Leverkusens Gegner FC Valencia:Mit der Kraft Mestallas

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Für den FC Valencia ist die Partie gegen Bayer Leverkusen das prägende Spiel der Champions-League-Saison. Der Verein hat eine Generalmobilmachung ausgerufen, stützt all seine Hoffnung auf den unbeständigen und divenhaften Mittelfeldmann Ever Banega - und hofft auf die zuletzt arg enttäuschten Fans.

Javier Cáceres

Ein Heilsversprechen war Valencias 3:1-Sieg gegen den FC Getafe eher nicht. Und doch wagte sich die örtliche Fachzeitung Superdeporte mit einem gellenden Titel an die Kioske der Stadt. "Her mit Bayer", schrieb sie in großen Lettern auf Seite eins, als fühle sich das Sportblatt der Generalmobilmachung verpflichtet, die der Klub für das Champions-League-Spiel gegen Leverkusen am Dienstagabend ausgerufen hat.

Schaffte es kürzlich, dreieinhalb gute Partien aneinanderzureihen: Valencias Mittelfeldmann Ever Banega. (Foto: AFP)

Dauerkartenbesitzer etwa, die auch ein Abonnement für die Gruppenspiele der Königsklasse lösten, dürfen ein zusätzliches Gratisticket abholen. Ein Hexenkessel muss her, denn der FC Valencia ist sich nur allzu gewahr, dass die Partie gegen Leverkusen ein Finale ist, in dem es um Prestige, Champions-League-Millionen, aber auch um den arg strapazierten Hausfrieden im Klub geht. In drei Worten: um fast alles.

Sie ärgern sich noch immer darüber in Valencia, dass diese ultimative Situation überhaupt entstanden ist. Vor zwei Wochen war Valencia in Leverkusen 30 Minuten grandios aufgetreten, hatte die Leverkusener in demütigender Weise vor sich her gespielt - danach aber hatte jäh ein unerklärlicher Zusammenbruch eingesetzt, der Leverkusen zum 2:1-Sieg verhalf. Konsequenz: Valencia hat nur dann Chancen auf die nächste Runde, wenn Leverkusen besiegt wird, möglichst mit mehr als einem Treffer Unterschied.

Doch das 3:1 gegen Getafe war erst der erste Sieg mit mehr als einem Tor Unterschied der laufenden Saison. "Dieser Sieg war vor allem deshalb wichtig, weil die Leute nun mit besserer Laune ins Stadion kommen werden", sagte Trainer Unai Emery, 40, am Samstag.

Die Partie in der Leverkusener Arena wirkt vor allem deshalb nach, weil sie Züge einer Parabel auf die Jahre unter Emery trug. Zwar blieb Valencia auch nach dessen Amtsantritt im Sommer 2008 auf den dritten Tabellenplatz abonniert - hinter den finanziell und sportlich unerreichbaren Rivalen Barcelona und Real Madrid. Dennoch wird Emery vorgeworfen, nichts als Stillstand zu produzieren, weil seine Mannschaft immer dann versagt, wenn eine Extradosis Wagemut verlangt wird. Mildernde Umstände? Keine.

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Dabei könnte Emery ins Feld führen, dass sein Kader regelmäßig auseinandergepflückt wird: Nur drei Spieler gehören dem Betrieb seit mehr als zwei Jahren an, in den vergangenen beiden Spielzeiten gingen Symbole wie David Villa (Barcelona), David Silva (Manchester City) oder Juan Mata (FC Chelsea).

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Zugänge wie Parejo (Getafe) oder der nun verletzte Sergio Canales (Real Madrid) sind noch zu jung, als dass sie schon jetzt die Altmeister ersetzen könnten. Zu allem Überfluss gehören nun auch noch die Sympathien der Stadt längst Unión Deportiva Levante. Der arme Stadtrivale schaffte es vergangene Woche mit seinem Team aus alternden No-Name-Profis vorübergehend sogar bis an die Tabellenspitze der Primera División. Valencia dagegen ist "nur" in Champions-League-Regionen zu finden - ohne dabei restlos überzeugend dargelegt zu haben, welcher Art von Fußball man sich verpflichtet fühlt.

Immer wieder hat Emery sein System umgeschmissen und sich damit selbst angreifbar gemacht. Was umso schwerer wiegt, als "in Spanien im Allgemeinen und in Valencia im Besonderen Trainern nie viel Kredit entgegengebracht wird", wie der dienstälteste Valencia-Kicker David Albelda sagte.

Wie sehr sich in dieser Gesamtgemengelage Konflikte aufgestaut hatten, war nach der Leverkusen-Pleite bestens zu beobachten. Denn da setzte der Fanclub-Verband des FC Valencia Unai Emery unter Beschuss, öffentlich. In einem sechs Punkte umfassenden Kommuniqué ließ dieser Verband seiner "totalen Verärgerung" freien Lauf.

Geklagt wurde über die angebliche "Teilnahmslosigkeit", den "Mangel an Courage" und die Würdelosigkeit von Mannschaft und Trainerstab bei der Verteidigung der Farben Valencias: "Wir wollen ein Team, das ein Meister der Hingabe ist, des Muts und des Kampfes."

Zufall oder nicht - ausgerechnet in diesem gereizten Ambiente hat es der früher arg unbeständige, divenhafte Mittelfeldspieler Ever Banega erstmals geschafft, dreieinhalb gute Partien aneinanderzureihen. Gegen Getafe war der argentinische Nationalspieler im Mestalla-Stadion an allen drei Toren Valencias beteiligt. "Die Rückennummer 10 hat Banega Flügel verliehen", schwärmte die Zeitung El País. Doch zurzeit scheint er der einzige Bürge für außergewöhnliche Leistungen zu sein. Auch Torwart Diego Alves fehlte deshalb am Sonntag die Fans um Hilfe an: "Wir brauchen gegen Bayer die Kraft Mestallas."

© SZ vom 31.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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