Leichtathletik:Kenias Athleten wollen "Blutsauger" loswerden

Kenyan athletes occupy Athletics Kenya HQ to protest

Neuanfang? Kenias Leichtathleten protestieren gegen unter Korruptionsverdacht stehende Funktionäre.

(Foto: Dai Kurokawa/dpa)
  • Funktionäre des kenianischen Leichtathletikverbands AK stehen unter Korruptionsverdacht.
  • 60 Athleten besetzten nun die Verbandszentrale, um gegen den Vorstand zu demonstrieren.
  • Sie befürchten einen Ausschluss. Womöglich sind jedoch manche Athleten selbst ein Teil des Problems.

Von Johannes Knuth

Die Tore waren verschlossen. Zugesperrt von Athleten, die das "Riadha House", die Kommandozentrale des kenianischen Leichtathletikverbands, am Montag in Nairobi besetzt hatten. 60 Athleten, darunter der ehemalige Marathon-Weltrekordhalter Wilson Kipsang, harrten im Innenhof aus, sie sangen, diskutierten, trugen Plakate. "Es ist Zeit für Gerechtigkeit. Die Korrupten müssen gehen", stand auf einem. Auf einem anderen: "Genug ist genug für die Blutsauger."

Einige der vermeintlich korrupten Blutsauger standen ein wenig ratlos vor dem Gebäude. Den größten Zorn hatte die Prominenz aus dem Verband auf sich gezogen, Isaiah Kiplagat, der Präsident, David Okeyo, sein Stellvertreter, Joseph Kinyua, ehemals Schatzmeister. Sie sollen rund 650 000 Euro an Sponsorengeldern auf ihre privaten Konten umgeleitet haben, angeblich seit 2003. Okeyo vertritt Kenia im Council des Leichtathletik-Weltverbands IAAF, er streitet alles ab, wie auch Kiplagat. Letzterer musste laut Berichten lokaler Medien am Montag ein Treffen in der besetzten Zentrale absagen, sein Verband wollte ihn eigentlich im Amt bestätigen.

"Diejenigen, die den Schmerz des Laufens kennen"

Die Hausbesetzer hatten ihr Votum längt gefasst. Sie warfen Kiplagat einen "gescheiterten Führungsstil" vor; er habe es versäumt, ein engmaschiges Anti-Doping-Netz zu knüpfen, weshalb sich zuletzt ein Generalverdacht über Kenias Ausdauerleister gelegt habe.

Viele fürchten, dass die IAAF den kenianischen Verband wegen systematischen Versagens bald aus der Leichtathletik-Familie verstoßen könnte, wie zuletzt Russland. "Wir wollen, dass jetzt ehemalige Athleten das Sagen haben. Diejenigen, die den Schmerz des Laufens kennen", forderte Athletensprecher Julius Ndegwa. Nicholas Bett, der bei der WM im August über 400 Meter Hürden Silber gewonnen hatte, teilte via Facebook mit: "Wir brauchen einen Wechsel."

Es rumort in Kenias Leichtathletik. Ihre Ausdauerkönner gewannen zuletzt bei der WM in Peking zwar die Medaillenwertung, sie haben in den vergangenen zwei Jahren aber auch knapp 40 positive Tests verursacht. Richard Pound, der jene Kommission lenkte, die vor Kurzem Russlands Systemdoping freilegte, attestierte Kenia "echte Probleme" im Anti-Doping-Kampf. Wobei sich schwer überprüfen lässt, ob Kenias Funktionäre das Problem stets geschmeidig umtanzten, oder ob sie im Land nicht doch ein paar ernstere Probleme haben und die IAAF sie bei der Dopingjagd früher hätte unterstützen müssen.

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