Leon Draisaitl in der NHL:Eine fruchtbare Gemeinschaft

NHL: Spieler der Edmonton Oilers feiern gegen die Los Angeles Kings

Connor McDavid (Nr. 97) im Duett mit Leon Draisaitl (29) - das sind die Garanten der Edmonton Oilers.

(Foto: USA TODAY Sports)
  • Eishockeyprofi Leon Draisaitl ist einer der besten Scorer der NHL - doch einer seiner Mitspieler ist noch besser.
  • Mit Connor McDavid bildet der Kölner ein gefürchtetes Duo in Edmonton.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es hilft Leon Draisaitl, dass er mit der Gelassenheit des Dude gesegnet ist. Der schräge Philosoph aus dem Film "The Big Lebowski" nimmt das Leben und sich nicht zu ernst. Sondern akzeptiert Begebenheiten. Draisaitl ist Eishockeyprofi bei den Edmonton Oilers, trotz der beiden Treffer zum zwischenzeitlichen Ausgleich und zur Führung beim 3:2-Sieg in Vancouver ist er seit diesem Wochenende nicht mehr Top-Scorer (Tore und Vorlagen zählen jeweils einen Punkt) der NHL. Draisaitl reagiert darauf mit einem Schulterzucken.

Es fördert die innere Ruhe freilich, dass Draisaitl von Mitspieler Connor McDavid überholt wurde. Der bereitete ein Tor von Draisaitl am Sonntag vor, wie häufig in dieser Saison. Dafür bekam McDavid einen Scorer-Punkt, er liegt nun mit 51 Punkten einen vor Draisaitl - Brad Marchand (Boston Bruins) auf Platz drei hat acht Zähler weniger. "Ich schaue mir das schon an", sagt Draisaitl: "Es ist eine tolle Sache, aber Eishockey ist ein Teamsport." Die Oilers haben nun 17 von 29 Saisonspielen gewonnen und die viertmeisten Punkte (37) der kompletten Liga. Auch dank dieses Duos.

"Es wäre dumm, würde ich sagen, dass mir individuelle Statistiken nichts bedeuten", sagt Draisaitl. Aber er weiß eben auch: "Wir sind ehrgeizig, weil wir uns gegenseitig besser machen wollen. Wenn er drei Tore schießt, freue ich mich für ihn. Wenn ich zwei Treffer schaffe, freut er sich für mich." Eine fruchtbare Gemeinschaft.

Es hat in der NHL-Geschichte einige aufregende Paare gegeben. Bei den Oilers gewann das Duo Wayne Gretzky/Jari Kurri in den 1980er Jahren vier Meisterschaften. Bei der Wahl zum wertvollsten Spieler belegten die beiden indes nie die Plätze eins und zwei, das haben seit Bobby Orr und Phil Esposito (1971, Bruins) keine Teamkollegen mehr geschafft. In diesem Jahr könnte es wieder so weit sein. Draisaitl und McDavid sind die Favoriten, mehr noch: Den Oilers mit dem neuen Manager Ken Holland, dem neuen Trainer Dave Tippett und neuen Spielern wie James Neal wird zugetraut, nach 20 Jahren wieder den Stanley Cup zu gewinnen.

Der Kölner Draisaitl, 24, und der zwei Jahre jüngere Kanadier McDavid aus Richmond Hill harmonieren als Offensivpartner. McDavid agiert im Zentrum, Draisaitl auf dem Flügel. Tippett lässt sie jeweils mehr als 22 Minuten pro Partie auf dem Eis - meist gemeinsam: "Es gibt die Versuchung, die beiden auf zwei Sturmreihen zu verteilen, weil Draisaitl ebenfalls so torgefährlich ist", sagt der Coach: "Allerdings gibt es auf der Welt nur sehr wenige Akteure wie Leon: groß und kräftig - dennoch beweglich und technisch herausragend. Damit ergänzt er McDavid perfekt."

McDavid gilt als Hochbegabung, technisch perfekt und gesegnet mit einer auch geistigen Geschwindigkeit, der kaum jemand folgen kann, nicht mal Mitspieler. "Es ist eine Herausforderung, ihn bei voller Geschwindigkeit zu finden - und dann will er den Puck hart und flach, direkt aufs Tape am Schläger", sagt Draisaitl: "Mittlerweile ahne ich, wo er auf dem Eis sein könnte. Das hat aber ein paar Jahre gedauert. Ich bin gerne sein Kollege - auch deshalb, weil ich lieber nicht sein Gegner sein will."

Trocken wie der Vater

Den trockenen Humor hat Draisaitl von Vater Peter, deutschen Eishockeyfans in Erinnerung wegen Olympia 1992, als dessen Penalty im Viertelfinale gegen Kanada auf der Torlinie liegen blieb. Längst macht der Sohn Schlagzeilen anderer Art. Seit 2010 sind mehr als 2100 Akteure in die NHL gekommen, nur einer hat in einer Saison 50 oder mehr Tore geschafft: Draisaitl in der vergangenen Spielzeit. Die Oilers verpassten jedoch zum dritten Mal in vier Jahren die Playoffs. Diese Saison hofft Edmonton umso mehr darauf, mal weiterzukommen.

Draisaitl hat die Sommerpause genutzt, um an Details seiner Spielweise zu feilen. "Ich bin noch immer ein junger Spieler. Ich sehe mir jeden Akteur in dieser Liga genau an, das sind Weltklasseleute, man kann von jedem was lernen", sagt er: "Dann probiere ich was, bei dem ich mich bislang nicht so wohl gefühlt habe." Er habe gelernt, bei einem Partner wie McDavid damit zu rechnen, dass der Puck jederzeit zu ihm für eine Schusschance kommen könnte - wie beim 2:2 am Sonntag. Der 3:2-Siegtreffer war, ohne Zuspiel von McDavid, ebenfalls eine Direktabnahme.

Auf der NHL-Webseite gibt es eine Rubrik, die prognostiziert, was einer schaffen könnte, wenn er weitermacht wie bisher. Bei Draisaitl sind für diese Saison 50 Tore und 101 Zuspiele vermerkt, das würde Platz 16 in der ewigen Scorer-Bestenliste bedeuten, inmitten von Legenden wie Jaromir Jagr und Steve Yzerman. Die Oilers haben den Vertrag von Draisaitl vor zwei Jahren verlängert, sie bezahlen ihm 68 Millionen Dollar für sieben Spielzeiten. Damals wurden sie für verrückt erklärt, mittlerweile gilt der Deal als Schnäppchen.

"Ach, ich weiß doch, wie das ist: ein schlechter Monat, und es heißt, dass ich überbezahlt sei", sagt Draisaitl, der lieber auf den Ratschlag seines Vaters ("einfach immer weitermachen") hört und angekündigt hat, insgesamt 1,2 Millionen Dollar an Einrichtungen in Edmonton zu spenden. "Ich will nicht hier spielen und dann abhauen, ohne was zurückgegeben zu haben", sagt er, und dann spricht er wieder über Sport: "Diese Leute wünschen sich nichts mehr, als dass wir nach eher durchwachsenen Jahren wieder erfolgreich sind. Wir arbeiten dran."

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