Lennart Thy:Plötzlich Lebensretter

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Lennart Thy, hier im Trikot von Venlo. (Foto: imago/Pro Shots)
  • Lennart Thy, ein eher mittelmäßig bekannter deutscher Fußballer, wurde im März mit einer Stammzellen-Spende berühmt.
  • Er fehlte dafür bei zwei Partien des holländischen Erstligisten VV Venlo - und bewegte anschließend rund 20 000 Menschen zur Typisierung.
  • Nun bereitet er sich in der Türkei bei Büyüksehir Belediye Erzurumspor auf die nächste Saison vor und sagt: "Niemand kann einem Spieler in die Quere kommen, wenn er ein Menschenleben retten will und kann."

Von Theresa Oertelt

Laut der Deutschen Knochenmarkspenderdatei wird alle 15 Minuten bei einem Menschen in Deutschland Blutkrebs diagnostiziert, jeder Zehnte finde keinen Spender. Der Leukämiepatient, der im März einen Spender fand, hatte also Glück, das ist der wichtigste Teil dieser Geschichte. Der andere Teil geht so: Ein eher mittelmäßig bekannter deutscher Fußballer wurde plötzlich berühmt. Er war der Spender.

Lennart Thy, 26, ehemaliger U20-Nationalspieler, elfmaliger Bundesligaspieler für Werder Bremen und einer von rund sieben Millionen als Stammzellenspender registrierten Deutschen, fehlte im März bei zwei Partien des holländischen Erstligisten VV Venlo, weil er Stammzellen spendete. Er wurde zum "Man of the Match" gegen den PSV Eindhoven gewählt, ohne mitgespielt zu haben. In der 11. Minute standen die Zuschauer auf und applaudierten. Die 11 war Thys Rückennummer. Auch in anderen holländischen Stadien applaudierten die Fans, "Respect Lennart" und "SympaTHYk" stand auf Transparenten. Die Aktion "Volg Lennart" bewegte rund 20 000 Menschen zur Typisierung. Er wurde für den Laureus World Sports Award in der Kategorie "Sportmoment" nominiert.

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Lennart Thy steht seit ein paar Wochen in der Türkei bei Büyüksehir Belediye Erzurumspor unter Vertrag, er bereitet sich auf die nächste Saison vor. Wenn er über den Wirbel um seine Person im Frühjahr spricht, der ihm eher unangenehm war, dann sagt er: "Natürlich habe ich das nicht gemacht, um meinen Bekanntheitsgrad zu steigern. Das ist ein Riesenzufall, dass ich als Spender in Frage kam. Sowas kann man nicht planen."

Die Fußballbranche ist eine hektische, es geht um Erfolg und Geld, Siegen wird alles untergeordnet. Fußballer werden fit gespritzt, spielen über Verletzungen hinweg, manchmal stehen sie Stunden nach der Geburt ihres Kindes wieder auf dem Platz, in Interviews sprechen sie eigentlich nur über Sport. Für nachdenkliche Zwischentöne ist eher selten Platz. Wohl auch deshalb war das Echo auf Thys Aktion so groß. Thy, der Fußballer? Erst mal ein Mensch. Er sagt: "Niemand kann einem Spieler in die Quere kommen, wenn er ein Menschenleben retten will und kann. Nicht mit dem Wissen, dass es für den Erkrankten die einzige Chance sein könnte."

Thy will den Patienten, dem er seine Stammzellen gespendet hat, gerne kennenlernen

Kurz nach Silvester, als er in Amsterdam Urlaub machte, klingelte Thys Handy. Ihm wurde gesagt, dass seine DNA für einen Patienten die passende sein könnte. "Ich war schon ein bisschen baff und hatte im ersten Moment keine Ahnung, wie das vonstatten geht", sagt er. Er sprach mit seiner Familie, sagte zu. Sieben Jahre zuvor hatte er sich wie die ganze Mannschaft von Werder typisieren lassen. Zunächst musste Thy sich Gewebe entnehmen lassen und einschicken. Als Mitte Februar feststand, dass seine Stammzellen die passenden sind, bat er Verein und Trainer um seine Freistellung für zwei Spiele. Insgesamt dauerte die Spende fünf Stunden. Eine halbe Stunde sei er dann noch dageblieben zur Kontrolle, sagt er, Schmerzen habe er keine gehabt. Nach zwei Wochen stieg Thy wieder ins Mannschaftstraining ein.

Er hielt mit Venlo, zuvor als Abstiegskandidat gehandelt, die Klasse. Er traf als Stammspieler und Mittelstürmer siebenmal. Venlo hätte ihn gerne behalten, doch konnte ihn nicht bezahlen. Der SV Werder hatte keine Verwendung mehr für ihn. Das Angebot von Erzurumpor, einem Aufsteiger in die erste türkische Liga, war in der Sommerpause das interessanteste. Der Rummel um ihn war längst wieder abgeebbt.

Thy würde irgendwann gerne noch mal in der Bundesliga spielen, "das bleibt mein Traum". Andererseits, findet er, gebe es Wichtigeres: Gesundheit. Den Patienten, dem er seine Stammzellen gespendet hat, will er gerne kennenlernen. Zwei Jahre nach der Spende ist das möglich.

© SZ vom 05.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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