La Glosse:Magie der Badekappe

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Der Aberglaube ist ein großes Thema unter Fußballern. Kroatiens Verteidiger Corluka setzte auf eine Wasserball-Haube - bis zum Achtelfinale.

Von Holger Gertz

Der große Brasilianer Mário Zagallo ist Zeit seines Lebens beschienen worden von der gütigen Sonne der Zahl 13. Zum Dank hat Zagallo im Hotel immer in der 13. Etage gewohnt, die 13 tauchte stets in seinem Autokennzeichen auf, er heiratete an einem 13. Zagallo war Weltmeister als Trainer und Spieler, '58 gewann er den Titel erstmals, 5 + 8 ergibt 13. Der Aberglaube ist ein großes Thema unter Fußballern, daraus abgeleitet haben sie eine sehr spezielle Fähigkeit. Sie sind imstande, die Magie in allen Dingen zu erkennen. Wer jetzt sagt: Jaja, die Magie im Kontoauszug erkennt man leicht - der hat den Fußball nie geliebt.

Es geht dem Fußballer nicht um Geld, es geht ihm zum Beispiel um eine Badekappe, wie dem kroatischen Verteidiger Vedran Corluka, der sich im ersten Spiel des Turniers gegen die Türken eine Platzwunde am Kopf einhandelte, weshalb sein Schädel mit allerlei fadenscheinigen Tüchern umwickelt wurde, die aber dauernd ins Rutschen gerieten. Dem weltgewandten Corluka, der einst auch für Leverkusen in der Bundesliga gespielt hat, war sofort klar, dass er Gefahr lief, in die Geschichte des Fußballs als Erbe von Dieter Hoeneß einzugehen, dessen blutdurchtränkter Turban aus den frühen Achtzigern stets reflexartig als Referenz herangezogen wird, wenn irgendjemandem der Schädel brennt.

Der "Dieter-Hoeneß-Gedächtnisturban" ist sogar denen ein Begriff, die noch nicht geboren waren, als Dieter Hoeneß spielte. Corluka jedenfalls, um nicht einer unter vielen austauschbaren Gedächtnisturbanträgern zu werden, wechselte im Verlauf der EM-Vorrunde zu einer Wasserball-Haube in den kroatischen Nationalfarben, eine Art Badekappe für Fortgeschrittene. Wie eine Boje im Meer war sie bei Rudelbildungen Teil des Ganzen und deswegen bestens sichtbar. Sofort wurde sie zu einem Fetisch veredelt. Die Magie in allen Dingen: "Es sieht so aus, als würde sie Glück bringen", sagte Corluka und kündigte an, ihr auch im Achtelfinale zu vertrauen.

Dazu kam es leider nicht. Corluka musste dauernd geknetet, massiert und reanimiert werden, er ist der Schmerzensmann aller Schmerzensmänner. Am Kopf aber sah er ohne seine Badekappe gewöhnlich aus, geradezu unspektakulär, fast langweilig. Womit er sich dem Style dieser EM auf sehr diskrete Weise angepasst hat.

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