Leverkusen:Zum Abschied Kuchen

Bayer 04 Leverkusen v 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Wieder da: Simon Rolfes, hier nach seinem letzten Spiel 2015 mit den Fans am Zaun, kehrt ab Dezember als Sportdirektor zu Bayer Leverkusen zurück.

(Foto: Christof Koepsel/Getty Images)

Simon Rolfes steht ein letztes Mal im Rampenlicht. Der 33-Jährige schätzt den großen Auftritt nicht. Aber diesmal kam er nicht darum herum.

Von Milan Pavlovic

In den USA gibt es im Profisport den despektierlichen Begriff der garbage time, der Müllzeit. Damit ist - speziell im Basket- und Football - jene Phase gegen Ende einer Partie gemeint, in der ein bereits entschiedenes Duell austrudelt, auf dem Feld stehen dann zumeist nur die C-Spieler. Bei der Begegnung zwischen Leverkusen und Hoffenheim handelte es sich überspitzt dann sogar um ein garbage game - für beide Teams waren die Hoffnungen, tabellarisch etwas dazu zu gewinnen, verschwindend gering.

Dennoch dürfte von den vergleichsweise wenigen Zuschauern niemand auf die Idee gekommen sein, während der 90 Minuten wegzugucken oder sich mit Müll zu beschäftigen - dafür wurde zu viel geboten. Da waren die Gäste, die mit aggressivem Pressing über weite Strecken das bessere Leverkusen abgaben; die Werkself hatte dafür Hakan Calhanoglu, der die Partie mit einem Freistoßtor-Hammer à la Gerd Zimmermann aus 34 Metern (45.+1) und einer blitzgescheiten Vorlage für Kießling vor dem 2:0 (61.) entschied. Und die Bühne frei machte für Simon Rolfes & family.

Der 33-Jährige schätzt den großen Auftritt gewöhnlich nicht. Aber diesmal kam er nicht darum herum. Gut zehn Jahre lang spielte er für Bayer 04, davon sieben als Kapitän. Meistens solide, oft gut genug für Länderspiel-Berufungen. Mitunter wurde er aber sogar vom eigenen Anhang heftig kritisiert. Die Ovationen hätten ihm gefallen, sagte er und erinnerte: "Das war hier schon mal anders." Immerhin gab er zu, dass es ihn "mit Stolz" erfülle, dass er seit der Rücktritts-Ankündigung im vergangenen Dezember oft spielte - und meistens gut. Trotzdem sei der Zeitpunkt für den Rücktritt richtig: "Manche werden sagen, ich gehe zu früh. Aber es geht schnell, dass es zu spät ist." Ein Abschiedsspiel wollte er nicht ("Das mag ich nicht"), Tränen blieben bei ihm aus - im Gegensatz etwa zu Stefan Kießling, der dem langjährigen Weggefährten einen Kuchen gebacken hatte und emotional angefasst wirkte. "Der Simon ist viel cooler als ich", sagte der Stürmer und wendete sich ab.

In der 77. Minute gegen Hoffenheim, die garbage time lief, verließ Rolfes den Rasen. Die Hymne aus "Gladiator" war vielleicht eine Nummer zu groß und zu pathetisch für diesen nüchternen Mittelfeldarbeiter. Aber es war schön, ihm dabei zuzusehen, wie er die letzten Spielminuten damit zubrachte, auf der Ersatzbank mit seiner kleinen Tochter zu scherzen. Die Versuche, sie mit auf die Ehrenrunde zu nehmen, wo Papa von der zweiten Tochter sowie von Neffe und Nichte begleitet wurde, schlugen freilich fehl.

Ganz am Ziel aller Fußball-Träume ist Rolfes übrigens noch nicht, ein letztes Duell in Leverkusen steht aus: Er will Hans-Peter Lehnhoff im Fußball-Tennis herausfordern. Der stets gut frisierte Ex-Werkskicker, 51, sollte gewarnt sein: Rolfes beendete einst die Erfolgsserie von Bernd Schneider - einem der drei anderen Ehrenspielführer von Bayer 04.

Für Rolfes eingewechselt wurde übrigens Gonzalo Castro, der das Bayer-Trikot sogar noch ein Jahr länger getragen hat, seit 2004. Auch er wird den Klub wohl in der Sommerpause verlassen, Richtung Dortmund. Weil das aber noch nicht offiziell ist, da die Borussia gerne um die Ablösesumme herumkäme (Bayer-Manager Rudi Völler: "Das wird nicht passieren"), wurde der Mittelfeldspieler auch nicht feierlich verabschiedet. Castro dürfte also keine "Gladiator"-Musik bekommen. Aber dafür seinem nicht unbedingt notleidenden Verein zwölf Millionen Euro einbringen.

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