Leverkusen - Wolfsburg (15.30 Uhr):Die widerspenstigen Kerle 

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Macht TV-Experte Matthias Sammer mit seiner Körpersprache regelrecht wahnsinnig: Julian Brandt. (Foto: Jonas Güttler/dpa)

Bei Bayer müssen Julian Brandt, Jonatan Tah und Charles Aranguiz an ihrer Vorbildfunktion arbeiten.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

An diesem Sonntag ist Familientag. Kinder bis 14 Jahre zahlen bei Bayer Leverkusens Spiel gegen den VfL Wolfsburg nur einen Euro Eintritt. Der Preis ist umso wohlfeiler, als die Kleinen in der Arena allerhand freche Leverkusener zu sehen bekommen, die sich in den vergangenen Tagen nicht an die Etikette gehalten haben; herrlich widerspenstige Burschen, die den ja auch nicht immer so braven Kindern sicher einigen Respekt abringen.

Brandts Körpersprache macht Sammer wahnsinnig

Da ist zunächst Julian, Nachname Brandt, der zu den talentiertesten Stürmern des deutschen Fußballs gehört, bei dem man aber oft irgendwie das (vielleicht täuschende) Gefühl hat, dass er sich nicht bis zum Äußersten anstrengt. Präzise formuliert hat das jüngst der Rhetorik-Professor für Körpersprache, Matthias Sammer, der als sogenannter Experte im Fernsehen alles kommentiert. Beim Julian Brandt hat er gesagt: "Seine Körpersprache macht micht wahnsinnig, er muss mehr aus seinen Möglichkeiten machen." Brandt muss die Chancen oft besser zu Ende spielen, das wird in sein Halbjahreszeugnis hineingeschrieben.

Schlimmer ist freilich, was sich Jonathan, Nachname Tah, jüngst geleistet hat. Er ist mit seinem Auto so sehr zu schnell gefahren, dass ihm die Polizei jetzt für einen Monat den Führerschein wegnimmt. Er hat sich auf der Autobahn offenbar ein Rennen mit einem anderen Auto geliefert, weshalb die Polizei zunächst dachte, es handele sich um ein illegal verabredetes Wettrennen.

600 Euro Strafe und Fahrverbot für Tah

Das wäre noch viel dramatischer und hätte eine deutlich schärfere Strafe zur Folge gehabt, doch dieser Verdacht konnte nicht belegt werden. 600 Euro und Fahrverbot lautet Tahs Buße nun; der Leverkusener Trainer Heiko Herrlich findet das nicht gerade gut, aber als Strafe angemessen, weshalb seinen Spieler intern keine zusätzliche Konsequenz mehr erwartet.

Am schlimmsten finden die Verantwortlichen bei Bayer aber vermutlich, was sich Charles, Nachname Aranguiz, erlaubt hat. Er hat sich vor zwei Wochen im Bundesligaspiel auf Schalke eine Muskelfaser im Oberschenkel gerissen und ist in der Länderspielpause trotz dieser Verletzung nicht nur zur chilenischen Nationalmannschaft nach Südamerika gereist, sonden hat in der Partie in Brasilien sogar 45 Minuten lang mitgespielt. Trotz Verletzung!

Trotz Faserriss reist Aranguiz zum Länderspiel

Das ist eigentlich ein absolutes No-Go für einen Verein, der seinem Spieler viel Geld bezahlt, aber in Leverkusen urteilen sie aus zwei Gründen nun recht milde über Aranguiz: erstens, weil sich seine Verletzung nicht verschlimmert hat, und zweitens, weil sie ihn verstehen können. Im finalen Qualifikationsspiel in Brasilien am vergangenen Wochenende ist es für die Chilenen um die Teilnahme an der WM nächstes Jahr in Russland gegangen, da wollte Aranguiz unbedingt seinen Teil beitragen.

Aber er musste zur Pause ausgewechselt werden, Chile verlor 0:3 und verpasst die WM. Aranguiz ist am Donnerstag also sowieso schon nicht sehr gut gelaunt nach Leverkusen zurückgekehrt - und da haben sie ihn nicht auch noch ausschimpfen wollen. Stattdessen haben ihn die Ärzte untersucht und haben festgestellt, dass sein Faserriss sich wenigstens nicht verschlimmert hat. Sie haben dem Trainer Herrlich aber empfohlen, ihn gegen Wolfsburg trotzdem nicht spielen zu lassen.

Und Herrlich? Der ist ein korrekter, braver Mann

Und daran wird sich Herrlich auch halten. Der Trainer ist nämlich im Gegensatz zu einigen seiner Pappenheimer ein ziemlich korrekter und braver Mann und probiert immer, seinen Spielern außer besserem Fußball auch eine gewisse Etikette beibzubringen - vor allem eine solche, die dem Teamgeist förderlich ist.

Mit just diesem Ansinnen wollen die Leverkusener nach ereignisreichen Tagen in der vermeintlich ruhigen Länderspielpause nun Wolfsburg besiegen. Es wäre der dritte Heimsieg nacheinander und er brächte Leverkusen nach drei Liga-Auftaktspielen mit nur einem Punkt so langsam in jene Tabellenregion, die sie anstreben. Bei nur einem Euro Eintritt für Kinder rechnen sie mit einem vollen Haus.

© SZ vom 15.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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