Lewandowski beim FC Bayern:Madrid im Kopf?

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Ausnahmsweise torlos: Robert Lewandowski trifft eigentlich fast immer, gegen Hertha klappte es allerdings nicht. (Foto: Matthias Balk/dpa)
  • Robert Lewandowski schießt im ersten Spiel nach Bekanntwerden seines Berater-Wechsels elfmal aufs Tor.
  • Erstmals in einem Heimspiel in dieser Saison gelingt ihm kein Treffer.
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Von Matthias Schmid, München

Die Fußballer des FC Bayern lassen sich bisweilen kreative Lösungen einfallen, um nach Spielende nichts zu den wartenden Journalisten sagen zu müssen. Sehr beliebt ist dabei das Handy am Ohr, die Profis eilen mit hoher Schrittfrequenz vorbei und tun so, als würden sie angestrengt telefonieren, obwohl niemand am anderen Ende der Leitung mit ihnen spricht. Thomas Müller hat diese Szene am Flughafen vor einem Auswärtsspiel der Münchner einmal persifliert, indem er sich seinen Reisepass ans Ohr hielt.

Robert Lewandowski wählte am Samstagabend nach dem 0:0 des FC Bayern gegen Hertha BSC weder Reisepass noch Handy, sondern eine dritte Variante: Der Pole lief just in diesem Moment aus der Kabine, als die Journalisten mit Mats Hummels sprachen. Lewandowski, 29, wollte nichts gefragt werden und nichts antworten nach dem Spiel, das er prägte. Weil er ausnahmsweise mal kein Tor erzielte.

Ungewohnte Schwächen im Torabschluss

Zum ersten Mal in einem Heimspiel in dieser Spielzeit durfte er sich nicht als Torschütze feiern lassen, er verpasste es damit auch, den Rekord seines Trainers Jupp Heynckes zu überbieten, der einst ebenfalls elf Treffer aneinanderreihen konnte.

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Aus dem Stadion von Matthias Schmid

Lewandowski zeigte gegen Hertha, seinem 250. Spiel in der Bundesliga, sogar ungewohnte Schwächen im Torabschluss. Arjen Robben hatte recht, als er feststellte, "dass wir genügend Chancen hatten, um ein Tor zu machen." Nur der Ball wollte diesmal nicht rein. "Solche Tage gibt es", nahm Robben Franck Ribéry und Lewandowski in Schutz, die Chancen von bester Qualität vergeben hatten. Lewandowski dürfte sich dabei selbst am meisten über sich geärgert haben, dass er so weiter auf seinen 21. Treffer in dieser Bundesliga-Saison warten muss.

Vor allem nach einer für ihn ereignisreichen Woche. Zunächst hatte er mit zwei Toren großen Anteil an dem 5:0-Erfolg des FC Bayern im Achtelfinale der Champions League gegen Besiktas Istanbul. Anschließend wurde bekannt, dass er im reifen Fußballalter von 29 Jahren und trotz gültiger Arbeitspapiere bis 2021 nun einem neuen Berater vertraut. Pini Zahavi heißt der Israeli und gilt in der Szene als sehr einflussreich und gewieft.

Schnell wurde wieder kolportiert, dass Lewandowski seinen Wechsel zu Real Madrid vorbereiten würde, mit dem Champions-League-Sieger war er in der Vergangenheit schon häufiger in Verbindung gebracht worden.

"Zum jetzigen Zeitpunkt mache ich mir darüber keine Gedanken", hatte Lewandowski vor dem Istanbul-Spiel im Kicker erzählt. "Wenn ich jetzt als Bayern-Spieler über diese Real-Spekulationen nachdenken würde, wäre es nicht gut für mich, weil ich dann nicht mehr auf meinen Job hier fokussiert wäre."

Auch Lewandowski ist nur ein Mensch. Sind ihm die Gedanken an Real gegen Hertha vielleicht doch im Kopf herumgeschwirrt und haben ihn abgelenkt? In der ersten Hälfte war er jedenfalls allein auf Berlins Torhüter Rune Jarstein zugelaufen, einige Bayern-Fans hinter dem Tor hatten bereits siegessicher die Arme hochgerissen, sie wussten ja, dass Lewandowski solche Aktionen schon häufig in Tore überführt hat. Aber diesmal konnte im letzten Moment der herbeieilende Jordan Torunarigha Lewandowski noch daran hindern, dass er voll abzog. Es wurde nur ein Schüsschen, welches Torunarigha dann selber vor der Linie klärte.

Vor der Pause köpfte der Pole noch eine feine Außenristflanke von Mats Hummels übers Tor, zuvor hatte Jarstein bereits ein Kopfballtor Lewandowskis in der Anfangsphase verhindert. "Wir hatten drei, vier Möglichkeiten, die das Spiel hätten entscheiden können", sagte Hummels danach.

Heynckes bleibt vom Verbleib Lewandowskis aus

Doch Lewandowski fehlten an diesem Tag Wucht, Genauigkeit und Raffinesse, elf Mal schoss er vergeblich aufs Tor. Auch in der zweiten Hälfte bekam er bei einem Drehschuss keinen Druck auf den Ball, sodass Jarstein ihn einfach fangen konnte. Bayern-Trainer Jupp Heynckes konnte sich als ehemaliger Stürmer sehr gut in den langsam mit sich hadernden Lewandowski reinversetzen. "Er war sehr engagiert und laufstark", lobte der 72-Jährigen, um mitfühlend anzufügen: "Schade, dass er nicht getroffen hat."

Dass Lewandowski am Saisonende München verlassen wird, glaubt Heynckes indes nicht. "So wie ich die Verantwortlichen kenne und sie gehört habe, ist der FC Bayern kein Verkäufer seiner Spieler", hatte der Fußballlehrer am Freitag die Spekulationen kommentiert. "Die Top-Spieler, die er hat, will und wird er auch halten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da eine Chance gibt." Was Lewandowski selbst darüber und über seinen neuen Berater denkt, behielt er am Samstag für sich. Schweigend verließ er die Arena und verschwand in der Nacht.

© SZ vom 25.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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