Leichtathletik-WM:Eine Regentin und fünf Thronanwärter

Leichtathletik-WM: Dreimal Gold? Weitspringerin Malaika Mihambo, 200-Meter-Sprinter Erriyon Knighton und Hochspringerin Jaroslawa Mahutschich (v.l.).

Dreimal Gold? Weitspringerin Malaika Mihambo, 200-Meter-Sprinter Erriyon Knighton und Hochspringerin Jaroslawa Mahutschich (v.l.).

(Foto: Imago/Bearbeitung: SZ)

Sechs Gesichter, die man bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften gesehen haben sollte - auch wenn TV-Zuschauer dafür lange wach bleiben müssen.

Von Karoline Kipper

Die Königin

Natürlich trägt die aktuelle Olympiasiegerin und Europameisterin Malaika Mihambo auch bei der WM in Eugene die Krone der Titelverteidigerin. Die dreimalige Sportlerin des Jahres ist die größte deutsche Hoffnung auf eine Goldmedaille. Bei einer Jahresweltbestleistung von 7,09 Meter schien ihr auch dieses Jahr niemand in die Quere zu springen - bis zum 9. Juli. Da setze die Australierin Brooke Buschkuehl 7,13 Meter in den Sand.

Leichtathletik-WM: Malaika Mihambo

Malaika Mihambo

(Foto: Laci Perenyi/Imago)

In Eugene starten vier weitere Athletinnen, die an die Sieben-Meter-Marke heranspringen können. Der Wettkampf verspricht spannend zu werden. Mihambo ist Favoritin, aber eben keine Topfavoritin. Trotzdem sollte man auch in Eugene mit der 28-Jährigen rechnen. Zu Beginn der Saison war Mihambo optimistisch, an ihre persönliche Bestleistung heranzuspringen. Mit 7,30 Meter wie 2019 in Doha würde sie alle hinter sich lassen.

Die Anwärterin

Leichtathletik-WM: Kristin Pudenz

Kristin Pudenz

(Foto: Axel Kohring/Beautiful Sports/Imago)

Bei den deutschen Meisterschaften übertraf Kristin Pudenz ihre persönliche Bestleistung und schleuderte den Diskus das erste Mal über 67 Meter. Bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr bewies die Potsdamerin mentale Stärke und wurde Zweite. Die Siegerin von Tokio, Valarie Allman (USA), gilt auch bei ihrer Heim-WM als Topfavoritin. Mit einer Bestleistung von mehr als 70 Metern sollte sie die Konkurrenz in Schach halten. Pudenz entmutigt das nicht: "Wer sich in Deutschland durchsetzt, ist eigentlich auch international Konkurrenzfähig, bis zu den Medaillenplätzen", sagt sie. Das zeigt sich auch daran, dass mehr deutsche Diskuswerferinnen die WM-Norm geschafft haben, als starten dürfen. Durchgesetzt haben sich letztlich neben Pudenz auch Shanice Craft und Claudine Vita. Falls es alle drei in den Endkampf schaffen würden, wäre das ein schöner, aber nicht überraschender Erfolg.

Der Kronprinz

Leichtathletik-WM: Erriyon Knighton

Erriyon Knighton

(Foto: Steph Chambers/AFP)

Im Vergleich zu seinen Konkurrenten im 200-Meter-Sprint wirkt Erriyon Knighton fast schlaksig. Mit gerade einmal 18 Jahren ist der US-Amerikaner noch ein Stück weg vom besten Sprinteralter. Seine Leistungen verheißen aber bereits jetzt Großes: Knighton hat in dieser Saison nicht nur den Juniorenweltrekord aufgestellt, gleich sieben der zehn schnellsten Nachwuchszeiten stammen von ihm - die anderen drei von Usain Bolt. Seine 19,49 Sekunden machen Knighton auch bei den "Großen" zum Viertschnellsten 200-Meter-Sprinter der Geschichte. Knapp dahinter lauert Konkurrent Noah Lyles, der zumindest in Sachen Selbstinszenierung in die Fußstapfen von Usain Bolt tritt. Lyles könnte bei dieser WM noch die Nase vorn haben, für ihn sprechen die Wettkampferfahrung sowie sein Sieg bei den US-Meisterschaften.

Die Botschafterin

Leichtathletik-WM: Jaroslawa Mahutschich

Jaroslawa Mahutschich

(Foto: Federico Pestellini/PanoramiC/Imago)

Wenn die ukrainische Hochspringerin Jaroslawa Mahutschich dieses Jahr gepasst hätte, wäre sie entschuldigt gewesen. Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine floh die 20-Jährige mit dem Auto ins 2000 Kilometer entfernte Belgrad - direkt zur Hallenweltmeisterschaft in der serbischen Hauptstadt. Trotz der Strapazen siegte Mahutschich mit übersprungenen 2,02 Metern. Sie habe nicht für sich, sondern für die ganze Ukraine gewonnen, um zu zeigen, dass sie die Stärksten der Welt seien, sagte die Hallenweltmeisterin danach im Stil einer Botschafterin. In Eugene geht Mahutschich als Favoritin an den Start, auch weil Konkurrentin Maria Lasitskene nicht dabei ist. Russland und Belarus sind vom Weltverband World Athletics wegen des Angriffs auf die Ukraine von allen Veranstaltungen ausgeschlossen. Mahutschich begrüßt die Entscheidung, ihre gute Beziehung zu Lasitskene liegt seit dem 24. Februar, dem Tag des Kriegsbeginns, auf Eis.

Der Nachtflieger

Leichtathletik-WM: Bo Kanda Lita Baehre

Bo Kanda Lita Baehre

(Foto: Soeren Stache/dpa)

5,90 Meter und zwei Mal persönliche Bestleistung: So lautete die Bilanz von Bo Kanda Lita Baehre bei den deutschen Meisterschaften. Der Kamera teilte der 23-Jährige daraufhin mit: "Don't sleep on me!" Leider werden das viele Zuschauer hierzulande zumindest bei den Weltmeisterschaften in Eugene wohl tun, seine Leistungen verschlafen, denn der Stabhochsprung der Männer findet in der Nacht zum 25. Juli um 2.25 Uhr deutscher Zeit statt. Neben dem Deutschen wird womöglich auch ein neuer Weltrekord verschlafen. Der Schwede Armand "Mondo" Duplantis fliegt in abenteuerlichen Höhen, bereits mit 19 Jahren übersprang er bei der Europameisterschaft in Berlin 6,05 Meter. Der Freiluftweltrekord liegt mittlerweile dank Duplantis bei 6,16 Meter, der in der Halle sogar noch vier Zentimeter höher. Mit erst 22 Jahren hat Duplantis schon fast alles gewonnen, der WM-Titel ist der einzige, der ihm in seiner beeindruckenden Sammlung noch fehlt.

Der Herausgeforderte

Leichtathletik-WM: Karsten Warholm

Karsten Warholm

(Foto: Michael Sohn/AP)

Läuft er oder läuft er nicht? Seit zehn Monaten hat Karsten Warholm, Weltrekordhalter über 400 Meter Hürden (45,94 Sekunden), nun schon kein Rennen mehr absolviert. Zuletzt musste der Norweger ein Rennen beim Diamond League Meeting in Rabat nach der ersten Hürde mit Oberschenkelproblemen abbrechen. In Eugene wird Warholm offenbar antreten, der Sieg ist ihm aber keineswegs sicher. Alison dos Santos, der 22-jährige Brasilianer, und Rai Benjamin aus den USA haben ebenso gute Chancen auf den WM-Titel. Letzterer hatte lange mit den Folgen einer Covid-19-Erkrankung zu kämpfen und hat ebenso wie Warholm Oberschenkelprobleme. Einen Weltrekord wie 2021 in Tokio, wo Warholm mit neuen Carbon-Spikes ein perfektes Rennen lief, wird es dieses Jahr wohl nicht geben, aber die Tatsache, dass der 26-Jährige überhaupt antritt, wertet den Wettbewerb auf.

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