Süddeutsche Zeitung

Istaf in Berlin:Reif für die Insel

Konstanze Klosterhalfen läuft beim Istaf in Berlin ihr erstes Rennen über 1500 Meter seit zwei Jahren - nach der zehrenden Olympia-Saison überwiegt bei den Leichtathleten die Sehnsucht nach Urlaub

Von Saskia Aleythe

Auch im September kann man noch einen knackigen Endspurt hinlegen. Der Herbstmonat ist zwar unverdächtig, regelmäßig Höchstleistungen aus den Körpern der Leichtathleten zu kitzeln, nachdem sie die meiste Energie im Sommer bei den Höhepunkten gelassen haben - aber manchmal geht doch noch was. Und so kam es, dass im 1500-Meter-Rennen beim Istaf in Berlin Katharina Trost auf den letzten Metern als beste Deutsche auf Rang vier ins Ziel spurtete, in persönlicher Bestzeit. Vorbei an Konstanze Klosterhalfen, die in 4:05,26 Minuten fast sechs Sekunden über ihrer Bestmarke blieb. Und das war ein ungewohnter Anblick.

Überholt hatte Klosterhalfen auf deutschem Terrain früher stets die anderen, sie ist eine, für die in den Statistiken gewühlt wird: Vor 771 Tagen war sie zum letzten Mal in Deutschland am Start gegangen, dann hatte die 24-Jährige ihren Weg in die USA eingeschlagen, es kamen eine Pandemie und Verletzungen dazwischen, sie lief wenige Rennen. Vor allem keine 1500 Meter mehr, sie sollte sich an die 10 000 Meter heranwagen, die sie bei Olympia als respektable Achte beendete. Ans Herz gewachsen ist Klosterhalfen diese Distanz nicht.

Nun also Berlin, und nach zwei Jahren wieder ein Rennen über 1500 Meter: Das sei jetzt schon fast wie ein Sprint für sie, sagte Klosterhalfen im ZDF. Sie muss sich erst wieder herantasten, in Berlin war sie auf der letzten halben Runde eingebrochen und musste beißen bis ins Ziel. "Ich werde auf jeden Fall wieder mehr 1500 Meter laufen", kündigte sie an, "das ist immer noch meine Lieblingsstrecke." Vor allem aber einte sie mit vielen Athleten an diesem Tag im Olympiastadion die Freude, jetzt in den Urlaub zu können.

Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo freut sich auf "Zeit mit der Familie"

Die Strapazen hatten ihr in Tokio zugesetzt, nach ihrem Finallauf über 10 000 Meter machten ihr im Innenraum des Stadions Kreislaufprobleme zu schaffen. Sie fror, die Finger kribbelten und dann kamen auch die Tränen. Es war alles in allem zu viel, die Belastung, die Hitze, auch andere Athleten kämpften damit. Überhaupt, Olympia: Da war auch Gesa-Felicitas Krause an ihre Grenzen gegangen, hatte über 3000 Meter Hindernis eine ersehnte Medaille aber verpasst. Die Motivation hat sie danach nicht verlassen, in Berlin lief sie als Erste ins Ziel. Mit 9:26,00 Minuten nicht in einer überragenden Zeit, aber die Saisonsteuerung war ja auch nicht auf den September ausgelegt.

Das Istaf sei ihr 21. Wettbewerb in dieser Saison gewesen, berichtete Krause, "ich merke, dass mein Körper so langsam an eine Grenze kommt, und ich bin dann eben froh, wenn der Urlaub kommt. Den brauche ich einfach." Weitspringerin Malaika Mihambo kam nach ihrem 7-Meter-Satz zu Gold in Tokio in Berlin nur noch auf 6,70 Meter und wurde Zweite hinter der Britin Jazmin Sawyers. Auch am Körper der 27-Jährigen hatten die letzten Monate Spuren hinterlassen. Zuletzt plagte Mihambo eine Fersenprellung, diesmal knickte sie beim Springen um. "Jetzt freue ich mich auf die ruhige Zeit, die kommt, Zeit mit Familie und Freunden abseits der Laufbahn", sagte Mihambo.

Johannes Vetter beförderte den Speer noch mal auf 88,76 Meter und fuhr den nächsten Sieg seiner sehr dominanten Saison ein, in der ausgerechnet Olympia der große Ausrutscher nach unten war. Den stärksten Tag in Berlin erwischte Diskuswerferin Valarie Allman, die Olympiasiegerin aus den USA verbesserte mit 71,16 Metern die Weltjahresbestleistung und ihre persönliche Bestweite, Meeting-Rekord war es auch noch.

Nun steht erst mal Erholung an, doch die 20 000 Zuschauer im Stadion machten so manchem schon Vorfreude aufs kommende Jahr. "Mit Eugene habe ich doppeltes Heimspiel", sagte Konstanze Klosterhalfen, dort findet im Juli die WM statt, unweit ihres Trainingsstandorts. Und die EM in München nur ein paar Wochen später ist für viele deutsche Athleten ohnehin ein Highlight. Darüber kann man im Urlaub schon mal sinnieren.

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