Letztes Heimspiel von Lewandowski:"Ich will da noch Tore schießen"

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Harmonisches Ende in Schwarz-Gelb: Robert Lewandowski verabschiedet sich von den Dortmunder Fans (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Abschiedsjubel im Dortmunder Stadion geht sogar dem nicht für öffentliche Emotionen bekannten Robert Lewandowski ans Herz. Doch noch ist die schwarz-gelbe Zeit des Polen nicht vorbei. Sein Ziel: das Pokalfinale gewinnen - gegen seinen künftigen Arbeitgeber.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Kaum einer konnte seine Rührung unterdrücken, auch jener Fan im BVB-Trikot nicht, der unten in der Ost- tribüne stand. Der rot-weiße Schal der polnischen Nationalmannschaft baumelte ihm um den Hals, und die Tränen waren nicht mehr aufzuhalten. Das Spiel war längst zu Ende, aber die meisten der 80 000 Zuschauer in der Dortmunder Arena waren geblieben und skandierten "Le-wan-dowski". Das letzte Heimspiel-Hemd bekam der Fan am Zaun.

Es waren ein paar große Minuten, und sie hatten kaum etwas mit dem 3:2-Sieg der Borussia gegen die TSG Hoffenheim zu tun. Es war das letzte Heimspiel für den polnischen BVB-Torjäger, der in seinen vier Dortmunder Jahren bisher 100 Tore in 185 Pflichtspielen erzielt hat. Ein Treffer war ihm an diesem Nachmittag nicht gelungen, aber Lewandowski wurde dennoch gefeiert, als würde er nach einer langen Karriere in Dortmund aufs Altenteil verabschiedet. Dabei wechselt er im Sommer doch ausgerechnet zum mächtigen Rivalen, zum FC Bayern nach München.

Elf des Bundesliga-Spieltags
:Schöne Grüße an Balotelli

Raul Bobadilla imitiert eine Geste, die deutschen Nationalspielern noch heute aufs Gemüt drückt. Jérôme Boateng wird das Hirn abgesprochen, Mario Götze zum Brasilianer geadelt. Und Cacau will 2017 endlich Bürgermeister werden. Die Elf des Spieltags.

Der 25-Jährige war bisher nicht als Typ der öffentlichen Emotionen in Erscheinung getreten. Doch diese Jubelstürme - zunächst bei seiner taktischen Auswechslung in der 90. Spielminute, dann nach dem Abpfiff -, dieses Emotionsgewitter von den Rängen, die in Dortmund die Welt bedeuten, es ging selbst dem sonst so kühlen Lewandowski ans Herz. "Es war der Wahnsinn", meinte er, "meine Stimmung ist auf einem Höhepunkt. Ich muss mich bei jedem bedanken." Auch Lewandowskis Trainer Jürgen Klopp war ob der Farewell-Prozedur im Überschwang: "Überragend.

Ciro Immobile soll Nachfolger werden

Ich danke allen, die an dieser Art der Verabschiedung teilgehabt haben." Zweimal wird Robert Lewandowski nun noch für den Klub antreten, bei dem er sich - nach Klopps Einschätzung - "vom Klassestürmer zum Weltklassestürmer" entwickelt hat. Beide Male im Berliner Olympiastadion: erst beim Bundesliga- Finale gegen Hertha BSC, dann, am 17. Mai, zum Pokal-Endspiel gegen den FC Bayern - seinen künftigen Arbeitgeber. "Ich bin immer noch Spieler des BVB", sagte Lewandowski und betonte das so ungewohnt laut, dass man es unschwer als Drohung an die Münchner verstehen durfte. "Es ist noch nicht zu Ende. Ich will da noch Tore schießen, wenn wir am Ende dann auch gewinnen."

Beim bislang letzten Pokalfinale zwischen Dortmund und Bayern, 2012, erzielte er zwei Treffer zum 5:2-Sieg der Borussia. Es war einer seiner größten Tage in Schwarz-Gelb, in der Rangfolge direkt hinter seinem Torfestival gegen Real Madrid, als er 2013 alle vier Treffer zum 4:1 im Champions-League-Halbfinale erzielte.

In Dortmund zu halten war Lewandowski allerdings nicht - trotz aller Gefühls- wallungen und seines tadellosen Einsatzes bis zum letzten Abpfiff. Wie sehr die kolossalen Verdienst-Möglichkeiten im Profi-Business die romantische Seite des Fußballs überlagern, ist beim BVB nicht zum ersten Mal zu erleben. Auch Nuri Sahin, inzwischen wieder zurück bei seinem Stammverein, verließ Dortmund einst tränenreich gen Madrid. Shinji Kagawa und Mario Götze haben bei Manchester United und beim FC Bayern noch nicht wieder ihr Dortmunder Leistungslevel erreicht. Die Ambivalenz zwischen den emotionalen und den finanziellen Feldern des Fußballs war bei der Verabschiedung von Lewandowski so greifbar wie selten.

Lewandowski wechselt vor allem wegen der noch besseren Verdienstmöglichkeiten nach München. Das war sicher ähnlich, als er 2010 von Lech Posen nach Dortmund kam. Und Ciro Immobile, Torjäger des FC Turin, um den sich die Borussia gerade energisch als Nachfolger für Lewandowski bemüht, wird mit ähnlichen Mitteln umworben.

Auf dem Spielfeld lieferte Lewandowski zum Abschied eher Durchwachsenes. Seinem Ziel, Torschützenkönig zu werden, kam er nicht näher. Beste Borussen waren Marco Reus und Kevin Großkreutz. Letzterem gelang - diesmal als Linksaußen aufgeboten - sein erstes Liga-Tor nach 364 Tagen. Zwei weitere Treffer des Erz-Dortmunders waren möglich. Reus ist für die WM längst gesetzt, inzwischen hat sich aber auch Großkreutz in die Rolle eines Topkandidaten fürs deutsche Brasilien-Aufgebot gebracht.

© SZ vom 05.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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