Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:"90 Prozent trainiere ich hundertprozentig"

Die deutschen Leichtathleten hoffen bei der WM in Südkorea auf mehr als neun Medaillen. Die Voraussetzungen sind gut: Diskusmann Robert Harting ist in Form, Weitspringer Christian Reif ist mental ein Formel-1-Auto. Nur Hammerwerferin Betty Heidler kann mit Asien nichts anfangen. Ein Blick auf die deutschen Medaillenkandidaten.

Thomas Bierling

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Leichtathletik-DM - Stabhochsprung

Quelle: dpa

Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop, hofft bei den am Samstag beginnenden Weltmeisterschaften (27. August bis zum 4. September) im südkoreanischen Daegu auf mindestens neun Medaillen - und damit ein besseres Ergebnis als bei der WM 2009 in Berlin. "Die Hoffnung ist da, dass wir das Berliner Ergebnis zumindest erneut schaffen und eventuell sogar überbieten", sagte Prokop. Topfavoriten wie Speerwerferin Christina Obergföll, Diskuswerfer Robert Harting und Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler "müssen die Medaillen machen, wenn es normal läuft". Hinzu kommen zahlreiche weitere Edelmetall-Kandidaten. Die deutschen Favoriten im Überblick.

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Robert Harting (Diskuswerfen)

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Quelle: AP

Diskuswerfer Robert Harting ist einer der größten deutschen Medaillenfavoriten. Bei der Weltmeisterschaft 2009 in Berlin siegte er mit 69,43 Meter und übertraf diese Weite im vergangenen Jahr sogar (69,69 Meter). Bei der Vorbereitung behinderte ihn aber eine entzündete Patellasehne im linken Knie. "Ich trainiere 90 Prozent von dem, was ich könnte, aber diese 90 Prozent trainiere ich hundertprozentig", sagt der 26-Jährige. Um die Verletzung auszugleichen, hat sich der gebürtige Cottbuser ein spezielles Rezept überlegt: "Ich mache einfach, was ich will. Ich kann nicht mein ganzes Leben nach dem Werfen umstellen. Mal einen Donnerstagabend mit Freunden rumhängen, in eine Bar gehen, sich danebenbenehmen, die Bedienung bequatschen, das Lokal zerlegen und dann wieder gehen. Ich fühle mich wieder viel dynamischer. Ich glaube, dass ich so noch mehr Leistung bei der WM herausholen kann." Daher sei die Verletzung auch kein großes Problem: "Der Kopf ist gut in Form, und wenn der Kopf in Form ist, dann geht er über diese Punkte hinweg."

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Betty Heidler (Hammerwerfen)

Deutsche Meisterschaften der Leichtathletik

Quelle: dapd

Hammerwerferin Betty Heidler, 2007 Weltmeisterin und amtierende Europameisterin, hat im Vorfeld von Daegu ihre Rolle als größte deutsche Medaillenhoffnung eindrucksvoll gerechtfertigt: Erst im Mai warf sie in Halle an der Saale mit 79,42 Metern einen neuen Weltrekord. "Wenn ich so weit werfe wie die gesamte Saison, wird es wohl die Goldmedaille sein. Aber da spielen viele Faktoren eine Rolle. Man muss den Zeitunterschied hinbekommen, sich auf die klimatischen Bedingungen einstellen und vieles mehr", sagt Heidler. Die 27-jährige Berlinerin könnte im südkoreanischen Daegu die erste Frau werden, die weiter als 80 Meter wirft. Auch wenn sie mit asiatischen Ländern nicht viel anfangen kann: "Ich bin überhaupt kein Asien-Fan. Freiwillig würde ich da nicht hinfahren. Aber ich will dort ja auch keinen Urlaub machen." Aus dem Trainingslager auf der südkoreanischen Ferieninsel Jeju reiste Heidler auch prompt wieder ab, da sie wegen einem Hügel in der Hammerwurfanlage nicht richtig trainieren konnte.

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Martina Strutz (Stabhochsprung)

Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften - Martina Strutz

Quelle: dpa

Stabhochspringerin Martina Strutz nahm vor der Saison zehn Kilo ab und springt nun höher denn je. Im Juli erzielte die 29-Jährige die Weltjahresbestleistung und den deutschen Rekord - 4,78 Meter. In Kassel holte sie sich den Meistertitel vor Silke Spiegelburg mit 4,65 Metern. Dass sie als WM-Favoritin gilt, lässt die Schwerinerin kalt. "Wenn ich so stabil springe, ist alles offen", sagt Strutz. Inzwischen hat sie die Rolle der Topfavoritin ohnehin an die Amerikanerin Jennifer Suhr verloren, die Ende Juli 4,91 Meter hoch sprang.

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Silke Spiegelburg (Stabhochsprung)

Deutsche Leichtathletikmeisterschaften

Quelle: ddp

2011 war bislang ein gutes Jahr für die für Leverkusen startende Stabhochspringerin Silke Spiegelburg, 25. Sowohl in der Halle (4,76) als auch unter freiem Himmel (4,75) steigerte sie ihre persönlichen Bestleistungen. Jahrelang galt sie als die begabteste deutsche Stabhochspringerin, vor allem, weil sie als Juniorin höher sprang als die Russin Jelena Issinbajewa im gleichen Alter. Issinbajewa hält heute den Weltrekord im Stabhochsprung. Als sie 2009 in Berlin entgegen dem Rat ihres Trainers eine falsche Einstellung der Sprunganlage wählte und deswegen nur auf dem vierten Platz landete, weinte sie hemmungslos und war kaum zu beruhigen. Richtig erfolglos war Spiegelburg nie, richtig erfolgreich aber auch nicht. Außer sie schafft es in Daegu wieder, wie in der Jugend, alle anderen hinter sich zu lassen.

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Malte Mohr (Stabhochsprung)

111. Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften

Quelle: dpa

Sollte Malte Mohr in Daegu keine Medaille gewinnen, steht der Schuldige bereits fest: der DLV. Die Vorbereitung auf der Urlaubsinsel Jeju behagt dem Stabhochspringer gar nicht: "Ich bin Gegner von solchen Situationen hier. Es ist zwar sehr schön hier mit dem Meer, aber im Prinzip langweile ich mich den ganzen Tag zu Tode. Das ist nicht die Motivation oder die Power, die ich eigentlich mitnehmen wollte in eine WM. Die geht dann hier ein bisschen verloren", sagte der für die LG Stadtwerke München startende Bochumer. Dabei wird er Power benötigen, um einen der drei vor ihm Liegenden in der Weltjahresbesten-Liste bei der WM zu besiegen.

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Jennifer Oeser (Siebenkampf)

Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften

Quelle: dpa

Die Siebenkämpferin Jennifer Oeser hat sich in diesem Jahr besonders im Weitsprung und über die 100 Meter Hürden gesteigert und neue persönliche Bestleistungen erzielt (6,68 Meter/13,37 Sekunden). Bei der vergangenen Weltmeisterschaft in Berlin 2009 gewann sie nach einem dramatischen Finale die Silbermedaille. Vor dem abschließenden 800-Meter-Lauf lag sie souverän auf dem zweiten Platz, stürzte aber nach 350 Metern. "Ich habe vorher gesagt, mich kann nur noch ein Sturz stoppen. Und schwups - da lag ich", sagte Jennifer Oeser. Doch die Polizeiobermeisterin vom TSV Bayer 04 Leverkusen rappelte sich wieder hoch und erkämpfte sich den zweiten Platz zurück. "Ich bin aufgestanden und wieder gerannt. Die Zuschauer haben mich nach vorne geschrien." Wolfgang Kühne, der Siebenkampf-Bundestrainer, sagt über ihre Chancen in Daegu: "Von Platz eins bis fünf ist für sie alles möglich."

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Christina Obergföll (Speerwerfen)

111. Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften

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Der große internationale Sieg fehlt Christina Obergföll bisher. Zwar hat sie schon einige Medaillen gewonnen (Silber bei der WM 2005 und 2007, Bronze bei den Olympischen Spielen 2008), aber eine Goldene war nicht dabei. "Ich hatte im Vorfeld immer weit geworfen und war die große Titelhoffnung, aber dann hatte es nie geklappt. Aber das ist Vergangenheit", sagt Obergföll. Damit es in Daegu besser läuft, trainiert sie mit einer speziellen Maschine ihres Ausrüsters, an der sie die Speerwurfbewegung mit Gewichten üben kann. Seitdem wirft sie so konstant wie selten in ihrer Karriere. "Ich will eine Jahresbestleistung oder eine persönliche Bestleistung aufstellen, was ich in den vergangenen Jahren beim Saisonhöhepunkt nicht hingekriegt habe", sagt sie. "Wenn ich mit persönlicher Bestleistung dann Zweite oder Dritte werde, dann bin ich voll zufrieden." Mit der Weltrekordlerin Barbora Špotáková aus Tschechien hat die aus dem Schwarzwald stammende 30-Jährige jedoch eine starke Rivalin im Kampf um die Goldmedaille.

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Christian Reif (Weitsprung)

Deutsche Meisterschaften der Leichtathletik

Quelle: dapd

Der Europameister von 2010 in Barcelona musste sich bei der diesjährigen deutschen Meisterschaft seinem Konkurrenten Sebastian Bayer geschlagen geben. Für die WM in Daegu hat sich Reif dennoch eine Medaille vorgenommen. "Es nutzt ja nichts, die Ziele künstlich klein zu halten", sagt der 26-Jährige aus Speyer. Dabei liegt er in der Weltjahresbestenliste derzeit nur auf Platz elf mit 8,26 Meter.

Unnötigen geistigen Ballast versucht Reif nicht mehr mitzuschleppen, seitdem der Sportstudent in einer Vorlesung bei dem Sportpsychologen Hans Eberspächer an der Uni Heidelberg war. Der stellte die einfache Frage: "Warum haben Formel-1-Autos keine Anhängerkupplung?"

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Matthias de Zordo (Speerwerfen)

Deutsche Meisterschaften der Leichtathletik

Quelle: dapd

Auf Rang vier liegt Matthias de Zordo in der Liste der Weltjahresbesten, hinter dem Russen Sergej Makarow, dem Letten Vadims Vasilevskis und dem scheinbar unbesiegbaren Weltmeister und Olympiasieger Andreas Thorkildsen aus Norwegen. Dabei reichte de Zordo bei der WM in Barcelona mit 87,81 Meter schon knapp an Thorkildsen (damals 88,37 Meter) heran. Ein Sieg des Linkshänders aus Saarbrücken in Daegu käme jedoch einer Sensation gleich.

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Nadine Müller (Diskuswerfen)

Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften

Quelle: dpa

Nadine Müller hat bei der Deutschen Meisterschaft bewiesen, dass mit ihr für die WM zu rechnen ist. Überlegen siegte die 25-jährige aus Halle an der Saale mit 63,41 Metern nach 2009 und 2010 zum dritten Mal in Serie. "Die guten Weiten machen einen locker im Kopf", sagt Müller. Mit einer Körpergröße von 1,93 Metern und einer Armspannweite von mehr als zwei Metern bringt sie die idealen Voraussetzungen mit, um den Diskus auf einem möglichst langen Weg zu beschleunigen. Das weiß auch Müller, die sagt: "Ich habe ganz schön lange Flügelchen." 

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Leichtathletik-WM: Deutsche Favoriten in Daegu:Sabine Krantz (Gehen)

Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften - Sabine Krantz

Quelle: dpa

Beinahe wäre Sabine Krantz die traurigste Favoritin der WM in Daegu geworden. Wegen eines Formfehlers des Deutschen Leichtathletik-Verbandes wurde die Weltklasse-Geherin nicht für die WM zugelassen. Die 30-Jährige hatte am 11. Juni bei der Deutschen Straßen-Meisterschaft in Erfurt die A-Norm über 20 Kilometer unterboten. Doch weil der Verband ein notwendiges Formular zur Zertifizierung des Wettkampfs nicht rechtzeitig beim Weltverband eingereicht hatte, wurde ihre Leistung zunächst nicht als Qualifikationsergebnis anerkannt. DLV-Präsident Clemens Prokop setzte sich daraufhin in einem Schreiben an die IAAF für den WM-Start der Potsdamerin ein, der diesem schließlich zustimmte.

© sueddeutsche.de/thob
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