Süddeutsche Zeitung

Leichtathletik-WM:Blech in letzter Sekunde

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Von Saskia Aleythe, Doha

Irgendwann kommt er, der ganz weite Wurf. Christin Hussong hatte das gesagt, locker nach ihrer Qualifikation in Doha, die sie mit ihrem ersten Versuch und einem Wurf auf 65,29 Meter gemeistert hatte, da gab sie dann schon die ersten Interviews, als der Rest noch ums Finale bangte. Im ersten Versuch war sie 2018 Europameisterin geworden, "ich kann auch im zweiten weit werfen oder im letzten", sagte Hussong, "irgendwann kommt er". Doch an diesem Dienstagabend, als es dann um die Medaillen ging, gelang der weiteste Wurf einer anderen: Kelsey-Lee Barber, die sich im sechsten und letzten Versuch mit 66,56 Metern um fast drei Meter steigerte.

So war die Frau aus Australien die Überraschung des Abends, die 28-Jährige holte ihre erste WM-Medaille. Hussong musste sich mit Platz vier begnügen, Barber hatte sie und die Konkurrenz im letzten Versuch überholt. Sonst hätte es für die 25-jährige Deutsche mit Bronze geklappt, zwischenzeitlich sah es gar nach Silber aus. Im sechsten Versuch steigerte sie sich auf 65,21 Meter, das reichte nur nicht, um den Chinesinnen Lui Shiying (65,88 Meter) und Lyu Huihui (65,49) die Medaillen wegzuschnappen. "Die Medaille habe ich nicht verloren, ich habe sie ja gar nicht gehabt", sagte Hussong am ARD-Mikrofon, "es ist mein bestes WM-Ergebnis bisher, ich habe noch einige WMs vor mir, eine Medaille werde ich mir noch holen."

Auf der anderen Stadionseite hatte sich zeitgleich ein unterhaltsamer Abend bei den Stabhochspringern abgespielt. Armand Duplantis hatte schon Bronze sicher, als er sich bei 5,87 Meter den ersten Patzer leistete. Der 19-jährige Schwede ist schon ein Gesicht in der Szene, obwohl er gerade erst seine zweite WM erlebt - aber wer schon dreimal die sechs Meter überquert hat, der wird ungeachtet seines Alters geschätzt, als amtierender Europameister ohnehin. Frankreichs Renaud Lavillenie war in der Qualifikation überraschend gescheitert. Duplantis musste sich so im Finale am Ende nur noch Sam Kendricks, Titel-Verteidiger aus den USA, und dem Polen Piotr Lisek, WM-Zweiter von 2017, erwehren. Deutschlands Bo Kanda Lita Baehre und Ex-Weltmeister Raphael Holzdeppe guckten da schon zu, sie wurden Vierter und Sechster.

Die 5,92 Meter gelangen Duplantis im letzten Versuch, da gab es von Kendricks einen Stubser mit der Faust, man versteht sich ganz gut. Auch die 5,97 Meter sicherte er sich in letzter Not, er streifte die Latte mit der Brust, sie wackelte gehörig. Diesmal kam Lisek zum Kuscheln vorbei, der Pole hatte sich mittlerweile auf den Bronzerang verabschiedet. Kendricks oder Duplantis war schließlich die Frage des Abends. Weil er sich weniger Fehlversuche geleistet hatte, siegte schließlich der Amerikaner mit 5,97 Metern. Das Medaillentrio lag dann nach dem finalen Sprung zusammen auf der Matte und vollführte synchron einen Salto. Die launigste Vorstellung der bisherigen Weltmeisterschaft.

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Quelle:
SZ vom 02.10.2019
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