Lewandowski-Transfer zum FC Bayern:Schwachstellen im System

Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge würden Robert Lewandowski gerne das rote Bayern-Trikot überziehen

Stand lange auf dem Wunschzettel der Bayern: Robert Lewandowski (Mitte)

(Foto: Getty Images)

Der FC Bayern haut mit großer Wucht auf den Tisch. Nach Mario Götze holen die Münchner auch Robert Lewandowski vom BVB. In Erinnerung bleiben auch ein teils unwürdiges Gezerre, zweifelhaftes Berater-Gebaren und ein viel zu früh beeinflusster Wettbewerb.

Ein Kommentar von Thomas Hummel

Als die Aufregung einmal draußen war in der Fußballwelt, ließ sie sich kaum mehr einfangen. Zwei Tage nach dem unglaublichen 5:2 von Borussia Dortmund im Pokalfinale gegen den FC Bayern München meldeten zwei Nachrichtenagenturen: "Lewandowski zum FC Bayern". Die Roten jubelten, die Schwarz-Gelben versanken im Zorn.

Die Meldung war keine Ente. Gina Loren Lewandowski, amerikanische Fußball-Nationalspielerin, wechselte an diesem Tag vom 1. FFC Frankfurt nach München. Als die Leser das unter der Überschrift erfuhren, verfluchten die Roten die mistigen Nachrichtenmenschen, die Schwarz-Gelben benötigten auf den Schreck einen Schnaps. Robert Lewandowski, der Dreifach-Torschütze des BVB, spielte weiterhin in Dortmund. Doch bezüglich Robert hatte die Meldung im Grunde bereits damals, am 15. Mai 2012, ihre Berechtigung.

Zwar wurde der Wechsel von Robert Lewandowski von Dortmund zum FC Bayern erst am Samstag, den 4. Januar 2014, offiziell, er unterschrieb einen Vertrag bis 2019. Im Juli wird der polnische Stürmer ablösefrei in den Süden umziehen, sein BVB-Gehalt von knapp fünf Millionen Euro soll sich um einige Millionen erhöhen. Doch das Vorhaben der Bayern, etwas gegen die vermaledeiten Dortmunder tun zu müssen, bildete sich in München an jenem Abend des 2:5 in Berlin.

So weit, so normal. Doch in Erinnerung bleibt bei diesem Transfer nicht nur die lustige Geschichte um Gina Loren. Leider.

Es dürfte der längste Transfer der Bundesliga-Geschichte sein. Nach dem 2:5 im Pokalfinale kam der FC Bayern auf die schlaue Idee, dem Konkurrenten an empfindlichen Stellen sehr gute Spieler wegzukaufen. Eine alte, aber seit Jahrzehnten wirksame Methode.

Also nahm der Klub wohl schon Ende 2012 Kontakt zu Lewandowski und dessen Berater auf und einigte sich auf einen Wechsel. Am besten schon im Sommer 2013. Kurz darauf vereinbarten die Münchner mit Mario Götze und dessen Berater einen Wechsel im Sommer 2013. Der FC Bayern schlug mit größtmöglicher Wucht auf den Tisch.

Die Transfers von Götze und vor allem von Lewandowski offenbaren dennoch erhebliche Schwachstellen im System. Denn Dortmund und Bayern waren ja nicht irgendwelche Klubs im vergangenen Frühjahr. Sie waren Gegner im wichtigsten Spiel der Saison, dem Finale der Champions League. Während sich die einen in Ruhe vorbereiteten, kreisten um die anderen Geschichten vom Zerfall ihrer Mannschaft.

Wechselwünsche in hässlicher Regelmäßigkeit

Trotz des aufkommenden Showdowns lancierten die Lewandowski-Berater Maik Barthel und Cezary Kucharski in hässlicher Regelmäßigkeit den Wechselwunsch ihres Klienten. Es war offensichtlich, dass sie öffentlichen Druck auf den BVB ausüben wollten, weil die beiden vergessen hatten, eine Ausstiegsklausel in den bis 2014 gültigen Vertrag schreiben zu lassen. Sie waren vom BVB abhängig.

Anders Götze: Wie aus dem Nichts kam im April die Meldung, der Nationalspieler wechsle im Sommer die Seiten. Bayern zahlte 37 Millionen Euro, wegen einer Ausstiegsklausel konnte die Borussia nichts tun. Öffentlich wurde die Nachricht einen Tag vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid (kurz nach Bekanntwerden der Steueraffäre von Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der Klub bestreitet einen Zusammenhang und dass die Götze-Meldung aus seinen Reihen an die Presse kam).

Dennoch besiegte der BVB die Spanier 4:1, viermal traf Lewandowski. Am Tag darauf machte dessen Berater Barthel öffentlich, dass sich der Spieler mit einem anderen Verein einig sei und alle Forderungen des BVB erfüllt würden. Jeder wusste, dass es sich um den FC Bayern handelte.

Spielball von Interessen

Während die Münchner beharrlich schwiegen, beeinflussten diese beiden Transfers schon in der Endphase der vergangenen Saison den Wettbewerb so erheblich, wie das selten im Fußball vorkommt. Vor allem Lewandowski wurde zum Spielball von Interessen.

Für die Zukunft verzerrt der Lewandowski-Wechsel nichts. Sondern zementiert Bayern Münchens Anspruch auf Platz eins, was nach den Kategorien Struktur, Fachwissen und Finanzen nur logisch ist.

Für Dortmund geht die Phase der Neufindung weiter. Noch steht auch die Vertragsverlängerung von Ilkay Gündogan aus. Trainer Jürgen Klopp besitzt im Rennen um Platz zwei dennoch sehr gute Aussichten. Die Entscheidung seines Klubs im Sommer, weitere Millionen auszuschlagen und einen guten Stürmer lieber zu behalten, verschafft ihm viel Zeit. Wie viel Geld er demnächst ausgeben kann, hängt indes nicht unerheblich davon ab, wie viele Tore Robert Lewandowski in den kommenden fünf Monaten schießt. Vielleicht sogar gegen den FC Bayern.

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