Leichtathletik-WM in Südkorea:Es geht was in Daegu

Das deutsche Team brauchte nach dem durchwachsenen Trainingslager einen guten Start in die Leichtathletik-WM. Dafür sorgt sogleich Diskuswerferin Nadine Müller - und eine 19-jährige Läuferin verzeichnet einen besonderen Erfolg. Der erste Medaillensatz geht indes komplett nach Kenia.

Thomas Hahn, Daegu

Die erste Deutsche, die aus dem WM-Stadion in Daegu zurückkehrte, war Nadine Müller, die Diskus-Werferin aus Halle an der Saale. Es war noch früh am Tage, die Ränge waren spärlich gefüllt, der Wettkampfbetrieb kam eher schleppend in Gang, aber Nadine Müller war hochzufrieden.

IAAF Leichtathletik-WM 2011 in Daegu

Gesa Felicitas Krause, oben, qualifizierte sich überraschend fürs Finals über 3000 Meter Hinderniss.

(Foto: dpa)

Sie hatte sich nicht lange aufgehalten mit der Qualifikation im Diskuswerfen der Frauen. Ein Wurf auf 65,54 Meter - schon war sie notiert fürs Finale an diesem Sonntag, in dem sie sogar Medaillenchancen besitzt. "Für morgens um zehn war es richtig gut", sagte sie und zog ein Positiv-Fazit, das knapper kaum hätte ausfallen können: "Läuft."

Tatsächlich ist Nadine Müllers gelungene Qualifikation nur der erste Schritt gewesen auf dem Weg zu einer Bilanz, mit welcher der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) sich daheim mal wieder ein bisschen ins Gespräch bringen kann.

Trotzdem ist von diesem Schritt ein wichtiges Zeichen ausgegangen, nachdem die Vorstartphase zu den Welttitelkämpfen in Südkorea ja hat auch die ein oder andere Negativ-Schlagzeile hervorgebracht hatte.

Das Vor-WM-Trainingslager auf der Urlaubsinsel Jeju vor der südkoreanischen Küste, gedacht zur sanften Gewöhnung an die asiatische Sommerschwüle und zum Ruhefinden vor dem hektischen Großereignis, traf nicht auf ungeteilte Begeisterung im Kader. Vor allem die Werfer beschwerten sich über die Trainingsbedingungen, über einen abschüssigen Ring auf dem Hammerwurfplatz, der für sie nicht zu gebrauchen war, über einen bedingt hilfreichen Kraftraum - und als die Werfer aufs Trainingsstadion auswichen, beschwerten sich die Läufer, weil es an den Wurfringen keine Fangnetze gab und die Läufer Angst davor hatten, von missratenen Würfen getroffen zu werden.

Da war es schon nicht ganz unwichtig, dass ausgerechnet eine Werferin den ersten Pluspunkt setzte. Nadine Müllers Form hatte jedenfalls nicht gelitten unter den Bedingungen im Insel-Trainingslager, sie mochte die Tage in Jeju auch nicht zu schlecht reden. "Für mich hat´s gereicht", sagte sie, "ich bin es gewohnt, dass man sich arrangieren muss." Ihr Trainer René Sack nannte die Jeju-Debatte sogar "ein bisschen aufgebauscht". Aber Nadine Müller wollte die Tage von Jeju auch nicht zu gut reden und regte an, das Auswahlverfahren eines Vor-WM-Quartiers zu überdenken: "Sicher muss man sich überlegen, ob man in ferner Zukunft nicht einen Trainer mitschickt, um die Bedingungen zu begutachten."

Erster Medaillensatz geht komplett nach Kenia

Ein guter WM-Start ist für alle ein wichtiger Taktgeber, zu oft ist es schon vorgekommen, dass sich im Einzelssport Leichtathletik ganze Nationalmannschaften in eine Negativspirale hineindachten, weil die ersten Einsätze der Teammitlieder misslangen.

Kenias Team ist deshalb sicherlich besonders froh gewesen, dass es den ersten Medaillensatz, der in Daegu zu vergeben war, gleich komplett abräumte: Edna Kiplagat gewann den Marathon der Frauen in 2:28:43 Stunden vor Priscah Jeptoo (2:29:00) und Sharon Cherop (2:29:14). Und den zweiten auch: Vivian Cheruiyot siegte am Abend im Frauenrennen über 10 000 Meter in 30:48,98 Minuten vor Sally Kipyego (30:50,04) und Linet Masai (30:53,59).

Umgekehrt beklagten die Australier einen Auftakt, wie er schlechter kaum hätte ausfallen können: Ihre Diskus-Weltmeisterin Dani Samuels kam nur mit Ach und Krach ins Finale, Stabhochsprung-Weltmeister und -Olympiasieger Steven Hooker gar nicht. Hooker konnte seine Anfangshöhe von 5,50 Metern nicht überspringen und war untröstlich: "Ich hatte kein Vertrauen in das, was ich da draußen tat, ich habe mich am Anlauf irgendwie verloren gefühlt", sagte Hooker, "ich übernehme die volle Verantwortung dafür."

Die Deutschen hatten auch ein paar Enttäuschungen hinzunehmen: Die Stabhochspringer Raphal Holzdeppe und Karsten Dilla verfehlten das Finale, ebenso die Weitspringerinnen Bianca Kappler und Sosthene Taroum Moguenara, und der Zehnkämpfer Rico Freimuth, WM-Debütant wie Dilla und Moguenara, brachte in der zweiten Disziplin Weitsprung keinen gültigen Versuch zustande, verletzte sich dazu auch noch am Knie und gab auf.

Dafür überzeugte Freimuths junger Disziplinkollege Jan-Felix Knobel mit Bestleistungen und Rang zehn im Gesamtklassement nach fünf Disziplinen (4169 Punkte). Wie Nadine Müller qualifizierten sich auch Malte Mohr, Medaillen-Anwärter im Stabhochsprung, und Hammerwerfer Markus Esser souverän fürs Finale. Und einen besonderen Erfolg verzeichnete 3000-Meter-Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause aus Frankfurt: 19 Jahre ist sie erst alt und setzte sich trotzdem in ihrem Vorlauf durch. Platz drei bedeutete die Finalteilnahme und ihre Zeit von 9:35,83 Minuten neuen deutschen A-Jugend- und U23-Rekord.

"Ich bin überglücklich", sagte Krause und sendete damit auch ein Zeichen an die anderen Leichtathleten im deutschen Team aus. Die Botschaft lautete: Es geht was in Daegu.

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