesucht, um vom Gen-Pool einer "großen und hübschen Stute" (Ball über seine Frau) zu profitieren. Sein Menschenbild ist dabei mindestens ebenso fragwürdig wie seine Sprüche, einige seiner abstrusen Aussagen scheint er aber durchaus ernst zu meinen.

Er will mit Hilfe seiner eigenhändig hochgedrillten Basketball-Kids stinkreich werden, so lautet Balls Auslegung des Amerikanischen Traums. Und bisher geht das sogar auf, schließlich hat es Lonzo schon als NBA-Profi zu den LA Lakers geschafft. Die beiden jüngeren Sprösslinge hat der Vater in diesem Winter unter PR-Getöse nach Litauen gebracht.

Dort haben die Balls im Grunde einen ganzen Verein gekapert. In der Kleinstadt Prienai wütet jetzt die Ball-Mania, denn: LiAngelo und LaMelo Ball spielen aktuell für BC Prienai Vytautas - und zwar als reine Werbe-Träger. Längst betreibt LaVar Ball ein eigenes Unternehmen mit den Namen Big Baller Brand, das Schuhe, Klamotten und andere Basketball-Accessoires für den üppig gefüllten Geldbeutel vertreibt. Europa als neuer Markt für 495-Dollar-Sneaker. Der Hype muss um die Welt gehen - Ball ist eben auch ein radikaler Businesstyp.

Das Problem ist, dass die Maschinerie der Balls inzwischen als Kasperltheater aufzufliegen droht. Im basketballverrückten Litauen ist Szenekennern längst aufgefallen, dass LaVar und seine Burschen nur sich selbst vermarkten wollen. Dass ihre Art, Basketball zu spielen mit echtem Wettbewerb wenig zu tun hat. Dass Show und Gehabe noch längst keine Siege garantieren. In den Partien ihres Vereins in Litauen taten sich LiAngelo und LaMelo - anders als ihr Bruder Lonzo - auf Profiniveau schwer. Schon der erste Auftritt offenbarte ihre Anpassungsschwierigkeiten an den europäischen Männerbasketball.

Sie dribbelten wild herum wie auf dem Freiplatz, versuchten sich aus großer Distanz, ohne dabei zu treffen, standen hinten unbeteiligt herum - und verloren mit ihrem Team. Aufs Verteidigen verzichteten sie auch in den folgenden Partien komplett, weshalb ihr Trainer Virginijus Šeškus nach einer Niederlagenserie litauischen Medien seine schwindende Begeisterung mitteilte: "Im Training sind sie sehr auffällig, vor allem der Jüngere. Aber er ist kaum zu kontrollieren. Ich sage ihm: Wirf' nicht immer von der Mittellinie. Und bei der nächsten Aktion macht er es wieder."

Es regnet Punkte in Zirkusspielen

Beide Ball-Brüder sind ernsthaften Basketball nach ihren Erfahrungen am College und an der Highschool in den USA nicht gewohnt, ihre "Aleinikow"-Attitüde passt nicht ins puristische, teamorientierte Spiel in Litauen. Die Versprechen der Verantwortlichen, dass die Brüder reichlich Einsatzzeit auf Toplevel bekommen sollen, sind längst dahin. Doch auch für diesen Zwiespalt hat ihr Vater ein Patent parat: Damit sich seine Söhne austoben und ihren Harlem-Globetrotter-Basketball zelebrieren können, erfand er kurzerhand eine eigene Liga für sie. In der "Big Baller Brand Challenge" absolvierte ihr Klub im Januar eine Serie von Zirkusspielen gegen Nachwuchsteams und unterklassige Mannschaften aus Litauen.

Als Hauptsponsor des Wettbewerbs fungiert LaVar Balls Firma, und auch terminlich bog er die Dinge so zurecht, dass der Klub seiner Söhne wirkt wie ein Spielball: LaVar Ball brachte mit seinem Gönnertum und der Macht seiner Publicity-Aktivitäten den Verein aus dem 10 000-Einwochner-Kaff Prienai dazu, für seine eigene Spaßliga auf eine andere offizielle Spielrunde zu verzichten. Aus der "Baltic Basketball League", einem Neben-Wettbewerb, in dem der Ball-Klub auf Profiteams aus vornehmlich Estland, Lettland und Litauen traf, zog man sich mitten in der Saison zurück. Anstelle des realen Wettkampfes rückte ein Werbe-Event.

Befreit von den Ellbögen gestandener Gegenspieler und den Zwängen der Seriösität, durften LiAngelo und LaMelo Ball in ihrer eigenen Liga gegen Jungs in ihrem Alter antreten. Das Resultat: Spektakel ohne jede Gegenwehr, bei dem es Ball-Punkte regnete. Einmal erzielten die Amerikaner gemeinsam 80 Zähler, ein anderes Mal 71 - die sozialen Medien saugten die Videos der vermeintlichen Heldentaten genüsslich auf und reproduzierten das Märchen der aufkommenden Ball-Dynastie unter Titeln wie: "LaMelo Ball 43 Points In LaVar COACHING Debut! Gelo 37 Points! Melo's BEST Dunk Yet!"

43 Punkte mit Dunking-Show von LaMelo Ball beim Trainer-Debüt von LaVar Ball. Das hatte bei all der Totengräberei des Basketballs ja noch gefehlt: Ball als Coach seiner Jungs, in einer Partie seiner eigenen Liga, unter dem Logo seiner eigenen Firma, mit seinen eigenen Vorgaben darüber, wie bitteschön gespielt werden soll: nämlich einfach drauflos. Keine unnötigen Abwehrzwänge, keine Systeme, kein taktischer Firlefanz, nur "rennen, Spaß haben und den anderen den Hintern versohlen", so Ball. Zum Trainer-Einstand gab es einen 151:120-Erfolg, das Ball-Imperium steht also kurz vor der Weltherrschaft.

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