Bundesliga:Kreuzbandriss bei Florian Wirtz

Bundesliga: Ein unscheinbarer Zweikampf mit Folgen - nicht nur für Leverkusen: Nationalspieler Florian Wirtz (vorne rechts) muss anschließend, offenbar schwer am Knie verletzt, vom Platz getragen werden.

Ein unscheinbarer Zweikampf mit Folgen - nicht nur für Leverkusen: Nationalspieler Florian Wirtz (vorne rechts) muss anschließend, offenbar schwer am Knie verletzt, vom Platz getragen werden.

(Foto: Jörg Niebergall/Eibner/Imago)

Bayer Leverkusen unterliegt dem 1. FC Köln 0:1. Aber die noch bedrückendere Nachricht kommt für die Werkself nach dem Spiel: Leverkusens Spielmacher fällt monatelang aus.

Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Gewonnen hatte Steffen Baumgart schon vor dem Spiel, und zwar den Rievkooche, den Reibekuchen aus Bronze, den eine Initiative in der Kölner Südstadt für besondere Heimatverdienste vergibt. Der Trainer des 1. FC Köln hatte sich für ein Obdachlosen-Projekt eingesetzt.

Eine andere Form von Lokalkolorit erlebte Baumgart, als er am Sonntagnachmittag mit seiner Mannschaft beim Nachbarklub Bayer Leverkusen gastierte. In der Bayarena ging es bemerkenswert unfreundlich zu, nicht nur zwischen den nach guter alter Art einander verfluchenden Zuschauerfraktionen, sondern auch zwischen den Akteuren, die giftig aufeinander losgingen. Es war ein hart umkämpftes, hektisches und lautes Nachbarschaftsduell, und als der heftig geforderte, aber gute Schiedsrichter Sascha Steegemann um 17.27 Uhr den Schlusspfiff tat, jubelten die Kölner über einen 1:0-Sieg, der glücklich, aber wegen ihres leidenschaftlichen Engagements nicht unverdient war. Der FC hatte Bayer mit seinen besten Mitteln und auf die unerbittliche Steffen-Baumgart-Tour besiegt, aber ihm war auch ein folgenschwerer Zwischenfall zur Hilfe gekommen.

Die Szene, die das Derby prägen sollte, ging aus einem der vielen robusten Zweikämpfe hervor, die für dieses Spiel typisch waren. Leverkusens Spielmacher Florian Wirtz führte vor dem Strafraum den Ball, Verteidiger Luca Kilian ging dazwischen und setzte dazu energisch seinen Körper ein. Per Hüftcheck brachte er Wirtz aus dem Rhythmus, kein Foul, sogenannte legale Härte, aber der 18-Jährige strauchelte, fiel und blieb liegen. Während sich der Arzt und die Sanitäter um ihn kümmerten, benahmen sich die Kölner Fans mit hämischen Sprechchören daneben - Wirtz hatte nach seiner Ausbildung am Geißbockheim vor zwei Jahren die Seiten gewechselt. Nun musste er unter Schmerzen auf der Trage vom Spielfeld gebracht werden, begleitet von spöttischen Auf-Wiedersehen-Rufen aus der Kölner Kurve. Dass Anlass zur Sorge bestand, das war schnell klar, nach einem MRT folgte bereits am Sonntag die niederschmetternde Diagnose: Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie, monatelange Pause.

Diese Nachricht wird Bayer 04 noch lange über die Partie hinaus beschäftigen, mit dem Verlust ihres zentralen Organisators entstand aber auch schon abrupt ein Bruch im Leverkusener Gefüge. Wirtz' öffnende, ordnende Pässe fehlten, an Einsatz, Eifer und Tempo mangelte es seinen Kollegen nicht, aber Geradlinigkeit und Plan gingen verloren. Wirtz hatte bis zu seinem Ausscheiden sämtliche gefährlichen Angriffe koordiniert, und davon hatte es mehr als bloß eine Handvoll gegeben. Es lag wohl an der hektischen Derby-Atmosphäre, dass die zahlreichen Torchancen auf beiden Seiten keine Treffer brachten. Mal hatte Wirtz den Brasilianer Paulinho bedient, mal den schnellen Moussa Diaby, doch entweder scheiterten die Mitspieler an sich selbst oder am starken Kölner Torwart Marvin Schwäbe.

Die Kölner waren mit dem Vorsatz angetreten, das schnelle Leverkusener Kombinations- und Konterspiel durch rigides Pressing und durch Zweikampfhärte zu stören, das Konzept hatte Bayer-Trainer Gerardo Seoane ganz gewiss nicht überrascht, aber es bewährte sich trotzdem. Bayer versuchte vergeblich, sein Standardprogramm zu realisieren. Gefährlich blieben die Leverkusener durchaus, zumal wenn sie es schafften, ins immer wieder etwas riskante Kölner Aufbauspiel einzugreifen. Als Diaby einen Rückpass von Ellyes Skhiri ersprintete, war es wieder Schwäbe, der das Ärgste verhinderte, indem er den Franzosen zur Seite drängte.

Die Partie bot nach der Pause das gleiche Bild wie vorher. Die Kölner störten erfolgreich die Leverkusener Kreise und gingen selbst regelmäßig gefährlich in den Angriffsmodus über. Baumgarts Doppelwechsel in der 64. Minute sollte sich als goldener Griff erweisen. Die eingewechselten Dejan Ljubicic und Kingsley Schindler besorgten keine drei Minuten später im Duett die Führung für den FC (67.).

Für Bayer hätte es besser enden können, es gab noch einige erstklassige Torchancen, doch der eingewechselte Winter-Zugang Sardar Azmoun verpasste es zweimal, sein Heimdebüt zu einem besonderen Erlebnis zu machen.

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