Hertha BSC:Für Lars Windhorst geht es nun um alles

Hertha BSC: Gegenspieler: Der damalige Hertha-Präsident Werner Gegenbauer (links) und Lars Windhorst im Februar 2020 bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Gegenspieler: Der damalige Hertha-Präsident Werner Gegenbauer (links) und Lars Windhorst im Februar 2020 bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

(Foto: Andreas Gora/dpa)

Hat der Hertha-Geldgeber einen Millionenbetrag gezahlt, um Werner Gegenbauer als Klubpräsidenten zu diskreditieren? Der Fall könnte ihn endgültig seine Reputation kosten - nicht nur als Investor, sondern als Geschäftsmann.

Kommentar von Uwe Ritzer

Beharrlich kämpft Lars Windhorst seit Jahren darum, sein altes Image vom halbseidenen Finanzjongleur abzustreifen. Er will nicht nur als seriöser Investor reüssieren, sondern auch öffentliche Anerkennung erfahren. So kaufte Windhorst Verpackungskünstler Christo 380 Gegenstände ab, mit denen dieser 1995 den Reichstag verhüllt hatte, und überließ sie, ganz Mäzen, dem Bundestag als Dauerleihgabe.

Zuletzt rettete er die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft vor dem Untergang und steuerte die Werft in ruhigere Gewässer. Auch sein Einstieg bei Hertha BSC schien das Bild des neuen Windhorst zu befeuern: Da kommt einer und investiert 374 Millionen Euro in den Hauptstadtklub. Natürlich in der Hoffnung auf Rendite irgendwann; aber eben auch mit dem Duktus, die Hertha attraktiv, erfolgreich und zu einer Top-Adresse im europäischen Fußball zu machen. Was sollten die Fans und die Berliner dagegen haben?

Nun konterkariert eine bizarre Schlapphut-Affäre all dieses Bemühen. Windhorst soll einen früheren Geheimdienstagenten, der sich mit einer Schnüffelagentur selbständig gemacht hat, engagiert haben, um eine üble Kampagne gegen den früheren Hertha-Präsidenten und Windhorst-Gegenspieler Werner Gegenbauer zu orchestrieren.

Diesen Eindruck vermitteln bei Gericht in Tel Aviv eingereichte Unterlagen. Solche Geheimdienstmethoden wären beispiellos in der Bundesliga. Und sie werfen die Frage auf, ob Rufmordkampagnen in bestimmten Teilen der fußballfreien Wirtschaft normal sind. Sagen wir es so: Schmutzige Attacken aus dem Hinterhalt kommen in Teilen des Geschäftslebens und bei manchen Akteuren vor, öfter als viele glauben. Das rechtfertigt sie allerdings nie und nirgends.

Die bei Gericht in Tel Aviv eingereichten Unterlagen lesen sich schlüssig, aber sind sie auch echt? Wer verbreitet hier Fake News?

Was den Fall Windhorst/Hertha/Shibumi so rätselhaft macht: Warum hätte Windhorst einen Millionenbetrag an eine israelische Agentur zahlen sollen, um den ohnehin umstrittenen und angeschlagenen Werner Gegenbauer als Klubpräsidenten zu diskreditieren? Oder, anders herum betrachtet: Warum sollten die Israelis auf eigene Faust und ohne Auftrag eine solche Kampagne fahren, Meinungsmacher aus dem Hertha-Umfeld und sogar Ex-Bundesminister Jürgen Trittin ansprechen, wenn es keinen Auftrag dafür gegeben hat? Die bei Gericht in Tel Aviv eingereichten Unterlagen lesen sich schlüssig, aber sind sie auch echt? Oder gefälscht, wie Windhorst mit seinen bisherigen Reaktionen suggeriert? Wer ist es, der hier Fake News verbreitet? Und warum? Mit welchem Ziel?

Aufklärung tut dringend not, am besten durch eine neutrale, jedweder Einflussnahme unverdächtige Instanz. Lars Windhorst wird die Vorwürfe nicht mit seiner üblichen Beharrlichkeit und seinem Geschick, selbst ihm feindlich gesonnene Geschäftspartner zu besänftigen und wieder auf die eigene Seite zu ziehen, lösen können. Er muss schnell und gründlich aufklären, denn er trägt das größte Risiko.

374-Millionen-Euro-Engagement hin oder her: Bei der Hertha wird er nie wieder einen Fuß auf den Boden bringen, sollte er nicht alle Vorwürfe zweifelsfrei ausräumen können. Viel gefährlicher ist für ihn, dass seine Reputation als Investor und Geschäftsmann endgültig dahin wäre, wenn sich die Darstellungen in den Dokumenten aus Tel Aviv bewahrheiten, sich seine Version vom "blanken Unsinn" als Lüge entpuppen sollte. Denn wer will schon Geschäfte machen mit jemandem, der Geheimdienstprofis loshetzt, wenn er mit jemandem Probleme hat?

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