Langläufer Petter Northug:Hoffen auf die Fußfessel

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Muss er ins Gefängnis - oder nicht? Petter Northug. (Foto: AP)

Norwegens Top-Langläufer Petter Northug würde nach einer Trunkenheitsfahrt gerne seine Gefängnisstrafe auf alternative Weise verbüßen. Denn im Februar wartet auf den mehrfachen Olympiasieger ein großes Ziel.

Von Volker Kreisl

Am Tag nach dem Urteil gab es keine weiteren schlechten Nachrichten für Petter Northug. Im Jahr 2014 hatten sich die schlechten Nachrichten ja gehäuft für den norwegischen Ausnahmelangläufer. Womöglich ist es nun genug mit dem Pech, es kann aber auch sein, dass gerade deshalb ein Ende der Rückschläge in Sicht ist, weil Northug sein Leben ändert und einsieht, dass seine ganze Malaise nicht nur mit Pech zu tun hat.

Am Tag, nachdem er wegen einer Trunkenheitsfahrt mit anschließender Falschaussage zu 50 Tagen Gefängnis und umgerechnet 22 500 Euro Geldstrafe verurteilt worden war, da sah es jedenfalls danach aus, als würde diese Strafe seine Karriere weniger beeinflussen als befürchtet. In zwei Wochen soll das Urteil vollzogen werden, doch es muss nicht sein, dass Northug direkt ins Gefängnis geht.

Denn Norwegens Gefängnisse gelten als überfüllt, und die Justiz könnte es auch bei einer elektronischen Fußfessel bewenden lassen. Das andere Szenario, das in norwegischen Medien kursiert, ist eine Regelung, wonach Saisonarbeiter in bestimmten Fällen erst nach Ende der Arbeitsperiode zum Vollzug antreten müssen. Und ein klassischer Saisonarbeiter, das kann man sagen, ist der zweifache Olympiasieger von 2010 und neunmalige Weltmeister durchaus.

Besiegte Gegner ärgerte er gerne mit exzentrischem Jubel

Doch selbst wenn Northug in diesem Weltcupwinter voll trainieren kann, ohne Fußfessel und ohne die Auflage, einen bestimmten Radius um seinen Wohnort nicht zu verlassen, selbst dann dürfte seine Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt eingeschränkt sein. Langlauftraining ist auch eine mentale Herausforderung, und den Körper für die Ski-nordisch-WM in Falun/Schweden fit zu machen, gelingt besser, wenn man sich innerlich befreit fühlt. Northug aber sagte nach dem Urteil: "Ich habe meine Nächsten und die, die zu mir aufblicken, enttäuscht. Ich werde mich für den Rest meines Leben dafür schämen."

Zu ihm blickt eine Vielzahl von Fans auf, vor allem norwegische Langlauftalente. Dass er im Mai seinen Wagen unter massivem Alkoholeinfluss zu Schrott gefahren hatte, seinen Beifahrer leicht verletzt, den Unfallort verlassen und den Beifahrer bei der Polizei als Fahrer angegeben hatte, dürfte Northugs Image gar nicht mal so sehr beschädigen. Denn er hat alles gestanden, im Prozess kooperiert und er zeigt volle Reue. Was seinem Ruf gefährlich werden könnte, wäre eher eine Entwicklung, an deren Ende er seine Karriere zu Schrott fährt.

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Northug hat schon immer polarisiert und provoziert. Er hatte einst den Hauptsponsor des norwegischen Skiverbandes vor den Kopf gestoßen, als er zu einem privaten Geldgeber wechseln wollte, und er ist auch im vergangenen Jahr eigene Wege im Training gegangen. Bei den Olympischen Spielen in Sotschi, die eigentlich die große Fortsetzung seiner Erfolge von Vancouver werden sollten, spielte Petter Northug keine Rolle. Er war außer Form, Trainer Trond Nystad nahm ihn schließlich aus der Staffelmannschaft.

Dank seiner ausgefeilten Renntaktik und seiner überragenden Sprints hat Northug in seiner Karriere schon viele Gegner stehen gelassen, aber einfaches Stehenlassen war ihm oft nicht genug. Bei der WM 2011 in Oslo kam er als Sieger des Staffelrennens ins Ziel, aber er wartete vor der Linie noch auf den zweitplatzierten Schweden, ließ diesen herankommen und schritt erst im letzten Moment hinüber ins Ziel.

Solche Selbstinszenierungen findet nicht jeder gut, einer von denen, die Northugs Show ablehnen, ist der Schwede Marcus Hellner, Northugs großer Kontrahent. Dennoch sagte er dem Expressen nun: "Ich habe den Prozess verfolgt, es ist eine harte Zeit für Petter." Er hoffe, dass Northug zum Skisport zurückfinde. "Petter ist ein harter Gegner", und die WM in Falun sei ohne den Norweger eine ganz andere WM.

Womöglich ist Northug aber schon auf dem Weg zum soliden Athleten. Ganz überraschend konnte das Urteil für ihn ja nicht sein, denn die Richterin ist unter der Forderung der Staatsanwaltschaft geblieben. Dennoch hatte er in den vergangenen Tagen mit Norwegens Team gut trainiert und in Südtirol entsprechende Ergebnisse vorgelegt. Ein Klassisch-Rennen über 20 Kilometer auf Skirollern gewann er, einen weiteren Testlauf über 14,5 Kilometern ebenfalls, und er steigerte seine Zeit im Vergleich zum Oktobertest vor vier Jahren um 42 Sekunden. Von abfälligen Sieger-Gesten wird nichts berichtet.

© SZ vom 11.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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