Die beste deutsche Slalomskifahrerin holt 100 Punkte in Levi. Das ist eine positive Erkenntnis eines sportlichen Wochenendes in Finnland. 100 Punkte für Lena Dürr aus Germering bei München. 100 Punkte, die Maximalausbeute eines Rennens. Hier setzt nun der andere Teil dieser dreistelligen und insgesamt vierteiligen Geschichte an: In Levi wurden nämlich zwei Weltcups gefahren - und Lena Dürr holte sowohl am Samstag als auch am Sonntag jeweils 50 Punkte. Oder anders gesagt: Sie wurde zweimal Vierte.
Der deutlich verspätete Auftakt der Ski-Alpin-Frauen hätte zu einem aus deutscher Sicht historischen Wochenende werden können. Fast auf den Tag genau zehn Jahre war es her, dass zuletzt eine deutsche Athletin einen Weltcup im Spezialslalom gewinnen konnte. Maria Höfl-Riesch war dies zuletzt im November 2012 gelungen. Damals auf einem Skihang in einem gewissen Levi. Lena Dürr, die Olympia-Vierte in dieser Disziplin, hatte an diesem Wochenende zweimal die Siegchance. Am Samstag führte sie das Rennen an - am Sonntag hatte sie nach Durchgang eins sieben Hundertstel Sekunden Rückstand auf Michaela Shiffrin. Doch in Durchgang zwei, da kurvten die Ski unter Dürrs Beinen nicht mehr ganz so beschwingt um die Stangen.
Hintergrund ist die besondere Eigenart des zweiten Laufs. Nämlich, dass sich die Dinge umkehren - beziehungsweise die Startreihenfolge. Die schnellsten des ersten Laufs starten im zweiten ganz am Ende - und so kam es, dass sich Dürr in Levi als Letzte und Vorletzte aus dem Starthäuschen in Durchgang zwei stürzte. Inzwischen bei Flutlicht - und einer zerfurchten Piste. In ihren beiden sauberen und schnellen ersten Läufen hatte sie dank früher Startnummer deutlich angenehmere Pistenverhältnisse. Ein nicht unwesentliches Detail, wenn es um Hundertstelsekunden geht.
Lieber Platz vier, als gar nichts. So wiederholten sich die Dinge
Bereits nach ihrem ersten vierten Platz hatte Dürr das Wochenende präzise analysiert. Die zerfahrene Piste am Ende von Durchgang zwei habe sie beschäftigt. "Man weiß halt, man kann sein Ding nicht so durchdrücken", erklärte Dürr am Samstag. "Ich ziehe dann den Tick zu früh zurück." Sprich: Weniger Risiko, um ein Ausscheiden zu vermeiden. Lieber Platz vier, als gar nichts - eine nicht ganz unplausible Strategie beim Slalom mit all seinen Tücken und Fallen. Und so wiederholten sich die Dinge.
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Mit Verspätung starten die Alpin-Frauen mit zwei Slalom-Rennen in die Weltcupsaison. Im finnischen Levi hofft die beste deutsche Skifahrerin Lena Dürr auf die Form der Vorsaison - und die Verarbeitung eines Traumas.
Hervorragender erster Durchgang, zaghafterer zweiter Lauf, Podestplatz knapp verpasst. Das Wochenende von Levi lässt unweigerlich ein Schema erkennen, das Lena Dürr im Februar schon einmal demonstriert hatte. Laufbestzeit in Durchgang eins reichte beim Olympiaslalom am Ende nur für Rang vier. In Peking gab es nachvollziehbarerweise Tränen. Aus Levi nimmt Dürr indes hundert durchaus brauchbare Punkte mit - und warme Worte vom deutschen Alpindirektor Wolfgang Maier. Nach Rang eins und zwei in Lauf eins "da sind natürlich die Erwartungen hoch, dass man im zweiten Durchgang auf dem Podium bleibt", erklärte Maier am Sonntag. Dürr habe aber "untermauert, dass sie zu den besten fünf Slalomfahrerinnen gehört."
Sogar zu den besten vier. Im Slalomweltcup (derzeit gleichbedeutend mit dem Gesamtweltcup) liegt Dürr aus mathematischen Gründen ebenfalls auf Rang vier. Ganz oben steht hier Mikaela Shiffrin, die beide Rennen von Levi gewann. Als hätte es den Sommer 2022 nie gegeben, carvte die Gesamtweltcupsiegerin des Vorjahrs durch die vier Stangenparcours von Levi. Nur eine war einmal schneller als sie. Lena Dürr in Lauf eins.
Zur Geschichte dieses Wochenendes gehört auch, dass Andrea Filser aus Wildsteig mit Platz 13 am Sonntag die halbe WM-Norm schaffte - und wie Jessica Hilzinger (Oberstdorf, Platz 16 am Samstag) ihre beste Platzierung in einem Weltcup-Rennen einfuhr. Es sei "auf jeden Fall gut zu wissen dass wir dabei sind", resümierte Dürr am Sonntag. "Ein gutes Wochenende zum starten mit Luft nach oben".