Leichtathletik:"Das stinkt"

Während die Welt-Anti-Doping-Agentur neue aufsehenerregende Enthüllungen ankündigt, gerät Sebastian Coe, der englische Präsident des Leichtathletik-Weltverbands, wegen angeblicher Lobby-Arbeit vermehrt unter Druck.

Richard Pound, Vorsitzender der unabhängigen Untersuchungskommission der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, hat weitere aufsehenerregende Enthüllungen angekündigt. "Wenn wir die Informationen veröffentlichen, wird es einen Wow-Effekt geben", sagte Pound der britischen Zeitung The Independent: "Ich denke, die Menschen werden sagen, wie zur Hölle konnte das passieren? Es ist ein kompletter Verrat an all dem, was Verantwortliche im Sport eigentlich machen sollen."

Pound bezog sich auf den zweiten Teil des Untersuchungsberichts seiner Organisation, der voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres veröffentlicht werden soll. Dieser beschäftigt sich vor allem mit den Verstrickungen des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF in den Skandal.

Aufgrund der Hinweise der Kommission sind in Frankreich bereits gegen den ehemaligen IAAF-Präsidenten Lamine Diack sowie gegen weitere Beschuldigte Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Geldwäsche eingeleitet worden. Außerdem steht auch immer noch die Analyse einer von der ARD öffentlich gemachten IAAF-Datenbank mit 12 000 Blutwerten aus. Rund ein Siebtel der Proben soll Hinweise auf Doping geben.

Unterdessen gerät Sebastian Coe, der englische Präsident der IAAF, weiter unter Druck. Aus einer der BBC vorliegenden E-Mail geht hervor, dass Coe mit Vertretern des Sportartikelherstellers Nike die Bewerbung Eugenes diskutiert und versucht haben soll, seinen Vorgänger Diack von einer schnellen Entscheidung für die US-Stadt zu überzeugen. Mitte April war Eugene dann völlig überraschend und ohne Bewerbungsverfahren die WM 2021 zugesprochen worden, obwohl auch Göteborg Interesse gezeigt hatte.

Die Stadt im US-Bundesstaat Oregon ist Gründungsort der Firma Nike und liegt nur unweit des Hauptsitzes in Beaverton. Coe, damals IAAF-Vizepräsident, ist seit Jahren Marken-Botschafter des Unternehmens und soll dafür jährlich ein sechsstelliges Honorar bekommen. Björn Eriksson, der Präsident des schwedischen Verbandes, fordert deshalb eine Untersuchung der WM-Vergabe. "Das stinkt und muss untersucht werden", sagte er der BBC.

Coe, 59, hat unterdessen alle Vorwürfe zurückgewiesen. "Ich habe keine Lobbyarbeit für die Bewerbung Eugenes betrieben", ließ der zweimalige 1500-m-Olympiasieger mitteilen. Zudem sei er bis zur entscheidenden Sitzung des IAAF-Councils im April davon ausgegangen, dass es ein Bewerbungsverfahren gebe.

Die BBC berichtet außerdem, dass Coes Bewerbung um das Präsidentenamt der IAAF zu einem Drittel aus Steuergeldern bezahlt worden sein soll. Insgesamt seien umgerechnet rund 90 000 Euro an Coes PR-Team gezahlt worden.

An diesem Donnerstag trifft sich in Monte Carlo das IAAF-Council.

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