Leben im Olympischen Dorf:Bett, Nachttisch, Schrank

Der globalste Ort der Welt - das Olympische Dorf in London: 15.000 Athleten wohnen spartanisch, verzieren ihre Balkone mit Fahnen oder Strandbildern. Und treffen Berühmtheiten der Spiele in der Mensa. Ein Besuch bei den deutschen Schwimmerinnen Daniela Schreiber und Lisa Vitting.

Jürgen Schmieder, London

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Olympia 2012 London Olympisches Dorf

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Der globalste Ort der Welt - das Olympische Dorf in London: 15.000 Athleten wohnen spartanisch, verzieren ihre Balkone mit Fahnen oder Strandbildern. Und treffen Berühmtheiten der Spiele in der Mensa. Ein Besuch bei den deutschen Schwimmerinnen Daniela Schreiber und Lisa Vitting.

Von Jürgen Schmieder, London

Es ist ein beeindruckendes Bild, das sich einem bietet, wenn man den Balkon im siebten Stock dieses Hauses in der Olympic Park Avenue betritt. Links das Aquatic Centre, weiter rechts das Olympiastadion, dazwischen der ArcelorMittal Orbit, davor ein Park und ein kleiner See. Der Wind kühlt, die Sonne wärmt - kurz vor der Eröffnung der Spiele kann man sich in London kaum einen schöneren Ort vorstellen als diesen Balkon.

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"Es ist schon toll hier", sagt Daniela Schreiber (links). Sie wohnt in diesem Appartment im Olympischen Dorf und bereitet sich auf die drei Wettkämpfe vor, an denen sie teilnehmen wird: 4x100 Meter Freistil, 100 Meter Freistil und 4x200 Meter Freistil. Die Wohnung am westlichen Rand des Dorfs teilt sie sich mit fünf anderen Schwimmerinnen, das Zimmer mit Lisa Vitting (rechts), die über 4x100 Meter Freistil startet. "Es ist wie in einer Studenten-WG", sagt Schreiber. Im Schlafzimmer gibt es keinen Fernseher, "aber den brauchen wir auch nicht. Wir spielen oft Karten, um uns die Zeit zu vertreiben."

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In den Wohnungen sieht es tatsächlich ein wenig aus, als würden sich Studenten auf eine Prüfung vorbereiten und nicht Sportler auf die Olympischen Spiele. Es gibt ein Bett, einen Nachttisch und einen Schrank - das war's. "Wir brauchen aber auch nicht mehr", sagt Schreiber, "immerhin gibt es jemanden, der die Wohnungen putzt."

Olympia 2012 London Olympisches Dorf

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Dieses Olympische Dorf, das sich in Laufweite aller Sportstätten im Olympic Park befindet (Schreiber: "Wir sind bislang trotzdem mit dem Bus zum Training gefahren"), ist eine eigene Welt - die auch so abgeschirmt wird. Meterhohe Zäune umgeben das Dorf und verpassen jedem einen Stromschlag, der sie berührt. Von außen sehen die Bauten ein wenig aus wie Siebziger-Jahre-Häuser in sozialistischen Staaten, am Eingang wird penibel kontrolliert. 

Ein Geiseldrama wie bei den Spielen in München 1972 soll sich hier nicht wiederholen. 

London 2012 - Olympische Spiele

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So ein Olympisches Dorf prägt immer auch den Charakter der Spiele, es definiert, wie sich die Athleten fühlen sollen, wie sie die 16 Tage erleben. Sind sie nur Werkzeug der Medaillenzähler - oder dürfen sie die Spiele auch erleben? "Hier ist alles sehr nah beieinander", sagt Schreiber - und DOSB-Chef Michael Vesper fügt hinzu: "Das hier ist der globalste Ort auf der Welt. Menschen aus 205 Nationen sind hier an einem Ort versammelt. Bei anderen Spielen war es bisweilen weitläufiger." Dieses Dorf in London ist eine Kleinstadt mit knapp 15.000 Bewohnern.

Olympisches Dorf London 2012

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Wenn man durch das Dorf geht, dann sieht man Sportler, wie sie versuchen, sich die Zeit zu vertreiben und sich nur ja nicht zu langweilen. Die spanischen Basketballer (im Bild) sehen sich die Häuser der anderen Nationen an, russische Athletinnen kommen vom Shoppen zurück, niederländische Hockeyspielerinnen laufen mit Equipment bepackt zu ihren Wohnungen. Es herrscht keine Jugendzeltlager-Stimmung, niemand sitzt mit Gitarre am See. Es wirkt vielmehr so, als würden die Athleten herumlungern und darauf warten, dass es endlich losgeht.

Olympia 2012: Olympisches Dorf

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Die Athleten haben die ansonsten eher langweilig anmutenden Häuser (alle Wohnungen sind für die Zeit nach den Spielen bereits vermietet) verziert, meist sind es die jeweiligen Flaggen, die sie an den Balkonen aufgehängt haben. Hin und wieder sieht man Motivationssprüche wie "Every Second Counts" (bei den Dänen) oder eben...

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... das Motto, das der DOSB für diese Olympischen Spiele ausgegeben hat: "Wir für Deutschland" haben die Sportler mit Kreide vor das Haus gemalt. So manche Nation versteht sich aber auch in der Kunst, die Sportler anderer Länder neidisch zu machen.

Olympisches Dorf

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"Wir sind ein bisschen rumgelaufen und haben uns die anderen Häuser angesehen", sagt Daniela Schreiber, "bei den Seychellen haben wir gesehen, dass sie Bilder von den schönsten Stränden ihres Landes an der Hauswand aufgehängt haben. Da haben wir uns gedacht, was wir machen könnten. Bilder von Nord- und Ostsee vielleicht?"

London 2012 - Olympisches Dorf

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Auf ihrem Spaziergang durch das Dorf haben die Schwimmerinnen die zahlreichen Stände entdeckt, die Essen aus aller Welt anbieten. Es gibt einen Grillstand, Salatbars, Stände für Obst - und Helfer mit Bauchläden, die Süßigkeiten verteilen. Wichtigster kulinarischer Ort ist allerdings die Mensa an der Celebration Avenue.

London 2012 - Olympisches Dorf

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In der Mensa gibt es derart viel Auswahl, "dass das Essen kalt ist, wenn man zu Beginn etwas auf den Teller legt und sich dann noch alle anderen Variationen ansieht", sagt Schreiber. Es gibt auch veganes und karibisches Essen. Die Mensa ist auch der Ort, berühmte Sportler wie Novak Djokovic, Michael Phelps oder Usain Bolt zu treffen.

File photo of sprinter Usain Bolt of Jamaica posing with his running spikes and official team uniform for the London 2012 Olympic Opening Ceremony during a photo shoot in London

Quelle: REUTERS

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Am Donnerstag etwa haben die deutschen Schwimmerinnen den Sprinter gesehen, den die Werbung innerhalb und außerhalb des Dorfes bereits zum Gesicht der Spiele 2012 erklärt haben. "Der kam da mit seiner Entourage herein, hatte eine Sonnenbrille auf und sein Jamaika-Shirt an", sagt Schreiber, "sofort hat sich eine Traube um ihn gebildet, weil andere Sportler Fotos machen oder ein Autogramm haben wollten. Usain Bolt kann nicht ungestört essen."

Olympia 2012 London Olympisches Dorf

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Für die deutschen Sportler ist es wichtig, Zerstreuung zu finden und sich zwischen den Trainingseinheiten auch einmal abzulenken. Sie spielen Karten,  kaufen ein,  surfen im Internet - und treffen sich mit anderen Sportlern. Eines der wichtigsten Gebäude im Olympischen Dorf ist deshalb das Haus, das alle nur "The Globe" nennen.

London 2012 - Olympisches Dorf

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Dort gibt es Billardtische, Schachbretter und eine Bar. Zusätzlich bietet das Organisationskomitee ein Rahmenprogramm, an dem die Sportler teilnehmen können. Es gibt ein Ritual, das ebenso lächerlich wie rührend ist: Die offizielle Begrüßung der Nationen. In den Tagen vor des Start fand sie 41 Mal statt, jedes Mal waren fünf dran. Es werden Songs von Queen gespielt, die Sportler dürfen ein wenig winken und sich freuen.

Olympia 2012: Flaggenzeremonie Deutschland

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Am Donnerstag etwa war die deutsche Mannschaft dran, es gab eine 30 Minuten dauernde Zeremonie: die deutsche Fahne wurde gehisst, ein Mitglied der Delegation unterschrieb auf der Wand mit dem Olympischen Eid und überreichte ein Geschenk.

Olympia 2012: Olympisches Dorf

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Grundsätzlich aber wollen sich die Sportler auf ihre Wettbewerbe vorbereiten und sich in der Freizeit einfach nur ausruhen. Die Turnerinnen Janine Berger (rechts) und Elisabeth Seitz relaxen auf dem Balkon. Noch ist es recht ruhig im Dorf, weil sich alle konzentrieren. "Da hat die Probe für die Eröffnungsfeier fast schon gestört", sagt Daniela Schreiber, "wir haben uns Oropax in die Ohren gestopft, um schlafen zu können."

Olympia 2012: Flaggenzeremonie Deutschland

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In der zweiten Woche der Olympischen Spiele könnte es dann ein wenig turbulenter zugehen, wenn einige Sportler ihre Wettkämpfe hinter sich haben. "Wir bleiben bis zum Schluss der Spiele, wir haben uns schon angemeldet, die Events von anderen Sportarten zu besuchen", sagte Schreiber, "beim Basketball-Finale hatten wir kein Glück, bei anderen Wettbewerben hoffen wir noch."

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Quelle: SZ

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Ansonsten können Lisa Vitting (links) und Daniela Schreiber einfach die phänomenale Aussicht von ihrem Balkon im siebten Stock dieses Hauses in der Olympic Park Avenue genießen.

© SZ.de/hum
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