Süddeutsche Zeitung

Langlauf:Leicht angeschlagen ins Rampenlicht

Lesezeit: 3 min

Der Oberallgäuer Elias Keck könnte bald einer der Leistungsträger im Langlauf werden.

Von Oliver Götz

Auf einmal stand er im Rampenlicht. Ausgerechnet er, der wohl nichts lieber tun würde, als dieses im Fall der Fälle so schnell es geht wieder auszuknipsen. "Fast etwas zu viel der Ehre" sei ihm das Interesse an seiner Person, sagte der Langläufer Elias Keck kurz nach seinem zweiten Platz über die zehn Kilometer im klassischen Stil bei den Olympischen Jugendwinterspielen in Lausanne im Januar. Es sei ja schließlich das ganze Team gewesen, das eine "super Leistung" gebracht habe. Sich hochjubeln lassen, das mag der 16-Jährige aus Sibratshofen bei Weitnau im Oberallgäu nicht. Und doch ragte er heraus, als er in der Schweiz auf dem Treppchen stand, die Silbermedaille um den Hals. Was die jüngere Vergangenheit im deutschen Langlauf angeht, sind solche Momente schließlich selten.

Dass der zunächst überraschende Podestplatz in Lausanne kein Zufallstreffer war, bewies er vor eineinhalb Wochen bei den deutschen Meisterschaften in Oberstdorf. Im Einzel hatte er, "leicht angeschlagen", auf einen Start verzichtet. Im Massenstart und K.-o.-Sprint sicherte er sich dafür jeweils den Titel. "In diesem Jahr läuft es einfach", sagt Keck über seine dann doch mittelschwere Leistungsexplosion, die auch Christian Dotzler überrascht. Der Bruder des ehemaligen deutschen Spitzenlangläufers Hannes Dotzler sowie Lebensgefährte von Katharina Hennig - derzeit eine der erfolgreichsten deutschen Langläuferinnen im Weltcup - ist seit dieser Saison Kecks Trainer am Olympiastützpunkt in Oberstdorf. "Von letztem zu diesem Jahr hat Elias noch mal einen großen Schritt gemacht", sagt Dotzler. "Und er war in Top-Form, als es darauf ankam." Bei der deutschen Meisterschaft, genauso wie im Vallée de Joux, wo die Langläufer bei den Olympischen Jugendspielen ihre Wettbewerbe austrugen.

Dort, in der letzten Runde des Einzels, blieb Keck am Schweden Edvin Anger dran, der tags zuvor den Sprint gewonnen hatte. "Er war in seiner ersten Runde, ich in meiner letzten, er hat mich gezogen", beschreibt Keck die Situation, die entscheidend zu seinem Medaillengewinn beitrug. Plötzlich, am letzten Anstieg, habe einer der Betreuer am Streckenrand gerufen, dass ein Platz auf dem Podium möglich sei: "Dann habe ich noch mal alles rausgeholt."

Ein bisschen, sagt Dotzler, habe sich das angedeutet. In der Vorjahressaison beendete Keck die Rennserie um den Deutschlandpokal (DP) als dritter seines Jahrgangs - ein erstes Ausrufezeichen. Dazu hat er nun in Oberstdorf eine starke Trainingsgruppe, der unter anderem Simon Jung und Kilian Koller angehören. Jung wurde in Lausanne im Einzel Sechzehnter, Koller kam bei den deutschen Meisterschaften in allen drei Rennen unter die Top Fünf, im Massenstart wurde er Dritter. Sie pushen sich gegenseitig, Keck hat inzwischen aber auch einfach mehr Zeit zu trainieren: Im Dezember hat er die Fachoberschule abgebrochen. "Ich habe Sport und Schule nicht mehr unter einen Hut gebracht", sagt Keck. Und er habe ja einen Realschulabschluss. Seit Januar absolviert er nun ein freiwilliges soziales Jahr im Kindergarten.

Keck steht auf Langlaufskiern, seit er zehn Jahre alt ist. "Schnee und Berge sind mein Hobby", sagt er. "Da fühle ich mich einfach wohl." Erst war er Mitglied beim TSV Missen, später wechselte er zum TSV Buchenberg, für den er heute noch startet, obwohl er in Oberstdorf trainiert. Genauso wie seine Schwester, die 19 Jahre alte Langläuferin Lena Keck. Bei den deutschen Meisterschaften holte sie - die eigentlich Alpinfahrerin hatte werden wollen - in der Alterklasse U20 Bronze im Sprint. "Elias hat irgendwann beschlossen, Langlauf auszuprobieren und mich irgendwie mit hin geschleppt", erzählt sie. Für ihren Bruder ist sie abgesehen von der engen Beziehung auch aus ganz praktischen Gründen von großer Bedeutung. "Sie ist meine einzige Möglichkeit ins Training zu kommen", sagt er und lacht: "Ich habe noch keinen Führerschein." Im März wird Keck 17.

Der junge Langläufer hat die Zukunft also noch vor sich. "Im Training ist er noch nicht überreizt", sagt sein Trainer Dotzler. Nun gelte es, ihn weiter behutsam und kontinuierlich aufzubauen. "Dann kann ich mir vorstellen, dass er in den nächsten Jahren einer der Leistungsträger wird." Entscheidend sei "bei den Junioren und wenn es dann langsam in Richtung Weltcups geht, noch mal eine Schippe drauflegen zu können und Elias hat das Potenzial dazu".

Keck selbst sieht dem noch recht entspannt entgegen. Ihm ist es wichtig, die Sache nicht zu verklemmt anzugehen. "Ehrgeizig ja, aber sich nicht zu sehr verbeißen", so hält er es. Von Vorteil sei auch, dass sich im Team alle gut verstehen. Langlauf werde erst während der Rennen zum Einzelsport: "Davor und danach sind wir eine Mannschaft und holen die Medaillen für Deutschland." Er will sich auf keinen Fall in den Vordergrund stellen.

Nun geht es darum, bis zum Saisonabschluss im März in Oberwiesenthal die Spannung aufrecht zu halten. In der Pokalserie stehen noch drei Rennen aus. Dort unter die besten Drei der Gesamtwertung zu kommen ist Kecks Ziel. Zur nächsten Saison will er dann den Sprung in den C-Kader schaffen. Damit würde die finanzielle Förderung steigen und er bekäme die Chance am Continentalcup teilzunehmen. Ein nächster Schritt, um vielleicht irgendwann an den großen Olympischen Spielen teilzunehmen? "Der Weg ist ziemlich weit, aber jeder Sportler träumt davon", sagt Keck. Das Rampenlicht würde dort, im Fall der Fälle, für den Langläufer dann allerdings noch kräftiger strahlen. Aber daran kann sich Elias Keck ja nun Rennen für Rennen gewöhnen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4793209
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.