Lake Placid 1980:Als das Wunder auf dem Eis geschah

Ein Eishockey-Duell im Kalten Krieg, ein Waschbär, der zu früh verstarb und eine Olympiasiegerin, die Angst vor Katarina Witt gehabt haben soll: Über die Winterspiele in Lake Placid, die vor 40 Jahren begannen.

Von Lisa Sonnabend

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Lake Placid

Quelle: imago

Waschbär Rocky schaffte es nicht zu den Olympischen Winterspielen in Lake Placid, die am 13. Februar 1980 - vor 40 Jahren - begannen. Als erstes lebendes Maskottchen sollte Rocky einen großen Auftritt in der Retortenstadt haben, doch kurz vorher verstarb er. Aus Rocky wurde deswegen Roni, eine Waschbären-Kunstfigur mit Skibrille, die nun dabei war, als bei den ersten Winterspielen, bei denen Kunstschnee eingesetzt wurde, die Medaillen vergeben, Rekorde erzielt und Geschichten geschrieben wurden. Eine Reise 40 Jahre zurück.

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Eine vollendete Karriere

Lake Placid

Quelle: imago sportfotodienst

Als die Skifahrerin Annemarie Moser-Pröll in Lake Placid ankam, war sie bereits sechsmalige Gesamt-Weltcup-Siegerin, sie hatte vier Weltmeistertitel errungen und 62 Weltcups gewonnen - so viele wie zu diesem Zeitpunkt keine andere Fahrerin zuvor. Nur eines hatte sie noch nicht: Olympiagold. Am 17. Februar 1980 machte sich Moser-Pröll am Gipfel des Whiteface Mountain bereit. Die Bedingungen bei dem Abfahrtsrennen waren widrig: Das Thermometer zeigte minus 20 Grad, es wehten Sturmböen mit bis zu 50 Stundenkilometern. Eine Minute 37 Sekunden und 52 Hundertstel später war Moser-Pröll im Ziel - niemand überholte sie mehr. "Ich bin glücklich, nach acht Jahren in meinem Alter diesen Olympiasieg errungen zu haben", sagte die 26-Jährige. Wenige Wochen später beendete sie ihre Karriere, die nun vollendet war.

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So knapp wie nie

Lake Placid

Quelle: imago sportfotodienst

Als am 17. Februar 1980 der schwedische Langläufer Thomas Wassberg sich im Rennen über 15 Kilometer dem Ziel näherte, hatte er kaum noch Kraft, er stolperte in der Spur. Aber es reichte: Mit einer Hundertstelsekunde Vorsprung auf Juha Mieto aus Finnland rettete sich Wassberg ins Ziel. So eng war es noch nie bei einem Langlaufrennen zugegangen - und zu so einer knappen Entscheidung kam es auch danach nicht mehr. Denn von da an legte die Fis die Zeitnehmung in Zehntelsekunden fest.

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Gold in allen fünf Disziplinen

Eric Heiden USA; Lake Placid

Quelle: imago/Pressefoto Baumann

Der amerikanische Eisschnellläufer Eric Heiden, ein Oberschenkel-Umfang von 74 Zentimetern, sagte vor Beginn der Spiele: "Die 1000 und 1500 Meter kann ich wohl gewinnen, vielleicht auch die 10 000. Die 5000 Meter gefallen mir nicht, und die 500 Meter sind ein Glücksspiel.
" Am 23. Februar hatte er alle fünf zu vergebenden Goldmedaillen im Eisschnelllauf geholt - bis heute hat kein anderer Sportler so viele Medaillen bei einer Winterspiel-Veranstaltung erzielt. Die Amerikaner feierten ihn, aber auch seine Schwester. Denn die gewann über 3000 Meter Bronze. Nach Olympia beendete der 21-Jährige seine Eislauf-Karriere, er begann stattdessen Rad zu fahren. 1986 nahm Heiden, der sich später mit Lance Armstrong anfreundete, an der Tour de France teil, nach einem Sturz auf der 18. Etappe musste er aufgeben.

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Das einzige Gold des Landes

OLY-WINTER-1980-SLALOM-HANNI WENZEL

Quelle: AFP

Als die Allgäuerin Irene Epple, die spätere Ehefrau von CSU-Politiker Theo Waigel, am 21. Februar 1980 im Zielbereich der Truway-Piste ankam, übernahm sie die Führung im Riesenslalom. Sechs Plätze vor ihrer Schwester Maria Epple. Nur eine Fahrerin stand noch oben: Hanni Wenzel, im niederbayerischen Straubing geboren, für Liechtenstein startend. Ein Land, das noch nie eine Goldmedaille bei Olympia gewonnen hatte. Doch das sollte sich ändern: Wenzel siegte nicht nur im Riesenslalom, sondern zwei Tage später auch noch im Slalom. Bis heute ist in Liechtensteins-Olympiabilanz keine weitere Goldmedaille hinzugekommen. Aber unter anderem eine aus Bronze: Die holte 2018 in Pyeongchang 2018 Tina Weirather, sie ist die Tochter von Hanni Wenzel.

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Das Wunder auf dem Eis

Craig

Quelle: AP

Wenige Wochen vor Olympia in Lake Placid begann der Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan, der amerikanische Präsident Jimmy Carter sprach bereits über einen Boykott der US-Athleten bei den Spielen in Moskau im Sommer. Die politische Lage war brisant. Am 22. Februar 1980 traf das amerikanische Eishockeyteam in der Finalrunde ausgerechnet auf die sowjetischen Spieler, die die vergangenen vier Olympiatitel errungen hatten und als unschlagbar galten. "Wenn das Eis nicht schmilzt, holen die Russen den Titel", schrieb die New York Times einen Tag vor dem Duell. Nach neun Minuten lag die Sbornaja in Führung. Neun Minuten vor Schluss stand es allerdings 4:3 für die mutigen amerikanischen College-Amateure. Sie verteidigten fortan mit allen Spielern das Tor, ein Treffer gelang dem Gegner nicht mehr. Zwei Tage später gewann das US-Team auch noch gegen Finnland und sicherte sich die Goldmedaille. Seitdem sprechen die Amerikaner vom Miracle on Ice, dem Wunder auf dem Eis.

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Zwei oder drei Schießfehler

Frank Ullrich DDR; Lake Placid

Quelle: imago/Werner Schulze

Dreimal geschossen, notierten die Kampfrichter. DDR-Biathlet Frank Ullrich war jedoch der Meinung, dass er sich beim Rennen über 20 Kilometer nur zwei Schießfehler erlaubt hatte - und legte Protest ein. Vergebens. Die Goldmedaille behielt der Russe Anatoli Aljabjew, Ullrich blieb nur der zweite Platz. Drei Tage später - am 19. Februar 1980 - holte er dann aber doch noch Gold. Diesmal waren sich alle einig: Es waren nur zwei Schießfehler. Nach seiner Langlaufkarriere arbeite der neunmalige Weltmeister als Trainer, nun ist er auch politisch aktiv. 2019 bei der Landtagswahl in Thüringen trat er für die SPD an, in seinem Wahlkreis Schalkalden-Meiningen verlor er knapp gegen den AfD-Kandidaten - nur 220 Stimmen weniger hatte er.

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Mit weißer Bommelmütze zu Gold

Ski Alpin Olympische Spiele 1980 STENMARK SWE Olympische Winterspiele Lake Placid 13 24 02 1980 S; lake placid 1980 stenmark

Quelle: imago images / WEREK INTERNATION

Als Ingemar Stenmark, der wohl talentierteste Skifahrer aller Zeiten, 1976 bei Olympia in Innsbruck antrat, war ihm der Rummel zu viel. Nur mit einer Bronzemedaille reiste er ab. 1980 bezog er deswegen eine Unterkunft außerhalb der Stadt, nur zu den Rennen fuhr er nach Lake Placid. Die Strategie zahlte sich aus: Der Schwede gewann mit seiner weißen Bommelmütze erst den Riesenslalom am 19. Februar 1980 und drei Tage später den Slalom. Bei der Siegerehrung blinzelte der 23-Jährige vor Rührung. 86 Weltcupsiege hat Stenmark in seiner Karriere geholt, Goldmedaillen bei Olympia kamen allerdings keine mehr hinzu. Vier Jahre später bei den Spielen in Sarajewo durfte er nicht teilnehmen, weil er mittlerweile eine Profilizenz hatte. Nach einer Regeländerung war er 1988 in Calgary wieder dabei - wurde aber nur Fünfter im Slalom.

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Erstes Gold im Eiskunstlauf für Deutschland

Lake Placid

Quelle: imago

Als sie die letzte Drehung beendete und die letzten Takte aus dem Broadway-Musical "Funny Girl" verklungen waren, lief Anett Pötzsch über das Eis, drückte sich an ihre Trainerin Jutta Müller und verharrte so gebannt, bis die Wertungen der Preisrichter eingeblendet wurden. Wenig später stand am 23. Februar 1980 fest: Mit ihrem kraftvollen Auftritt hatte die 19-Jährige aus der DDR als erste deutsche Eiskunstläuferin Olympiagold geholt. Kurz danach beendete sie ihre Karriere. Der offizielle Grund: Knieprobleme. Gerüchten zufolge spielte aber auch eine Rolle, dass in ihrer Trainingsgruppe eine gewisse Katarina Witt tanzte und dabei war, sich zu einer hartnäckigen Konkurrentin zu entwickeln.

© SZ.de/chge
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