Mit Jubelgesängen und ohrenbetäubendem Vuvuzela-Getröte ist das südafrikanische Leichtathletik-Team mit 800-Meter-Weltmeisterin Caster Semenya bei der Rückkehr von der WM empfangen worden. Unter den Tausenden am Flughafen befanden sich zahlreiche Regierungsmitglieder. Die 18-jährige Semenya soll sich auf Verlangen des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF einem Geschlechtstest unterziehen, was am Kap Empörung auslöst.

Frauenministerin Noluthando Mayende-Sibiya versicherte der Läuferin die Solidarität des ganzen Landes. "Caster, wir stehen hinter Dir!", betonte sie bei der Begrüßung, die sie mit den Worten begann: "Nieder mit dem IAAF!" Ihr Ministerium habe dem Leichtathletik-Weltverband in einem Schreiben um Aufklärung für seine umstrittene Maßnahme gebeten.
Am Flughafen spielten sich vor den Augen erstaunter Touristen turbulente Szenen ab, als die Menschenmasse eine Ehrengarde der Polizei zur Seite drängte, um Semenya zu begrüßen. Menschen hielten Schilder hoch, auf denen es hieß: "Unsere First Lady des Sports" und "100 Prozent Frau".
Die Sportlerin selbst brachte sichtlich bewegt nur wenige Worte hervor. Der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Julius Malema, zog Parallelen zum National-Helden und Friedens-Nobelpreisträger Nelson Mandela und betonte: "Caster Semenya macht uns heute wie einst Nelson Mandela sehr stolz; und ob er (der IAAF) es mag oder nicht: Sie ist eine Frau!"
Die Zeitungen am Kap widmeten der "Lady of Sport" ihre Titelseiten. Geplant waren nach der Ankunft eine Parade durch Pretoria und ein Besuch bei Präsident Zuma. Die Empörung über den als unsensibel, aber auch rassistisch und sexistisch kritisierten Test hatte die Bevölkerung des Nach-Apartheid-Staates über alle Rassen-und Klassengrenzen hinweg vereint. Den Solidaritätsbekundungen und Protesten hatten sich Politiker, Kirchenvertreter, Gewerkschafter, Künstler und Sportler angeschlossen. Das Parlament am Kap hat eine Beschwerde bei der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen angekündigt.
Die in diesem Jahr aus dem Nichts in die Weltspitze vorgestoßene Semenya muss sich auf Druck des Weltverbandes IAAF derzeit einem Geschlechtstest unterziehen, mit dem ihr Geschlecht bestimmt werden soll. Diese Nachricht hatte ihren Sieg bei der Leichtathletik-WM in Berlin (1:55,45 Minuten) überschattet.
Unterdessen berichtet der englische Telegraph unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle, das Niveau des männlichen Sexualhormons Testosteron sei in Semenyas Körper dreimal so hoch wie normalerweise bei Frauen. Das hätten Tests im Vorfeld der WM gezeigt.
Schon vor einigen Tagen hatte die Schweizer Zeitung Blick geschrieben, Semenya sei nachweislich ein Zwitter mit der Chromosomen-Kombination XY - ein sogenannter Hermaphrodit. Als Informant war ein Trainer genannt worden, der lange in Südafrika tätig war. Der Coach sagte: "Südafrika hat die Tests bereits im März gemacht. Das Ergebnis ist klar. Semenya hätte bei der WM in Berlin nicht bei den Frauen starten dürfen. Doch ihre Funktionäre haben voll auf die Karte Risiko gesetzt."