Leverkusen punktet in Bremen:Michael Ballack darf nur winken

In Spiel eins nach der Degradierung von Michael Ballack spielt Bayer Leverkusen bei Werder Bremen eine schlechte Halbzeit, um sich anschließend zu einem 1:1 zu steigern. Ballack bleibt über 90 Minuten draußen - Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser stellt ihm einen sofortigen Vereinswechsel in Aussicht.

Carsten Eberts

Michael Ballack trottete auf die Ersatzbank, verzog den Mund, winkte kurz, nahm Platz. Es war keine Überraschung, dass der Mittelfeldspieler nicht für die Leverkusener Startelf nominiert wurde. Selten war ein Profi von seinem Vorgesetzten derart degradiert worden, wie Ballack von Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, der ihm in Interviews Leistungsvermögen, Einsicht und Integrität absprach. Die gute Nachricht: Fußball spielte Bayer am Samstagnachmittag in Bremen trotzdem. Auch ohne Ballack.

Werder Bremen -  Bayer Leverkusen

Nur noch Ersatzspieler in Leverkusen: Michael Ballack.

(Foto: dpa)

Doch wie würde Leverkusen ohne seinen prominentesten Angestellten auftreten? Verunsichert, ob der neuerlichen Unruhe? Oder gar befreit? Irgendwie nichts von beidem: Leverkusen bot eine schlechte erste Halbzeit, dafür eine gute zweite; nach Treffern von Claudio Pizarro (29. Minute) und Stefan Reinartz (57.) endete die Partie leistungsgerecht 1:1. "Die Bremer sind sehr heimstark. Es ist nicht einfach, hier zu spielen", erklärte Simon Rolfes nach dem Spiel durchaus zufrieden.

Vor der Partie versuchte Trainer Robin Dutt, Ballacks Nichtnominierung mit taktischen Überlegungen zu rechtfertigen. Er habe sich für ein 4-4-2 entschieden, um "die Organisation von Bremen zu stören". Das war natürlich nur die halbe Wahrheit, schließlich hatte Dutt noch im Ohr, wie Ballacks Berater ihn nach der Degradierung angegangen war - und den Trainer als eigentliches Problem des Klubs dargestellt hatte ("Ballack ist nur das Bauernopfer"). Dutt wird sich gedacht haben: Heute lieber ohne Ballack.

Personell hatte Dutt weitere Veränderungen vorgenommen. Er ließ André Schürrle und Stefan Kießling stürmen, beorderte dafür Eren Derdiyok auf die Bank. Bremens Trainer Thomas Schaaf bot in der Abwehr ein völlig neues Duo auf: Für den verletzten Sebastian Prödl kam der gerade erst verpflichtete Francois Affolter in die Mannschaft, als Linksverteidiger debütierte der erst 18-jährige Florian Hartherz. Viel mehr Verletzte kann sich Werder tatsächlich nicht mehr leisten.

Verunsichert ging Leverkusen nicht in die Partie, jedoch auch nicht gerade konzentriert. Nach fünf Minuten rutschte Kießling dem Bremer Mehmet Ekici in die Beine, es gab Freistoß. Überhaupt Kießling: Seine Nominierung für die Startelf an Derdiyoks Stelle überraschte, schließlich hatte Kießling seit Oktober nicht mehr getroffen. Sturmpartner Schürrle hingegen zog nach zehn Minuten aus 20 Metern ab: Tim Wiese hatte wenig Mühe, den Schuss zu parieren.

In Ballacks Abwesenheit bemühte sich zunächst Gonzalo Castro um ein strukturiertes Spiel. Dabei sprangen nur Halbchancen heraus: Erst zog Reinartz aus 18 Metern ab (20.), kurz darauf parierte Wiese gegen Bender (21.). Bremen agierte unaufgeregter, beinahe erschreckend effektiv. Claudio Pizarro wuselte sich nach einem Konter an Bayer-Abwehrmann Manuel Friedrich vorbei, verfehlte das Tor mit seinem Schuss jedoch knapp (22.).

Nur acht Minuten später machte es Pizarro besser. Beziehungsweise die Leverkusener schlechter: Nach einer Flanke von Tom Tribull ließ Daniel Schwab dem Peruaner eindeutig zu viel Platz - ja, in so einem Fall sind auch anderthalb Meter zu viel. Pizarro nahm den Ball an und vollendete zwiebacktrocken und hochverdient ins rechte, untere Eck.

Ballack vor Vereinswechsel?

Leverkusen verlor weiter an Konzentration - und Bremen hätte zur Halbzeit höher führen müssen. Doch Markus Rosenberg zeigte, dass er eben kein Pizarro ist. Vom Peruaner vorzüglich freigespielt, rannte der Schwede mit dem Ball am Fuß an Torwart Bernd Leno vorbei in den Strafraum. Doch anstatt den Ball gegen die Laufrichtung von Bayer-Verteidiger Schwaab zu schieben, wählte Rosenberg den direkten Weg - und Schwaab klärte auf der Linie (44.).

In der zweiten Halbzeit brachte Dutt endlich Stürmer Derdiyok für Abwehrmann Danny da Costa - der Wechsel brachte wilde Änderungen mit sich: Castro rückte auf die Position des Rechtsverteidigers, Simon Rolfes kam über links, André Schürrle mimte den Zehner, was er in seiner Karriere noch nicht allzu häufig getan hatte. Und sogar Michael Ballack durfte sich plötzlich warmlaufen.

Doch es tat sich Wunderliches: Leverkusen spielte plötzlich Fußball, kam zu Chancen, wenn auch zunächst begünstigt durch Bremer Fehler: Nach einer Ecke ging Reinartz mit dem Kopf zum Ball, Werder-Keeper Wiese faustete vorbei - plötzlich stand es 1:1. Was machte Thomas Schaaf? In der 63. Minute brachte er mit Niklas Füllkrug, ebenfalls erst 18, seinen dritten Debütanten des Tages. So groß war die Bremer Personalnot an diesem 19. Spieltag.

Die größeren Chancen hatte nun Leverkusen, meist in Person von Derdiyok: Erst scheiterte der Schweizer Angreifer an Wiese (69.), dann traf er mit eingerutschtem Schuss nur das Außennetz (79.). Aus dem Nichts dann plötzlich wieder Werder: Der junge Hartherz flankte über links, Rosenberg setzte seinen Schuss aus kürzester Distanz an den Pfosten, und zerlegte aus Frust darüber gleich noch eine Werbebande.

Das Spiel endete 1:1, Michael Ballack wurde nicht mehr eingewechselt - mehr als winken und sich warm laufen durfte er an diesem Nachmittag nicht. Und Robin Dutt erklärte gar nicht unzufrieden: "In der zweiten Hälfte haben wir die Zweikämpfe gewonnen und Druck erzeugt, aber Bremen kam zurück. Alles in allem ist das ein gerechtes Ergebnis." Zu Ballacks Nicht-Einwechslung sagte er knapp: "Unsere Mannschaft hat sehr griffig gespielt. Ich habe keine Notwendigkeit gesehen, noch zu wechseln."

Das Schlusswort des Tages gehörte Geschäftsführer Holzhäuser, es ging natürlich erneut um Ballack. Er sagte: "Michael wird sicher noch ein paar gute Spiele für Bayer absolvieren." Holzhäuser sagte aber auch: "Sollte sich ein Verein melden, der an Michael Ballack Interesse hat, dann sind wir auch bereit, über das Thema zu reden." Das Transferfenster schließt bekanntlich am Dienstagabend.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: