Labbadias Aus beim VfB Stuttgart:Ende eines ungleichen Paares

Fredi Bobic Bruno Labbadia VfB Stuttgart

Ende nach zweieinhalb Jahren Zusammenarbeit: VfB-Manager Fredi Bobic (links) und der entlassene Trainer Bruno Labbadia.

(Foto: dpa)

Der eine liebt die Aufbruchsstimmung, der andere arbeitete an seinem Ruf als knochentrockener Realist: Manager Fredi Bobic und Trainer Bruno Labbadia haben beim VfB Stuttgart einige Krisen durchgestanden - am Ende waren beide doch zu verschieden. Nachfolger wird der bisherige Nachwuchstrainer Thomas Schneider.

Von Andreas Glas

Auf dem Weg in die Kabine hat er Bruno Labbadia ein letztes Mal den Arm getätschelt, dann ließ Fredi Bobic los. Im Hintergrund brüllten die Stuttgarter Fans "Bruno raus", und wer Labbadia und Bobic nach der 1:2-Niederlage in Augsburg beobachtet hat, konnte sehen, warum das Duo eben doch zu verschieden war, um auch diese Krise gemeinsam durchzustehen.

Während Labbadia still an den Journalisten vorbei huschte, platzte Bobic der Kragen, als ein Stuttgarter Reporter ihm die Trainerfrage stellte. "Das ist eine dumme und respektlose Frage", schnaubte Bobic. Dann rauschte auch er davon.

Seit Montagmorgen steht fest: Bruno Labbadia ist nicht mehr Trainer des VfB Stuttgart. Damit endet die Geschichte eines ungleichen Paares: Auf der einen Seite Manager Bobic, der Visionär, ein positiver Typ, der gerne über große Pläne redet. Auf der anderen Seite Trainer Labbadia, der Bremser, ein knochentrockener Realist, der große Pläne gerne klein redet. Während Bobic vor dieser Saison "hohe Ansprüche" formulierte und Platz fünf als Saisonziel ausgab, war Labbadia davon so erschrocken, dass ihn das Gefühl beschlich, "wir hätten Neymar und Messi verpflichtet". Und er mal wieder die Euphoriebremse trat.

Die VfB-Fans mochten Labbadias Understatement von Anfang an nicht. Doch dank Bobic überstand er in gut zweieinhalb Jahren Amtszeit gefühlt zwölfeinhalb Krisen. Immer wenn die Öffentlichkeit begann, am Trainer zu zweifeln, machte Bobic den Debatten ein Ende - und stärkte Labbadia den Rücken. Doch nach der peinlichen 1:2-Pleite in der Europa League beim kroatischen Klub HJK Rijeka schien Bobic müde geworden, seinen Trainer immer und immer wieder zu verteidigen.

Nach der Niederlage beim FC Augsburg, der dritten im dritten Liga-Spiel, war es endgültig vorbei mit der Loyalität. Auf Labbadia angesprochen, sagte Bobic zunächst halbherzig einen Satz, den er schon oft gesagt hatte: "Wir haben schon die eine oder andere schwere Phase zusammen genommen." Doch diesmal schickte Bobic ein deutliches Aber hinterher: "Aber ich muss das erst verdauen und verarbeiten", sagte er beim Sender Sky, "da kann ich jetzt noch nicht die ganz großen Schlüsse ziehen."

Noch nicht, erklärte Bobic. Was Fußball-Manager eben sagen, am Abend bevor sie einen Trainer feuern.

Schneider als Kandidat

Dürften Fans Trainer feuern, Labbadia hätte in Augsburg längst nicht mehr auf der VfB-Bank gesessen. Zuletzt hatte der 47-Jährige immer wieder Taktik und Aufstellung verändert, es wirkte beinahe verzweifelt. Die Bilanz der noch jungen Saison: Außer dem Pokalspiel beim Fünftligisten Dynamo Berlin (2:0) gewann Labbadia kein einziges der bislang sechs Pflichtspiele.

Schlimmer als die Ergebnisse aber war das Auftreten der Mannschaft, die mit ansprechendem Personal wie Stürmer Mo Abdellaoue in der Sommerpause verstärkt wurde: konzeptlos, ideenlos, lustlos. Wie weggeblasen war der Schwung vom Pokalfinale in Berlin, als der VfB dem FC Bayern einen großen Kampf lieferte, am Ende knapp 2:3 verlor. Aus dem VfB-Umfeld war außerdem zu hören, dass sich einige Spieler über Labbadia beschwert hätten, vor allem die Zugänge sollen unzufrieden gewesen sein.

Einer der schärfsten Kritiker Labbadias dürfte allerdings ein Mann gewesen sein, der erst in ein paar Tagen sein Amt beim VfB Stuttgart antritt: Bernd Wahler, Manager bei einem Sportartikelhersteller, vor wenigen Wochen zum neuen Vereinspräsidenten gewählt. Der 55-jährige Wahler ist das Gegenteil von Labbadia: Lautsprecher, Visionär, Stimmungsmacher statt Stimmungstöter. Das mögen die VfB-Mitglieder, die Mahler prompt mit 97,4 Stimmen zum Chef machten. Dass Lautsprecher Wahler ein Befürworter des Leisetreters Labbadia gewesen ist, ist nur schwer vorstellbar. Gut möglich, dass der neue Präsident bereits ein Wort mitgesprochen hat bei der Trainerentlassung.

Mit Wahler und Bobic stehen nun zwei Männer an der Vereinsspitze, die große Pläne haben und die Aufbruchsstimmung lieben. Dass ein ebenso sachlicher Typ wie Labbadia neuer Trainer wird, galt daher als unwahrscheinlich. Stattdessen setzt der VfB Stuttgart nun auf den bisherigen Nachwuchstrainer Thomas Schneider, einer aus der Kategorie jung und dynamisch, ein Typ wie der Mainzer Coach Thomas Tuchel, sagen manche.

Fredi Bobic schwärmt jedenfalls in höchsten Tönen von Schneider. Er sei ein großes Trainertalent, sagt Bobic. So viel Lob hatte Labbadia in Stuttgart schon lange nicht mehr gehört.

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