Leichtathletik-WM:Topfavorit Lyles gewinnt die 200 Meter

17th IAAF World Athletics Championships Doha 2019 - Day Five

Noah Lyles nach seinem Sieg.

(Foto: Getty Images)

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200 Meter, Männer: Topfavorit Noah Lyles (USA) hat bei der Leichtathletik-WM in Doha Gold über 200 m gewonnen. Der 22-Jährige lief im Khalifa-Stadion 19,83 Sekunden und ließ dem Kanadier Andre De Grasse (19,95) keine Chance. Bronze holte sich überraschend Alex Quinonez aus Ecuador (19,98). Titelverteidiger und Europameister Ramil Guliyev aus der Türkei wurde nur Fünfter (20,07).

Für Lyles, der sich in diesem Jahr bereits auf 19,50 Sekunden gesteigert hatte und damit zur Nummer vier der ewigen Weltbestenliste aufgestiegen ist, war der Weg zum Titel spätestens nach der Startabsage von 100-m-Weltmeister Christian Coleman frei. Doch selbst Coleman hätte sich gegen Lyles in dieser Form wohl schwer getan. Lyles gilt als Shootingstar der Sprinterszene und ähnelt in seinem Faible für Faxen Superstar Usain Bolt, der seine Karriere 2017 beendet hatte. Doch der Jamaikaner war nie sein Idol. "Denn es wäre falsch, jemanden auf ein Podest zu stellen und dann zu ihm aufzuschauen", sagte Lyles, nie um einen kessen Spruch verlegen, zuletzt: "Ich bin gekommen, um meine eigene Geschichte zu schreiben."

In Katar holte Lyles, der in seiner Lässigkeit eine Art Gegenentwurf zum verbissenen Coleman ist, jetzt seinen ersten großen Titel. Doch der Jungspund will mehr, viel mehr. "Meine Lebensziele sind groß", hatte er bereits im Vorjahr gesagt: "Ich werde alles, was in meiner Macht steht, dafür tun, Usain Bolts Rekorde zu schlagen." Der deutsche Meister Steven Müller (Friedberg-Fauerbach) war in der ersten Runde ausgeschieden.

800 Meter, Männer: Donavan Brazier (USA) hat bei der Leichtathletik-WM in Doha die Goldmedaille über 800 m gewonnen. Der 22-Jährige setzte sich nach einer beeindruckenden Vorstellung in 1:42,34 Minuten vor Amel Tuka (1:43,47/Bosnien und Herzegowina) durch. Bronze sicherte sich der Kenianer Ferguson Cheruiyot Rotich in 1:43,82 Minuten.

Brazier gehört dem umstrittenen Nike Oregon Project an. Dessen Chefcoach Alberto Salazar (61) war am Dienstag wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Regeln für vier Jahre gesperrt worden. Titelverteidiger Pierre-Ambroise Bosse (Frankreich) war im Halbfinale ausgeschieden. Der Weltjahresbeste und Topfavorit Nijel Amos (Botswana) trat wegen Achillessehnenproblemen kurzfristig im Vorlauf nicht an. Der deutsche Meister Marc Reuther (Frankfurt) war im Vorlauf ausgeschieden.

Hochsprung, Männer: Mateusz Przybylko stapfte kopfschüttelnd durch die Stadionkatakomben und zog sein Rollköfferchen hinter sich her. Die Dienstreise des Hochsprung-Europameisters zur WM in Doha war beendet, ehe sie richtig begonnen hatte. "Ich kann keine Worte dafür finden, was da gerade passiert ist", sagte der Leverkusener, nachdem er gerade mit indiskutablen 2,17 m in der Qualifikation ausgeschieden war: "Aber dieser Wettkampf beschreibt einfach genau meine Saison." Bei der EM in Berlin im Vorjahr war der 27-Jährige noch der große Abräumer gewesen, hatte im Finale den Alleinunterhalter gespielt, ein ganzes Stadion im Griff gehabt und als pures Emotionsbündel mit 2,35 m gesiegt. "Da war ich heiß wie Frittenfett und hatte Bock zu rocken", sagte Przybylko: "Jetzt bin ich zwar körperlich topfit, vom Kopf her aber gar nicht."

Przybylko hatte sich durch ein schier endloses WM-Jahr gemüht, "das hat sich wie Kaugummi gezogen". Doch irgendwie fehlte der Kick, den er herbeisehnte. Nach seinem mühsamen Sieg bei der DM - dort sprang er mäßige 2,22 m, in Doha scheiterte er dreimal an dieser Höhe - sprach Przybylko vom "Wurm im Kopf", der da festsitze. Vor einem Monat siegte er beim ISTAF erneut in Berlin mit 2,30 m. "Da dachte ich, dass der Wurm endlich draußen ist, der Knoten geplatzt", sagte Przybylko. In Katar war der Wurm aber wieder drin: Schon beim Einspringen merkte er, "das klappt heute gar nicht, ich komme nicht ins Laufen rein. Mein Trainer meinte, bau doch mal Spannung auf, die habe ich aber sogar gefühlt. Ich bin jetzt enttäuscht von mir und total durcheinander. Das war eine Wundertüte."

Eine solche ist Przybylkos ganze Karriere: Qualifikations-Aus bei der WM 2015 und Olympia 2016, WM-Fünfter 2017, Hallen-WM-Dritter und Europameister 2018, jetzt wieder die kalte Dusche. "2018 war mein Jahr. Aber 2019 als Europameister war die Erwartungshaltung bei den Leuten größer, mit dem Druck musste ich kämpfen und umgehen, das habe ich nicht wirklich geschafft", sagte Przybylko. Die maue Atmosphäre im Stadion von Doha habe dem Adrenalin-Liebhaber dann den Rest gegeben. "Ich weiß nicht, ob die Leute hier Geld dafür bekommen, ins Stadion zu gehen. Aber bei Olympia in Rio war es ähnlich. Da war es sogar noch schlimmer, weil die Zuschauer feindselig Sportlern anderer Nationen gegenüber waren, fast wie Hooligans", sagte Przybylko: "Aber Olympia in Tokio ist mein großer Traum, dafür gebe ich alles. Und da wird auch die Stimmung wieder schön sein."

3000 Meter Hindernis, Männer: Martin Grau (Erfurt) und Karl Bebendorf (Dresden) sind bei der Leichtathletik-WM in Doha im Vorlauf ausgeschieden. Der zweimalige deutsche Meister Grau kam in seinem Rennen trotz neuer Saisonbestleistung von 8:26,79 Minuten lediglich auf Platz zehn und blieb somit letztlich ebenso chancenlos wie der amtierende Titelträger Bebendorf, der im zweiten Vorlauf als Zehnter 8:32,58 Minuten lief. "Die Zeit ist gut, es ist Saisonbestleistung. Damit kann ich sehr gut leben", sagte Grau in der ARD. Letzter Deutscher im Hindernis-Finale war Ralf Assmus 2001 in Edmonton als Neunter, die einzigen Medaillen haben Patriz Ilg als Weltmeister 1983 und DDR-Läufer Hagen Melzer als Zweiter 1987 gewonnen. Titelverteidiger und Rio-Olympiasieger Conseslus Kipruto (8:19,20/Kenia) sowie der Jahresweltbeste Soufiane El Bakkali (8:17,96/Marokko) gaben sich keine Blöße.

5000 Meter, Frauen: Der Deutsche Leichtathletik-Verband will nach der Sperre für den US-Trainer Alberto Salazar wegen Anti-Doping-Verstößen das Gespräch mit seiner Ausnahmeläuferin Konstanze Klosterhalfen suchen. "Wenn man die genaue Faktenlage kennt, werden wir sicher das Gespräch mit der Athletin und ihrem Betreuerteam suchen, um abzustimmen, wie zukünftig das Trainingsumfeld sein wird", sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die 22 Jahre alte Klosterhalfen trainiert seit Herbst 2018 beim Oregon Project, allerdings nach ihren Aussagen nur beim Salazar-Assistenten Pete Julian. Project-Chefcoach Salazar ist von einem amerikanischen Schiedsgericht für vier Jahre gesperrt worden. Die Anti-Doping-Agentur der USA (USADA) gab die Entscheidung bekannt. "Das kam in dieser Heftigkeit überraschend, obwohl es immer wieder Vorwürfe und Gerüchte gab", sagte Kessing. "Dass man ihn so massiv aus dem Verkehr zieht, während die WM in Doha läuft, ist dramaturgisch gut gemacht."

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Muller Birmingham Grand Prix; Klosterhalfen

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:Der Totenkopf fliegt auf

Lauf-Trainer Alberto Salazar wird wegen Doping-Verstößen für vier Jahre gesperrt. Salazar ist Chefcoach des Nike Oregon Projects - wo die Deutsche Konstanze Klosterhalfen trainiert und seitdem noch schneller wird.

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