Malaika Mihambo:Sie springt ab und segelt einfach weiter

Diamond League

Erstmals die Sieben-Meter-Marke übertroffen: Malaika Mihambo bei der Diamond League in Rom.

(Foto: dpa)
  • Malaika Mihambo ist auf dem Weg an die Weltspitze des Weitsprungs.
  • 7,07 Meter springt die 25-jährige Deutsche beim Diamond-League-Meeting in Rom.
  • So weit ist in dieser Saison noch niemand gekommen.

Von Johannes Knuth

Diesmal war alles ein wenig anders. Wie es sich eben gehört, wenn man als Sportler eine Schallmauer einreißt, an der man sich jahrelang den Kopf grün und blau gestoßen hat. Diesmal hatte es den Anschein, als würde die Weitspringerin Malaika Mihambo nicht einfach nur kraftvoll abspringen und irgendwann in die Sandgrube plumpsen, so wie Tausende Male zuvor in ihrem Sportlerleben. Diesmal wirkte es so, als würde sie gegen Ende ihres Sprungs noch eine Weile weitersegeln - als habe ihr Sprung eine zweite Luft bekommen.

Mihambo ordnete diesen Sprung, den sie zuletzt beim Diamond-League-Meeting in Rom in die warme Abendluft gemalt hatte, später mit der ihr eigenen Bodenständigkeit ein: "Er war gut, kraftvoll, und ich hatte einen ganz guten Luftstand." Und das war noch ganz gut untertrieben. 7,07 Meter, so weit ist in dieser - freilich noch immer jungen Saison - weltweit noch niemand gekommen, auch nicht in dem erlesenen Feld in Rom, in dem Caterine Ibargüen aus Kolumbien als Zweite schon 20 Zentimeter früher landete. In Deutschland ist Mihambo auch erst die achte Springerin, die die sieben Meter überbietet. "Es war Zeit", sagte die 25-Jährige in Rom, "ich bin überglücklich." Was man selbst ihr, die auch nach guten Sprüngen ihre Freude gerne für sich behält, sofort angesehen hatte.

Im Wettkampf besser als im Training

Es gibt diese rauschhaften Abende in der Leichtathletik, da entflieht ein Athlet schon mal mit einem Ruck dem Gewöhnlichen, weil alles zusammenkommt, von der Tagesform bis zum Wetter. Aber Mihambos Weg an die Spitze ihres Sports erzählt weniger von diesem einen schillernden Moment, sondern was passiert, wenn ein großes Talent an eine kontinuierliche Lehre gerät. Sie kam als Elfjährige zum TSV Oftersheim in Nordbaden und Trainer Ralf Weber, der sie bis heute betreut, im echten Leben Lehrer ist und nie den Druck verspürte, mit Erfolgen seine Trainerkarriere ausschmücken zu müssen.

Er baute Mihambo behutsam auf, die schon immer die Gabe hatte, im Wettkampf besser zu sein als im Training, führte sie von Erfolgen in der Jugend fast nahtlos zu den Erwachsenen. Dort gewann sie 2016 EM-Bronze, sie wurde bei den Sommerspielen 2016 Vierte, mit 6,95 Metern. Zwei Jahre später der erste große Titel: Europameisterin in Berlin.

Warum sie vom Leichtathletik-Verband herabgestuft wurde

Dabei hatte der Deutsche Leichtathletik-Verband Mihambo kurz zuvor noch aus dem Olympiakader in die Perspektivauswahl herabgestuft, in die zweite Reihe also, auch in finanzieller Hinsicht. Mihambo war im Januar 2017 auf einer Treppe abgerutscht und hatte sich einen Gelenkerguss und ein Sesambeinödem im Fuß zugezogen, die Folgen machten ihr lange zu schaffen.

Dass der Verband eine schon damals verdiente Mitarbeiterin recht hastig zurückstufte, ärgerte ihren Trainer mächtig ("Das ist nicht die richtige Botschaft an die Athleten"); mittlerweile habe der DLV den Fehler immerhin eingesehen, die Förderung wieder aufgestockt. Aber ein emsiger Handel von Wissen und Trainingslehre, wie bei den deutschen Speerwerfern etwa, werde bei den Weitspringerinnen nach wie vor kaum gepflegt, sagt Weber heute. Wobei es ja auch immer so gewesen war: Mihambo und ihr Trainer hatten sich stets etwas fernab der etablierten Pfade Richtung Weltspitze aufgemacht, und diese Route war ja nie die schlechteste gewesen.

"An Reife und Selbstbewusstsein gewonnen"

Sie haben zuletzt zum Beispiel die früh im Jahr terminierten Trainingslager des DLV ausgelassen, dafür in Ruhe an Feinheiten getüftelt. Mihambo war in den vergangenen Jahren etwas kraftschonender und flacher abgesprungen, als Spätfolge ihrer Verletzung - dafür lief sie schneller an, um den Verlust an Sprungkraft auszugleichen. Mittlerweile könne sie wieder kraftvoller abheben, sagt Weber, gepaart mit dem schnellen Anlauf seien dann Sätze wie nun in Rom möglich. Ansonsten habe er festgestellt, dass Mihambo "schon noch mal an Reife und Selbstbewusstsein gewonnen hat". Früher habe sie gesagt: Wer älter und etablierter sei als sie, darf auch mal besser sein. "Jetzt ist es ihr schon wichtig, die Nummer eins in der Welt zu sein", sagt Weber. "Und das will sie auch bleiben."

Aber sonst? Ist Mihambo dem treu geblieben, was sich bewährt hat: ihrem Verein, ihrem Umfeld, der ruhigen, gewissenhaften Vorbereitung, die sie an diesem Freitag zum Anhalt-Meeting nach Dessau, nach Berlin und bald in eine Trainingspause führt; dann beginnen die Generalproben für die WM Ende September. Malaika Mihambo befindet sich noch immer am Anfang von etwas Größerem, so hat es manchmal den Anschein - in dieser langen Saison und überhaupt.

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