Länderspiel-Gegner Israel:Wie der "Deutsche" Israel trainiert

Israel ist ein kleines Fußballland, eine Niederlage im Testspiel gegen Deutschland gilt als selbstverständlich. Doch Coach Eli Guttman will in Zukunft mehr erreichen als nur Siege gegen Malta. Wegen seines Hanges zu Ordnung und Disziplin gilt der Fußballlehrer in seiner Heimat fast schon als deutscher Wertarbeiter.

Peter Münch, Tel Aviv

Vereine und Verbände schmücken sich im Fußball gern mit Pokalen. Je voller die Vitrinen, desto größer der Stolz. Im Hauptquartier des Israelischen Fußballbundes (IFA) in Tel Aviv jedoch schmücken keine Trophäen die Räume, sondern Mannschaftsfotos - von Manchester United, von Ajax Amsterdam, von Bayern München.

Israel's Shechter reacts after scoring a goal against Czech Republic during their international friendly soccer match in Hartberg

Verdient sein Geld in Deutschland - noch: Israels Itay Shechter.

(Foto: REUTERS)

Jeder Mitarbeiter bekennt sich so zu seinem Lieblingsklub in Europa, der Stolz auf den eigenen Fußball ist dagegen offenbar eher wenig ausgeprägt. "Wir hatten keine gute Saison", sagt mit zerknirschter Miene der Verbandssprecher Amir Ephrat. Tatsächlich, die Liga war vom Krawall geprägt, die Nationalelf hat die Qualifikation für die EM verpasst - und nun geht es im Länderspiel in Leipzig auch noch gegen Deutschland, das in Israel als Favorit gilt für das EM-Turnier. "Hoffentlich seid ihr gnädig mit uns", sagt Ephrat.

Israel ist ein kleines Land und im Fußball auf Platz 58 der Fifa-Weltrangliste abgerutscht. Ein Sieg gegen Malta löst hier schon größte Freude aus, eine Niederlage gegen Deutschland gilt als selbstverständlich. Drei Mal sind die Teams bislang aufeinander getroffen, drei Mal gewann die Mannschaft mit dem Bundesadler auf der Brust - 1987 mit 2:0, 1997 mit 1:0 und 2002 mit 7:1. Den einzigen israelischen Treffer schoss bislang Olli Kahn per Eigentor.

Doch nicht nur deshalb ist ein Spiel gegen Deutschland immer anders als gegen Malta. Bei diesen Treffen geht es ja nicht nur um das Ergebnis, sondern immer auch um die Geschichte. Israels Trainer Eli Guttman hat dies seiner Auswahl noch einmal gesagt: "Ihr wisst, was es heißt, unsere Nationalhymne auf deutschem Boden zu hören."

Shechter einsam im Sturm

Dabei sind die Zeiten vorbei, da die Israelis bei großen Turnieren den deutschen Gegnern die Daumen drücken. "Der Tag nach dem WM-Finale 1974 war bei uns ein Trauertag", bekennt Amir Ephrat. Das sei noch die Zeit gewesen, in der deutsche Fußballer international gern mit Panzern verglichen wurden. "Heute ist das anders", sagt Ephrat, "heute ist der deutsche Fußball attraktiv, das hat auch in Israel das Bild verändert."

Reaktion in Kaiserslautern

Bundesligaspiele werden immer häufiger auf den israelischen Sportkanälen gezeigt - in der letzten Saison gern auch Nürnberg und Kaiserslautern, wo mit Almog Cohen und Itay Shechter israelische Nationalspieler unter Vertrag stehen. Selbst als Shechter einmal beim Training mit antisemitischen Parolen beschimpft wurde, war die Aufregung darüber in Deutschland größer als in Israel. "Die Antwort des Vereins und der Fans in Kaiserslautern war schnell und deutlich", lobt Verbandssprecher Ephrat, "das wurde auch hier anerkannt."

Der deutsche Fußball hat Boden gutgemacht in Israel, und vielleicht hat davon sogar Trainer Eli Guttman profitiert. Ende Dezember wurde er als Nationalcoach berufen, um das Team neu aufzubauen nach den Misserfolgen seines französischen Vorgängers Luis Fernandez in der EM-Qualifikation. Guttman trägt in Israel den Beinamen "der Deutsche", geschuldet ist dies seinem legendären Hang zur Disziplin, der ihn zuvor zu einem überaus erfolgreichen Vereinstrainer, zuletzt beim Champions-League-Teilnehmer Hapoel Tel Aviv, gemacht hatte.

Vor dem Deutschland-Spiel hat er seine Auswahl zu einem zweiwöchigen Trainingslager in Österreich versammelt, erholsam war die Bergwelt für die israelischen Spieler gewiss nicht. Nach einem durch ein Tor in der Nachspielzeit 1:2 verlorenen Testspiel gegen Tschechien am vergangenen Freitag schimpfte Guttman, "man kann keine Mannschaft bilden, wenn Spielern nach 60 oder 70 Minuten die Luft ausgeht". Gegen Deutschland will er sein Team nicht unbedingt siegen, aber in jedem Fall rennen sehen. "Ihr dürft eure Konzentration nicht für eine Sekunde verlieren", hat er den Spielern eingeschärft, "sonst lassen euch die Deutschen dafür bezahlen."

Israel will mit einer stabilen Abwehr antreten, im defensiven Mittelfeld muss Guttman jedoch auf den verletzten Nürnberger Cohen verzichten. Im Sturm steht einsam Itay Shechter, dessen Zukunft in Kaiserslautern ungeklärt ist. Spielerische Akzente soll England-Legionär und Kapitän Yossi Benayoun setzen, der in Israel als bester Spieler der Dekade gilt, mindestens. Auf seinen ersten Sieg im dritten Spiel als Nationaltrainer wagt Guttman aber kaum zu hoffen. "Für uns", sagt er, "ist es eine große Ehre, dass Deutschland sein letztes Spiel vor der EM gegen Israel macht."

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