Laura Dahlmeier:"Das war eine Situation, ein Gefühl, das wünsche ich keinem"

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Laura Dahlmeier steht in Nové Město vor einem Comeback. (Foto: dpa)
  • Biathletin Laura Dahlmeier kehrt nach langer Pause zurück in den Weltcup.
  • Laut ihrem Trainer sind die Platzierungen aber erst mal zweitrangig. Die Doppel-Olympiasiegerin soll sich langsam zurück ins Spitzenfeld arbeiten.
  • Der Ort ihrer Rückkehr könnte aber nicht passender sein. In Nové Město feierte sie ihren ersten Weltcup-Erfolg.

Von Volker Kreisl, München

Gut möglich, dass es auch an diesem besonderen Ort liegt: Nové Město na Moravě. Jene kleine Stadt, die so hübsch eingebettet daliegt, inmitten sanfter Hügel und zwischen verschneiten Wäldern, im historischen tschechischen Landesteil Mähren. Allerdings, es sind wohl weder die Poesie dieser Landschaft noch der verzierte Kirchturm von Nové Město, die Laura Dahlmeier zur Wiederkehr aus ihrer Auszeit bewegen, sondern das große Biathlonstadion, weit draußen vor der Stadt.

Dahlmeier, die Doppel-Olympiasiegerin in Pyeongchang 2018, wird am Freitag (17.30 Uhr, ZDF und Eurosport) im Sprint antreten, nachdem sie teils wegen einer gewissen Überbelastung, teils aus Vorsorge für zwei Monate den normalen Biathlonbetrieb verlassen hatte. Über soziale Netzwerke ließ sie durchklingen, dass sie sich gut fühle und den ersten Einsatz in diesem Winter kaum erwarten könne. Das klingt optimistisch, auch wenn ihre Trainer Podestplätze so schnell nicht erwarten. "Welche Platzierungen Laura bei diesen beiden ersten Weltcup-Rennen erreicht, ist absolut zweitrangig", erklärt Disziplin-Coach Florian Steirer, im Vordergrund stehe etwas anderes, nämlich dass Dahlmeier "mittel- und langfristig" wieder alles aus sich herausholen könne. Das sagte so auch Dahlmeier an diesem Donnerstag: "Ich möchte für mich ein paar schöne Rennen laufen. Ich möchte Spaß haben, ich möchte einfach zeigen, was ich kann", sagte die zweimalige Olympiasiegerin. "Ich habe jetzt keine große Erwartungshaltung, ich bin noch nicht bei 100 Prozent."

Es sei ein wirklich schwieriger Sommer für sie gewesen, sagte sie. "Ich habe nicht gewusst, wann komme ich zurück, kann ich überhaupt wieder Hochleistungssport auf dem Niveau betreiben, wie ich es gerne machen würde", beschrieb sie die schweren Wochen. Sie habe sich immer wieder gesagt, "ich möchte einfach wieder fit werden, möchte mich gut fühlen. Egal für was es dann reicht. Ob das jetzt Leistungssport ist, ob das Biathlon ist, oder einfach der Alltag. Das war eine Situation, ein Gefühl, das wünsche ich keinem", sagte Dahlmeier.

Sie hatte ja keinen klassischen Rückschlag mit kalkulierbarem Heilungsverlauf wie ein Faserriss oder einen Schnupfen. Dahlmeier plagte im Sommer eine Ballung von Rückschlägen: Eine lästige Radsport-Verletzung und eine Weisheitszahn-Operation mit nachfolgender Infektion. Alles in allem verhinderte das nicht nur ihr Training sondern verschliss auch ihre Kräfte, sodass Teamarzt Klaus-Jürgen Marquardt diagnostizierte: "Das Immunsystem ist aktuell ziemlich geschwächt." Das Ganze sei aber nicht so schlimm, vielmehr nur ein prophylaktischer Neu-Anlauf, hieß es beim Deutschen Skiverband, dennoch kam ein bisschen Unruhe auf, weil unter "ziemlich geschwächt" durchaus alles Mögliche zu verstehen ist.

Jetzt ist Dahlmeier aber wieder da, die Sorgen waren offenbar unbegründet, und die Ruhe der Auszeit hat ihr anscheinend gut getan. Ihren Leistungsanstieg hat sie soeben im IBU-Cup unter Beweis gestellt, der internationalen Wettbewerbsserie für Biathlon-Talente und sonstige Praxis-Sammler. Unter anderem hat Dahlmeier zusammen mit Roman Rees (SV Schauinsland) soeben einen zweiten Platz in der Single-Mixed-Staffel in Ridnaun/Südtirol erreicht. Steirer sagt: "Laura hat diese ersten Rennkilometer nach längerer Pause sehr gut verkraftet. Aus unserer Sicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um den nächsten Schritt zu machen."

Nostalgische Gefühle in Nové Město

Vor allem in Nové Město. Die Stadt dürfte Dahlmeier auch aus nostalgischen Gründen dazu animiert haben, eine neue Phase im Leben zu beginnen. In der Biathlon-Arena im Norden der Stadt gab sie zwei ihrer wichtigsten Auftritte. Hier erreichte sie 2015 ihren ersten von bislang 19 Siegen im Weltcup. In schöner Erinnerung sein wird ihr auch das Erlebnis zwei Jahre zuvor bei der Weltmeisterschaft 2013. Da wurde sie als 19-Jährige in die Staffel berufen. Dahlmeier war zwar gerade Juniorenweltmeisterin geworden, riskant ist so ein frühes WM-Debüt aber immer, zumal in einem gerade überforderten Frauenteam. Als dritte von vier Staffelläuferinnen ging sie damals ins Rennen und beförderte das schon abgehängte DSV-Quartett noch auf Rang eins. Zwar wurde es am Ende nur der fünfte Platz, aber für den Verband war dies zu verschmerzen. Statt einer Medaille hatte er etwas viel Wichtigeres gewonnen: eine Biathletin für die Zukunft.

Nun, knapp sechs Jahre, sieben WM-Titel und zwei Olympia-Goldmedaillen später, geht es darum, diese Spitzensportlerin vorsichtig an die nächste Premiere heranzuführen: an den ersten Sieg nach der unfreiwillig langen Pause im Sommer 2018. Unter den Trainern sind sich jedoch alle einig, dass dies noch etwas dauern kann. "Wir werden ganz sicher nichts überstürzen", sagt Steirer. Und auch wenn das restliche Team gerade so wirkt, als sei es weit weg von einem ersten Podestplatz: Kein Risiko, kein Druck auf Dahlmeier. Nicht mal in Nové Město.

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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