Labbadia und der HSV:Der Gefeuerte soll es retten

Labbadia und der HSV: "Ich stand heut morgen plötzlich da und musste ein Training leiten", sagt Bruno Labbadia.

"Ich stand heut morgen plötzlich da und musste ein Training leiten", sagt Bruno Labbadia.

(Foto: AP)
  • Bruno Labbdia übernimmt sofort als Trainer den Hamburger SV.
  • Weil die Gespräche mit Thomas Tuchel scheiterten, entschied sich Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer für den ehemaligen Stürmer.
  • Labbadias Vertrag gilt Liga-unabhängig auch für die kommende Saison. Als erste Maßnahme kündigte er ein kurzes Trainingslager an.

Von Martin Schneider

Bruno Labbadia fasst sich mit der rechten Hand an sein Kinn. Dann deutet er nach rechts, dann klatscht er. Bruno Labbadia gestikuliert sehr viel an diesem Mittwochmorgen. Das Überraschende, ja Sensationelle an der Szene ist, dass Bruno Labbadia einen HSV-Trainingsanzug trägt und nun tatsächlich dafür verantwortlich ist, den Verein vor dem ersten Abstieg seiner Bundesligageschichte zu bewahren. Ausgerechnet Labbadia, den sie in Hamburg 2010 schon einmal entlassen hatten. "Ich stand heut' morgen plötzlich da und musste ein Training leiten", sagt Labbadia später. Wie kam es dazu?

Auf der Pressekonferenz nach dem Training sitzen Dietmar Beiersdorfer, Bruno Labbadia und Peter Knäbel nebeneinander und versuchen, genau das zu erklären. Thomas Tuchel spielt dabei eine wichtige Rolle. Der ehemalige Trainer des FSV Mainz 05 fehlt und das ist im Prinzip auch schon der Hauptgrund dafür, dass Labbadia da ist. Vorstandschef Beiersdorfer schaltet das Mikrofon an. Er hatte am Sonntag noch gesagt, dass er einen weiteren Trainerwechsel ausschließe.

Die Gespräche mit Tuchel scheiterten

Jetzt sagt er: "Ich bin am Sonntag auch noch davon ausgegangen. Am Montag hat sich die Situation aber geändert. Wir mussten zur Erkenntnis kommen, dass die Gespräche mit Thomas Tuchel nicht weiterzuführen sind", sagt Beiersdorfer. Bruno Labbadia sei der beste Mann zum aktuellen Zeitpunkt. Sein Vertrag gilt Liga-unabhängig auch für die kommende Saison.

Wegen der akuten Notlage wollten sie beim HSV nach SZ-Informationen einen sofortigen Einstieg von Tuchel. Als der sich weigerte, schon in dieser Saison beim Tabellenletzten zu übernehmen, mussten die Verantwortlichen auf eine Alternativlösung ausweichen. Das hat auch mit dem Interimstrainer Peter Knäbel zu tun. Der hat seine beiden Spiele gegen Leverkusen (0:4) und Wolfsburg (0:2) verloren.

Gegen zwei der aktuell stärksten Teams der Liga kann das schon mal passieren. Allerdings lieferten die Hamburger davon unabhängig vor allem in der zweiten Halbzeit gegen Wolfsburg eine erschreckende Leistung ab. In der Halbzeitpause im Spiel dieses Spiels prügelten sich die HSV-Spieler Valon Behrami und Johan Djourou in der Kabine, Knäbel selbst kritisierte einzelne Spieler öffentlich.

Labbadia will keine "Scheißhaus-Parolen" ausgeben

Sie wollten also für die letzten sechs Spiele der Saison einen neuen Impuls setzen, sagt Beiersdorfer. Labbadia wohnt in Hamburg und war seit seiner Entlassung beim VfB Stuttgart im August 2013 verfügbar. Schon nach der Entlassung von Mirko Slomka im September 2014 habe man sich mit Labbadia beschäftigt, sich dann aber für die interne Lösung mit Joe Zinnbauer entschieden, der damals die zweite Mannschaft des HSV trainierte.

Schon bei Labbadias erster Trainerzeit beim HSV in der Saison 2009/10 war Beiersdorfer für die Verpflichtung des ehemaligen Stürmers verantwortlich. Noch bevor Labbadia aber tatsächlich Trainer wurde, musste Beiersdorfer wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem damaligen Präsident Bernd Hoffmann gehen. Labbadia wurde dann drei Spieltage vor Schluss und vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Europa League gegen Fulham entlassen. Der HSV war zu diesem Zeitpunkt Tabellensiebter.

Labbadias Frau fliegt nach Mallorca, er nach Hamburg

Nun also der neue Versuch mit Labbadia, der nach Slomka, Zinnbauer und Knäbel der vierte Übungsleiter der Saison ist. Als erste Maßnahme kündigte Labbadia direkt ein kurzes Trainingslager in Rotenburg an der Wümme an. "Mir ist bewusst, dass die Situation schwer ist, aber ich habe Bock."

Als klar war, dass der HSV mit Tuchel nicht einig wurde, stand Labbadia mit seiner Frau in Frankfurt am Flughafen. Sie flog nach Mallorca, er zum HSV. "Manchmal muss man Dinge einfach tun", sagt Labbadia. Er werde jetzt, so wörtlich, "keine Scheißhaus-Parolen" ausgeben, sondern alles tun, um kurzfristig Erfolg zu haben. "Wir haben keine Zeit zu verschenken", sagt er.

Auf einen Mann muss er dabei aber verzichten. Peter Hermann, von Knäbel vor 19 Tagen als Co-Trainer geholt, will das Theater nicht mitmachen. Hermann, der als Co-Trainer unter Jupp Heynckes mit Bayern München das Triple gewann, steht nicht zur Verfügung. "Ich habe versucht, ihn zu überreden. Es war mein Wunsch, mit ihm zu arbeiten", sagt Labbadia. "Aber er hat sich aus persönlichen Gründen dagegen entschieden."

Nach der Rückkehr aus dem Trainingslager am Freitag spielt der HSV am Sonntag in Bremen. Labbadia hat noch sechs Spiele Zeit, um entscheidend zu punkten. Gegner sind Augsburg, Mainz, Freiburg, Stuttgart und Schalke. Von seinen ersten sechs Spielen als HSV-Coach hatte Labadia 2009 übrigens keines verloren. Nur war die Gesamtsituation eine andere: Hamburg war damals Tabellenführer.

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