Deutschland besiegt Uruguay 2:1:Schürrle besteht den Podolski-Test

Etwas glücklich hat die Nationalmannschaft mit 2:1 Uruguay besiegt - jetzt konzentriert sie sich eilig auf EM-Qualifikationsgegner Österreich. Was bleibt: dass Torschütze André Schürrle ganz gewiss eine Zukunft im deutschen Team hat.

Moritz Kielbassa, Sinsheim

Vor dem ersten Fußball-Länderspiel in der Geschichte des Kraichgaus leuchtete der Abendhimmel so hellblau wie die Hemden der Gastmannschaft, und auch die Paarung fand Anklang beim hörbar gut gelaunten Publikum: Uruguay, der WM-Vierte von Südafrika 2010, gegen Deutschland, den 3:2-Sieger damals im Trostpreis-Spiel um Platz drei - diesmal in der Rhein-Neckar-Arena, die der reiche Mäzen Dietmar Hopp für die TSG Hoffenheim in die Hügel seiner badischen Heimat gesetzt hat.

Deutschland - Uruguay

Tordebüt für Deutschland: André Schürrle.

(Foto: dapd)

Die deutsche Elf, zuletzt in vier Testspielen sieglos, beendete im Badischen diese kleine Flaute - durch ein lebhaftes, temporeiches, phasenweise aber etwas unstrukturiertes Spiel mit 2:1 (2:0) Toren, mit mehr Lust und Laune als taktischer Verbissenheit. Mario Gomez (20.) und Andre Schürrle (35.) trafen vor der Pause, Gargano (47.) kurz danach für Uruguay. Der Erlös dieses Benefizspiels, mehr als vier Millionen Euro, geht an Stiftungen des deutschen Fußballs - das gefällt auch Hopp, der sich ja für viele soziale Projekte engagiert.

3:3, 5:4, 6:2 - viele Endresultate wären möglich gewesen. "Sehr zufrieden", war Bundestrainer Joachim Löw mit dem munteren Vorglühen für die EM-Qualifikationsspiele am nächsten Freitag in Österreich und vier Tage danach in Aserbaidschan. Hierbei hat das DFB-Team eine makellose Bilanz (fünf Siege) zu verteidigen, und am Sonntagabend endete nun auch die Serie missglückter Testkicks. Schön für Löw - aber nicht maßgeblich: "Alles ist auf Österreich ausgerichtet", hatte der Bundestrainer betont.

Drei Wochen Pause zwischen dem Bundesliga-Finale und den Pflichtspielen in Wien und Baku, das ist mal eine ungewohnte Planungs-Aufgabe für Löw und seine Tüftler-Combo aus dem Trainerstab. Löw war überrascht über das "unglaubliche Tempo, vor allem in der ersten Halbzeit", so viel Frische und Kraft bei seinen Spielern hatte er "nicht erwartet nach der Unterbrechung" im Terminkalender.

In der Abwehr wurden gegen Uruguay - in Abwesenheit des krankgemeldeten Bremer Kettenchefs Per Mertesacker - zwei junge Dortmunder Meister getestet: Mats Hummels innen, Marcel Schmelzer links. In der Mittelfeldzentrale versuchten Toni Kroos und Simon Rolfes, der so lange verletzte Leverkusener, die lädierte Doppelsechs von Löws Vertrauen zu vertreten: Bastian Schweinsteiger ist mit gebrochenem Zeh ja schon in den Ferien, Sami Khedira (Muskelriss) möchte bis Wien eine Punktlandung schaffen. Und vorne? Begannen im offensiven Viereck neben den jungen Stammkräften Özil und Müller: Mario Gomez und Andre Schürrle.

Mittelstürmer-Kunstwerk

Zur Pause stand es 2:0 durch - Gomez und Schürrle. Nach zähem Beginn gab der auffällig Kurzurlaubs-gebräunte Mario Gomez den Impuls zum Torszenen-Reigen, nach der ersten defensiven Sünde der Gäste: Der Bundesliga-Schützenkönig des FC Bayern, in Löws festgezurrter Stürmer-Hierarchie nur die wartende Nummer zwei hinter Vereinskamerad Miroslav Klose, klaute Lugano den Ball vom Fuß, es folgte ein Kurvenlauf in den Strafraum, zielstrebig und elegant zwischen zwei Hellblauen hindurch, mit kühlem Abschluss zum 1:0.

Es war ein kleines Mittelstürmer-Kunstwerk, wie man es von Gomez zuletzt nur im Trikot der Bayern sah - und es war die Live-Bebilderung der aktuellen Löw-These: "Mario hat seine mentale Blockade bei uns überwunden. Er hat jetzt auch bei uns wieder viel mehr Selbstbewusstsein."

Kuddelmuddel im Strafraum

Nach dem 1:0 ging's rund: Lahm-Steilpass auf Özil, Parade von Torwart Muslera (23.). Schuss ans Außennetz von Cavani, Uruguays torgefährlichem Rechtsaußen vom SSC Neapel (30.), der zusammen mit Diego Forlan und Luiz Suarez ein - Zitat Löw - "absolut überragendes" Angriffsdreieck bildete. Und weiter ging's: Verrutschte Flanke von Kroos, die sich fast ins Tor senkte, erneut pariert von Muslera, dem Schlaks im Tor.

Danach dicke Chancen für Gomez und Rolfes - und dann kam Andre Schürrle, der am linken Flügel mit knallgelben Schuhen quicklebendig spielende junge Mainzer, mit seiner besten Nummer: Beschleunigung aus dem Stand, kurzer Antritt nach innen, Schlenzer mit recht ins hintere Eck, 2:0 (35.). Diese Gewissheit nahm Löw auf jeden Fall mit aus dem eher aufschlussarmen Test: Dass Schürrle "unserem Spiel guttut", wie der Bundestrainer lobte, und eine starke Alternative zu Lukas Podolski ist. Der Kölner antwortete nach seiner Einwechslung mit auffälligem Lauf- und Zweikampf-Pensum.

Immerzu jedoch steuerten auch die Südamerikaner Torchancen bei. Mehrmals zeichnete sich Manuel Neuer mit Paraden aus, in seinem vermutlich letzten Spiel als Schalker Nationaltorwart, bald wird er ja ein Münchner sein. Der defensive Zugriff seiner Vorderleute gab zu Beanstandungen Anlass, auch die Probanden Rolfes/Kroos ließen so manche Lücke offen: "Spaß haben", hatte Löw als Motto ausgegeben - ein bisschen mehr Ordnung hätte es aber schon sein dürfen. In der 47. Minute war dann auch Neuer bezwungen, Walter Gargano traf nach einem Kuddelmuddel im Strafraum.

Auch der Rest des Abends blieb kurzweilig, aber arg zerfahren. Mit Abseitstoren (Arne Friedrich), einem tollen Gomez-Solo mit Schuss aus spitzem Winkel neben das leere Tor (74.) - und weiteren Rettungstaten von Neuer gegen Cavani und Forlan. Löw wechselte rege ein: Klose als Halbspitze hinter Gomez, weitere Kandidaten für die Mittelfeldzentrale (Träsch) und die Verteidigung (Badstuber, Schalke-Debütant Höwedes) und Dortmunds Überflieger Götze. Das Ergebnis des Castings folgt in Wien.

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