Leichtathletik:Deutschem Speerwerfer gelingt Sensationswurf

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Johannes Vetter beim Meeting in Luzern. (Foto: dpa)
  • Johannes Vetter wirft bei einem Wettkampf in Luzern den Speer auf 94,44 Meter.
  • Er ist damit der zweitbeste Werfer der Geschichte, seitdem der Speer verändert wurde. Nur Weltrekordler Jan Zelezny liegt in der ewigen Bestenliste noch vor dem Deutschen.
  • Würfe über 90 Meter sind in dieser Disziplin sehr selten. Vetter gelingen in Luzern gleich vier in sechs Versuchen.

Von Joachim Mölter, Luzern/München

Es klang nach einer zwanglosen Ortsbesichtigung, als der Speerwerfer Thomas Röhler am Sonntag nach den deutschen Meisterschaften in Erfurt von seinem nächsten Reiseziel sprach: Luzern. "Da waren wir noch nicht, aber wir wurden eingeladen, und dann schauen wir uns das mal an", erzählte Röhler, und mit "wir" meinte er sich und seinen Kollegen Johannes Vetter, der ihm gerade den deutschen Meistertitel abgenommen hatte. Am Dienstagabend duellierten sich die beiden erneut, in Luzern eben, und nun ist Röhler auch seinen deutschen Rekord los. Den hatte er erst vor zwei Monaten in Doha aufgestellt mit 93,90 Metern; diese Marke verschob Vetter jetzt auf 94,44.

Es war ein fulminanter Wettkampf, den der 24 Jahre alte Sportsoldat hinlegte, offenbar noch beflügelt von seinem ersten Titelgewinn am Sonntag. Da hatte er sich mit 89,35 zum wiederholten Mal der 90-Meter-Marke genähert, in Luzern übertraf er sie gleich im ersten Durchgang einer bemerkenswerte Serie: 90,75 - 91,06 - 93,06 - 94,44 - 89,50 - ungültig. "Ich war nach den ersten beiden Versuchen voller Adrenalin", berichtete Vetter: "Die 90,75 und 91,06 Meter sind erklärbar, die 93,06 weniger, und zu den 94,44 fällt mir nichts ein."

Würfe über 90 Meter hinaus sind eine Rarität, seit 1986 neue Speere eingeführt wurden als Reaktion auf die Fabelweite des Potsdamers Uwe Hohn von 104,80 Meter (1984). Vetter ist erst der vierte deutsche 90-Meter-Werfer nach Röhler, dem Magdeburger Raymond Hecht (92,60/ 1995) und Boris Obergföll (90,44/1997). Von Letztgenanntem wird Vetter seit drei Jahren in Offenburg trainiert. "Ich war der Meinung, dass ich mich da am besten weiterentwickeln kann", erklärt der gebürtige Dresdner seinen Wechsel. Unter Anleitung des mittlerweile als Bundestrainer tätigen Obergföll hat sich Vetter bislang um 15 Meter verbessert.

Noch seltener als ein 90-Meter-Wurf kommt es vor, dass ein Athlet gleich vier 90-Meter-Würfe in einem Wettkampf schafft. Nur der Tscheche Jan Zelezny hat vor 20 Jahren in Stellenbosch (Südafrika) mal fünf 90-Meter-Weiten auf einen Schlag hingekriegt; der Weltrekordler (98,48) ist auch der einzige, der je weiter gekommen ist als Vetter. Wie hoch dessen Leistung einzuschätzen ist, kann man auch am Zweitplatzierten von Luzern abmessen: Röhlers 89,45 Meter hätten bei allen globalen Titelkämpfen seit 2001 zu Gold oder Silber gereicht.

Zur WM vom 4. bis 13. August in London fahren der Olympiasieger Röhler und der Olympia-Vierte Vetter als größte Titelkandidaten des 71 Athleten (32 Männer, 39 Frauen) umfassenden Teams des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Dabei ist auch der Mannheimer Alexander Hoffmann, Dritter der Weltjahresbestenliste mit 88,79 Metern. "Wir sind ein gutes Team, das ist der Grund für unseren Erfolg", sagt Vetter. In London erwartet das Trio eine geschlossene, windgeschützte Arena. "Da kann man meistens die fairsten Wettbewerbe erleben", sagt Röhler, "aber vielleicht nicht die weitesten Würfe." Dafür gibt es kleine, offene Stadien wie in Luzern. Sich das mal anzuschauen, hat sich gelohnt.

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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