Süddeutsche Zeitung

FC Barcelona:Schock nach der Fußball-Kunst

Wenige Stunden nach Barças 4:0 gegen Valladolid, zu dem Lewandowski zwei sehenswerte Tore beisteuert, wird sein Stürmerkollege Aubameyang mit vorgehaltener Waffe ausgeraubt. Dagegen verblasst sogar ein Veilchen des Präsidenten.

Von Javier Cáceres

Der FC Barcelona will zurzeit einer ganzen Reihe seiner Spieler den Verbleib in der katalanischen Hauptstadt verleiden. Denn der milliardenschwer verschuldete Klub muss seine horrenden Gehaltskosten senken. Zu den Profis, die gehen sollen, zählt der frühere Bundesliga-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang, der während der Vorsaison vom FC Arsenal aus London zu Barça stieß und dort soeben den früheren FC-Bayern-Torjäger Robert Lewandowski, 34, vorgesetzt bekam. Aubameyang, 33, dürfte sich nun wohl tatsächlich überlegen, ob er noch länger an der Mittelmeerküste bleiben will - aus Gründen allerdings, die mit dem Klub Barça im engeren Sinn nichts zu tun haben dürften.

Wie die Zeitung El País am Montag berichtete, wurde Aubameyang in seinem Domizil in Castelldefels Opfer eines Raubüberfalls. Der Ort liegt wenige Kilometer von Barcelona entfernt und ist einer der bevorzugten Residenzorte der Barça-Profis. Vor gar nicht allzu langer Zeit lebten dort noch Lionel Messi, Neymar und Luis Suárez, auch Barças deutscher Torwart Marc-André ter Stegen hat sich in Castelldefels niedergelassen.

Nach vorläufigem Kenntnisstand drangen mindestens vier maskierte Diebe auf das Grundstück von Aubameyang vor und bedrohten und traktierten den ehemaligen Dortmunder mit Schusswaffen und Eisenstangen. Aubameyangs Lebensgefährtin sei bedrängt und gezwungen worden, den Safe des Hauses zu öffnen, die Diebe raubten offenbar wertvollen Schmuck. Zeugen berichteten, dass die Täter in einem Audi A3 flüchteten. Wie der Klub ergänzend mitteilte, gehe es den Opfern den Umständen entsprechend gut. Medienberichten zufolge zogen die Aubameyangs vorerst in ein Hotel nach Barcelona.

"Der fliegende Pole", titelt eine Zeitung nach dem artistischen Tor von Lewandowski

Der Überfall auf Aubameyang war das größte, aber nicht das einzige Vorkommnis, das am Wochenende in Barcelona für weite Pupillen sorgte. Vor dem Spiel gegen Valladolid am Sonntagabend (4:0) wanderten die Blicke hinauf zur Ehrentribüne, wo der frühere brasilianische Weltklassestürmer und jetzige Valladolid-Eigner Ronaldo Luís Nazário de Lima - bekannt als "der echte Ronaldo" - an der Seite von Barca-Präsident Joan Laporta erschienen war. Und auch Bundestrainer Hansi Flick wurde dort gesichtet.

Während Ronaldo seine berühmte Zahnlücke preisgab, lächelte Laporta eher gequält. Der Grund: Er wies unter dem rechten Augenlid einen lila Fleck auf, der auf einen "häuslichen Unfall" zurückzuführen sei, wie es rasch hieß. Ob eine gusseiserne Pfanne vom Küchenschrank gefallen war, ob Laporta gegen eine Tür gelaufen war oder ob er Bekanntschaft mit einem Nudelholz gemacht hat - das blieb offen. Wenigstens kam Barcelona auf dem Rasen gegen die lavendelfarben gekleideten Gäste von Valladolid ohne Veilchen davon.

Das lag einerseits an Torwart ter Stegen, der wie schon in den Spielen zuvor stets zur Stelle war, wenn er zu Paraden genötigt war. Und es lag natürlich am Vollstrecker Lewandowski, der neulich ja ebenfalls Bekanntschaft mit der katalanischen Unterwelt machen musste - ihm wurde beim Autogrammeschreiben eine Luxusuhr vom Handgelenk geklaut.

Auf dem Platz steuerte Lewandowski zwei Tore zum 4:0 bei. Beim ersten (24.) fühlten sich ältere Barça-Fans an einen legendären Treffer von Johan Cruyff gegen Atlético Madrid anno 1973 erinnert: Lewandowski sprang am linken Pfosten mit ausgefahrenem Fahrwerk einem nahezu unerreichbaren Ball hinterher - und drückte ihn per Karatetritt über die Linie. "Der fliegende Pole", schrieb El Mundo Deportivo über den Mittelstürmer, der zum Champions-League-Vorrundenspiel in Kürze nach München zurückkehren wird. Sein zweiter Treffer gegen Valladolid (die anderen steuerten Pedri und Sergi Roberto bei) war dann Kunst in Vollendung: Er jagte den Ball per Hacke ins Netz.

Präsident Laporta und Schatzmeister Olivé bürgen persönlich für das Gehalt von Zugang Koundé

Nach Landessitte debattierten manche darüber, ob dieses Tor wirklich Lewandowski gutgeschrieben werden müsse, denn ein Verteidigerbein war noch dran. Dies zielte natürlich auf das absehbare Duell des Polen mit Karim Benzema um den Titel des Liga-Torschützenkönigs ab. Der Franzose traf am Sonntag bei Real Madrids 3:1 bei Espanyol Barcelona ebenfalls zwei Mal. Benzema hat damit an den ersten drei Spieltagen drei Treffer geschafft, einen weniger als Lewandowski.

Der frühere Münchner wurde medial mit Lob überhäuft, auch sein Trainer Xavi Hernández stimmte schwärmend mit ein: Es sei "ein Segen", Lewandowski in der Mannschaft zu haben, er sei ein "echter Leader". Das sah man auch auf dem Platz. Der Torjäger tauschte sich nach jedem Tor mit den Kameraden aus, unter anderem mit Verteidiger Jules Koundé, der erst am Vorabend der Partie bei der Liga eingeschrieben werden konnte.

Der spanische Ligaverband hatte sich wegen der prekären Finanzlage Barcelonas gegen die Spielberechtigung Koundés gesträubt - bis Laporta und Schatzmeister Ferrán Olivé persönlich für das Gehalt des Franzosen bürgten. Laut Zeitung As steuerten sie fünf Millionen Euro bei. Die beiden hoffen, die Bürgschaften schon bald durch Barça-Geld ablösen zu können - dazu würde ein Verkauf von Aubameyang beitragen.

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