Leverkusen verliert 0:1 gegen Gladbach:"Das letzte Mµ hat gefehlt"

Borussia Mönchengladbach versaut das Debüt von Leverkusens neuem Trainer Peter Bosz. Oder ist die Werkself selbst verantwortlich, weil sie zu wenig aus ihrer Überlegenheit macht?

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

"Das ist gar nicht in Worte zu fassen", klagte Kevin Volland nach dem Spiel. Es war nicht Vollands Tag. Erst fand Bayer Leverkusens Mittelstürmer das Tor nicht, und dann auch keine Worte für dieses Malheur. Das Debüt des Trainers Peter Bosz ist deshalb jedenfalls verloren gegangen, 0:1 (0:1) gegen Borussia Mönchengladbach. Nur drei Mal in 25 Pflichtspielen hatten die Leverkusener in der Hinrunde unter dem Trainer Heiko Herrlich kein Tor geschossen und vier der letzten fünf Pflichtspiele auch gewonnen - und nun haben sie unter dem neuen Trainer, unter dem alles besser werden soll, das erste Spiel gleich verloren und dabei kein Tor geschossen. Trotz 128 gelaufenen Kilometern, trotz 64 Prozent Ballbesitz, trotz 22:7 Torschüssen und 10:3 Ecken verloren die Leverkusener. "Das letzte Mµ hat gefehlt", sagte Volland über die vergebenen Chancen, "das war auch einfach Pech."

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Eiskalt vollendet: Mit seinem Auswärtstor zum Endstand vergällte Gladbachs Alassane Pléa Leverkusens neuem Trainer Peter Bosz die Premiere.

(Foto: Ralf Treese/imago/DeFodi)

"Schade", sagte auch Bosz, "da war mehr drin." Der Niederländer wirkte zerknirscht ob der Niederlage, aber nicht ob der Leistung seiner Mannschaft. "Die Spieler haben hart gearbeitet und gezeigt, dass wir diesen Fußball spielen können", sagte Bosz über den offensiven Fußball, den er sich vorstellt. "Ich habe da Vertrauen; und wenn die Mannschaft meine Spielweise erst richtig ausführt, wird es noch viel offensiver sein."

Das Spiel hatte eine solche Demonstration von wechselseitigem, lehrbuchhaftem Pressing und Gegenpressing geboten, dass jeder Geburtsvorbereitungskurs seine helle Freude gehabt hätte. Natürlich hatte man von einem Duell zwischen Leverkusen und Gladbach zahlreichere Jubelszenarien erwartet, ungefähr mindestens Vierlinge, aber am Ende mussten sich die Zuschauer mit einem einzigen Törchen zufriedengeben, und das war auch noch den Gästen vorbehalten.

Gladbach ist viel effektiver: erste Chance, erstens Tor

Um zu veranschaulichen, was für eine Art von Fußball Leverkusen und Gladbach spielen wollen, empfahl sich in der ersten Halbzeit gleich ein genauer Blick auf die ersten 45 Sekunden: Gladbachs Tobias Strobl spielte sofort nach dem Anpfiff einen langen Ball auf Thorgan Hazard, erreichte seinen Mitspieler aber nicht, weshalb die Leverkusener sofort den Konter eröffneten: Julian Brandt bediente auf Links Karim Bellarabi, der ausgangs eines Sprints seinen Zentralstürmer Volland bedienen wollte, diesen aber nicht erreichte. Dieser Actionfilm begann also sofort mit einer wilden Verfolgungsjagd. Danach normalisierte er sich ein bisschen.

Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach

Grüblerische Miene: Nach seinem misslungenen Debüt als Leverkusen-Trainer hat Peter Bosz durchaus Aufarbeitungsbedarf.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

5:1 Ecken hatten sich die engagierten Leverkusener nach einer halben Stunde bereits herausgespielt, aber es gab nichts Effektives, und da fassten die gut stehenden Gladbacher ersten Mut. Sie gingen sukzessive zu mehr Ballkontrolle über und hatten das Glück, dass ihr erster gut vorgetragener Angriff in der 37. Minute gleich von Erfolg gekrönt wurde: Lars Stindl bediente aus dem Zentrum halbrechts Jonas Hofmann, der Alassane Pléa steil schickte, der sein zehntes Saisontor aus der Drehung erzielte. Die Leverkusener machten in der Rückwärtsbewegung keine gute Figur - das kannte man doch irgendwie schon von Borussia Dortmund unter dem Trainer Bosz. Kurz vor der Pause scheiterte der freistehende Nico Elvedi noch mit einem Kopfball am überragend reagierenden Torwart Lukas Hradecky und Hazard schoss aus der Distanz nur knapp übers Tor. Da hätte die Partie schon entschieden sein können.

Bellarabi scheitert am Pfosten

Den Leverkusenern gelang es, Tempo und Druck zu erhöhen. In der 68. Minute traf Bellarabi den Pfosten. Volland hatte anschließend mehrere verheißungsvolle Abschlüsse, scheiterte aber jedes Mal am Torwart Yann Sommer. Am Ende hatten die Gastgeber es mit elf defensiven Gladbachern zu tun, da war fast kein Durchkommen mehr. Zwölf Minuten vor Schluss strich ein flacher, extrem harter Fernschuss von Bellarabi knapp am Tor vorbei. Es war wie verhext.

Und so erkannten die Gladbacher den Anteil des Schicksals an ihrem Sieg an. "Der Sieg ist ein bisschen glücklich", sagte der Trainer Dieter Hecking. "Wir haben viel Glück gehabt", erhöhte der Mittelfeldspieler Jonas Hofmann. "Wir haben gut gestanden - nicht mehr und nicht weniger", fand dagegen Torwart Yann Sommer - mit allerhand Rettungstaten bester Mann auf dem Platz. Während die Leverkusener klagten, ihren Anschluss an die internationalen Plätze verpasst zu haben, freuten sich die Gladbacher, den Kontakt zu den Spitzenmannschaften gewahrt zu haben. "Wir haben jetzt acht Mal zu Null gespielt", gewann Hofmann dem Spiel das Beste ab - "das ist schon eine Hausnummer."

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