Tennisprofi Laura SiegemundSie bringt ihre Gegnerinnen aus dem Konzept

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Laura Siegemund in New York.
Laura Siegemund in New York. (Foto: Andres Kudacki/AP/dpa)
  • Laura Siegemund erreicht zum ersten Mal seit neun Jahren die dritte Runde der US Open im Einzel und steht auf Platz 41 der Weltrangliste.
  • Die 37-Jährige hat in diesem Jahr bereits mehr als 1,5 Millionen Dollar Preisgeld eingenommen, etwa ein Fünftel ihrer Karriere-Boni.
  • Siegemund sucht gezielt nach Schwächen ihrer Gegnerinnen und bringt sie aus dem Konzept, wie beim 6:4, 6:2-Sieg gegen Anastassija Sacharowa.
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Schon wieder lässt Laura Siegemund bei den US Open eine Kontrahentin verzweifeln. Die Deutsche versteht es, nach den Schwächen ihrer Gegnerinnen zu suchen – und sie dann auszunutzen.

Von Jürgen Schmieder

Die vielleicht einzige Person, um die man sich keine Sorgen machen müsste, würde man sie allein über die Tennisanlage der US Open schicken, ist Laura Siegemund. Das hektische Gewusel ist in diesem Jahr noch intensiver; selbst das Sicherheitspersonal hat bisweilen massive Probleme, die Akteure von der Umkleidekabine im Arthur Ashe Stadium zu den Außenplätzen zu führen. Stefanos Tsitsipas und Daniel Altmaier schauten sehr irritiert, als sie bei Sonnenuntergang zum Grandstand gingen, weil die Leute partout nicht Platz machen wollten. Beim Rückweg gegen Mitternacht, also mehr als vier Stunden später nach dem 7:6 (5), 1:6, 4:6, 6:3, 7:5 für den 26 Jahre alten Deutschen, war dann weniger los.

„Schwer, das zu beschreiben. Ich war Anfang des vierten Satzes ein Break hinten“, sagte Altmaier nach dem zweiten Fünfsatzkrimi bei den US Open nacheinander: „In dem Moment habe ich mir gesagt: Okay, jetzt kannst du einfach draufgehen.“ Im entscheidenden Satz wehrte er zudem einen Matchball des Griechen ab. Altmaier sagte: „Es ist immer wer im Kopf, der redet: Mal ist es der Körper, der sagt, dass er müde sei. Dann kommt das Herz und sagt: Weiter, weiter! Aber deshalb spielt man Tennis, für Momente wie diese.“ Er trifft nun auf den an Position acht gesetzten Australier Alex de Minaur.

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Siegemund indes ist eine Person, die nicht geht. Es ist ein kraftvolles Schreiten, das den Leuten vor ihr vermittelt: Wer nicht aus dem Weg geht, muss damit rechnen, an- oder umgerempelt zu werden. In gewisser Weise ist genau das ihr Stil auf dem Platz. Sie ist keine, die Gegnerinnen technisch filetiert oder kraftvoll vom Platz prügelt. Sie guckt sich die Person auf der anderen Seite des Netzes an, sucht nach Schwächen, auch im taktisch-mentalen Bereich; wenn sie die gefunden hat, marschiert sie spielerisch los, ohne Rücksicht auf die eigenen Schmerzen oder Gefühle der Gegnerin.

In diesem Jahr hat Siegemund bereits mehr als 1,5 Millionen Dollar Preisgeld eingenommen

Am Donnerstag bemerkte das die Russin Anastassija Sacharowa: 1:4 lag Siegemund im ersten Satz zurück, dann marschierte sie los, am Ende hieß es 6:4, 6:2. „Ich habe mich eigentlich nicht so gut gefühlt“, sagte Siegemund danach; sie laboriert seit Wochen an einer Verletzung am linken Oberschenkel. Zudem agierte Sacharowa zu Beginn aggressiv und fehlerfrei, als wolle sie Siegemund möglichst schnell aus dem Weg räumen. „Ich bin schon stolz darauf, dass ich auch an einem schlechten Tag einen Weg gefunden habe, doch noch zu gewinnen“, sagte Siegemund. Sie weiß im dritten Jahrzehnt ihrer Profikarriere – sie ist seit 2002 auf der Tour –, wie das geht. Je verzweifelter und wütender Sacharowa wurde, desto forscher marschierte Siegemund.

Zum ersten Mal seit neun Jahren hat die US-Open-Siegerin im Mixed (2016) und im Doppel (2020) in New York die dritte Runde auch im Einzel erreicht. Bei den Australian Open stand sie nach dem Sieg über Olympiasiegerin Zheng Qinwen aus China ebenfalls in Runde drei, in Wimbledon schlug sie Melbourne-Siegerin Madison Keys aus den USA und unterlag im Viertelfinale der Weltranglistenersten Aryna Sabalenka (Belarus) nur knapp. Nun also wieder mindestens die dritte Runde bei einem Grand Slam, das bedeutet: Sie steht ganz sicher auf Platz 41 der Weltrangliste, so hoch wie seit 2016 nicht mehr. Und es bedeutet, dass sie in diesem Jahr bereits mehr als 1,5 Millionen Dollar Preisgeld eingenommen hat – das macht etwa ein Fünftel der Boni ihrer Karriere, die schon 23 Jahre dauert.

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Siegemund redet, wie sie läuft. Deshalb sollte man aufpassen, wenn sie loslegt, wenn man nichts verpassen möchte. Es geht dann um die Belastung des Oberschenkels: „Ich muss halt jeden Punkt ausspielen und viel laufen, das ist meiner Statur und meiner Spielweise geschuldet.“ Und die nächste Gegnerin, die an 13 gesetzte Ekaterina Alexandrowa aus Russland: „Sie hat sich enorm gesteigert in den letzten ein, zwei Jahren, ohne ihr Spiel zu verändern. Also: sehr aggressiv, aber mit viel weniger Fehlern. Die Frage ist: Wie kann man damit umgehen, wenn die jeden Ball mit acht Millionen km/h vor die Linie brezelt?“ Die Antwort hatte sie selbst parat: „Ich muss variabel sein und sie aus dem Konzept bringen.“ Laura-Siegemund-Tennis also.

In New York tritt Siegemund auch im Doppel an

Plötzlich geht es ums Grundsätzliche – was hochinteressant ist bei einer, die seit mehr als zwei Jahrzehnten auf der Tour unterwegs ist: „Nehmen wir doch mal die Asien-Tour direkt nach den US Open. Das medizinische Team rät, nach New York erst mal kurz Pause zu machen, und ich kann ja jederzeit sagen: Die nächsten drei Wochen spiele ich keine Turniere. Aber: Jetzt bin ich so weit vorgerückt, dass ich sicher im Hauptfeld der größeren Turniere bin.“ Das wären zwei Masters-Events in China, davor und danach insgesamt drei Turniere der zweithöchsten Kategorie. „Vor einem halben Jahr hätte ich alles dafür gegeben, sicher dabei zu sein“, weiß sie: „Natürlich sagt man da: Mensch, das kann ich jetzt ausnutzen, das ist auch eine finanzielle Entscheidung.“ Allein für die Teilnahme winken insgesamt knapp 100 000 Dollar: „Die meisten spielen dann durch, man gönnt sich wirklich nur bei Erschöpfung – ob körperlich oder mental – eine Pause. Es gibt immer Gründe, doch zu spielen.“

Das führe in ihrem Alter („Ich bin mit 37 nicht mehr die Jüngste“) dazu, dass sie immer mehr Zeit abseits des Platzes aufwenden muss: „Die eigentliche Performance, ob Training oder Wettkampf, ist nur noch ein Bruchteil. Abseits davon arbeite ich in etwa dreimal so lange.“ Sie will aber diese Einschätzungen keinesfalls als Motzen oder gar Jammern verstanden wissen. In New York tritt sie von Freitag an mit Beatriz Haddad-Maria aus Brasilien im Doppel an; das Duo ist an Position 14 gesetzt. Am Samstag dann das Duell ums Einzel-Achtelfinale gegen Alexandrowa. Siegemund sagt: „Die Leistung ist toll. Wen interessiert da, wie lange die Vor- und Nachbereitung dauert?“

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