Farah gegen Gebrselassie:Diebstahl, Körperverletzung, Zechprellerei

The Great North Run; Gebrselassie Farah

Fliegt da etwa schon der Fehdehandschuh? Mo Farah (links) und Haile Gebrselassie bei einem Rennen im Herbst 2013 in England.

(Foto: Nigel Roddis/Getty Images)
  • Die beiden Läufer und mehrfachen Olympiasieger Mo Farah und Haile Gebrselassie liefern sich einen bizarren Streit.
  • Angefangen hatte den Zwist der Brite, der auf einer Pressekonferenz wegen des London-Marathons von seiner Enttäuschung gegenüber dem Äthiopier sprach.
  • Inzwischen sind die Anwälte beider Parteien eingeschaltet.

Von Joachim Mölter

Ursprünglich hatte der britische Läufer Mo Farah vorgehabt, beim London-Marathon an diesem Sonntag den Kenianer Eliud Kipchoge herauszufordern, seines Zeichens Olympiasieger und Weltrekordinhaber auf der 42,195 Kilometer langen Distanz mit seinen 2:01:39 Stunden, die er im vorigen September in Berlin gerannt ist. Aber dann hat der aufgrund seiner vielen sportlichen Erfolge zum Sir geadelte Farah am Mittwoch beschlossen, sich doch lieber mit einem anderen Läufer anzulegen, nämlich mit dem Äthiopier Haile Gebrselassie.

Nun sind Dinge im Gespräch wie Zechprellerei, Einbruch, Diebstahl und Körperverletzung, und würden diese gegenseitigen Vorwürfe nicht so schwer wiegen, könnte man den Eindruck gewinnen, dass da zwei Kleinkinder im Sandkasten um Eimerchen und Schäufelchen balgen. Oder dass zwei halbstarke Teenager zanken, wer denn nun der Stärkere ist. Oder auch, dass da zwei alte, eitle Männer streiten, wer der erfolgreichere ist. Auf der einen Seite Mo Farah, viermal Olympiasieger und sechsmal Weltmeister, je zur Hälfte über 5000 und 10 000 Meter; in der anderen Ecke Haile Gebrselassie, bloß zweimal Olympiasieger und viermal Weltmeister über 10 000 Meter, dafür aber auch 27-mal Weltrekordler auf diversen Distanzen.

Was man bislang sicher sagen kann: Mit dem Streiten angefangen hat Mo Farah. Der hat auf der obligatorischen Pressekonferenz vor dem Rennen durch London plötzlich losgeledert gegen den abwesenden Gebrselassie, ungefragt von Journalisten. Er sei enttäuscht von dem Äthiopier, weil der ihm nicht geholfen habe, als er neulich während seines Trainingslagers in dessen Hotel in Addis Abeba bestohlen worden sei. Nach Farahs Angaben ging es um etwa 3000 Euro in vier verschiedenen Währungen, zwei Mobiltelefone sowie eine teure Uhr, ein Geschenk seiner Frau - alles sei während seines morgendlichen Lauftrainings aus dem Hotelzimmer entwendet worden. Und es sei zu allem Übel auch noch am 23. März passiert, seinem 36. Geburtstag. "Ich will, dass er die Verantwortung dafür übernimmt, dass ich meine Sachen zurückbekomme", sagte Mo Farah.

"Er hat einen Anwalt, wir haben einen Anwalt, jetzt wird der Kampf beginnen"

Nur zwei Stunden später konterte Gebrselassie, für seine Verhältnisse ungewohnt scharf, mit einer schriftlichen Erklärung aus Addis Abeba. Darin erklärte der 46-Jährige zum einen, dass Farah verzichtet habe, seine Wertsachen in einem Safe zu deponieren, und zum anderen, dass die Ermittlungen der Polizei wegen des Diebstahls ergebnislos verlaufen seien. Außerdem bezichtigte er den Briten, die sowieso schon um die Hälfte ermäßigte Hotelrechnung in Höhe von 2600 Euro nicht bezahlt zu haben. Des weiteren sollen sich Farah und seine Begleiter im Hotel mehrmals daneben benommen haben - unter anderem sei der Athlet im Fitnessraum tätlich geworden gegen ein Ehepaar. Nur dank seiner Fürsprache, so stellt es Gebrselassie dar, habe die Polizei nicht weiter wegen Körperverletzung ermittelt. Zu guter Letzt habe Farah dann auch noch versucht, ihn unter Druck zu setzen und in einer Textnachricht gewarnt, "was es für einen Einfluss auf dein Ansehen und dein Geschäft haben wird", wenn er vor dem London-Marathon über die Sache sprechen werde. Der englischen Zeitung The Guardian sagte Gebrselassie: "Ich bin sehr traurig. Ich habe diesen Menschen geliebt, aber jetzt versucht er, meinen Ruf zu zerstören."

Es dauerte nicht lange, bis Farah auf die Anschuldigungen reagierte. Er ließ einen Sprecher mitteilen, dass Gebrselassies Darstellung nur davon ablenken solle, "dass Hotelangestellte einen Zimmerschlüssel benutzt haben, um Geld und Gegenstände aus Mo Farahs Raum zu stehlen". Auch habe sich der Zwischenfall im Fitnessraum anders zugetragen als von Gebrselassie behauptet: Farah sei provoziert worden und habe sich nur verteidigt.

Wie auch immer sich das alles zugetragen haben mag: Der Streit der beiden prominenten Läufer dürfte eskalieren. Farah fordert angeblich mittlerweile einen Schadenersatz in Höhe von umgerechnet 15 500 Euro, und Gebrselassie will nicht zahlen. "Er hat einen Anwalt, wir haben einen Anwalt, jetzt wird der Kampf beginnen", sagt der Äthiopier: "Und einer von uns wird der Sieger sein."

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