Süddeutsche Zeitung

Kunst der Bewegung: Hammer und Diskus:Drehung mit Schrei

Wie funktionieren Hammer- und Diskuswurf? Die Werfer winden sich mit dem Gerät um die eigene Achse und müssen in einem Augenblick alles richtig machen. Mit Video.

Thomas Hahn

Die Läufer haben einen beträchtlichen Vorteil gegenüber den sogenannten technischen Disziplinen. Sie führen eine zyklische Bewegung aus, das heißt, die grundlegenden Muster ihrer Bewegung wiederholen sich immer wieder, technische Fehler fallen deshalb nicht so ins Gewicht. Der Läufer macht sie durch seine Ausdauer oder Schnelligkeit wett bzw. hat die Chance, sie während des Wettkampfes zu korrigieren. Bei den Sprung- und Wurfdisziplinen ist das anders. Dort müssen die Sportler in einem Augenblick alles richtig machen, sonst misslingt der Sprung oder ihr Wurfgerät fliegt nicht so weit, wie sie es gerne hätten. Beim Diskuswerfen und beim Hammerwerfen zum Beispiel.

Hammer- und Diskuswerfer nutzen die gleiche Wettkampfstätte, einen kreisrunden Ring mit 2,5 Metern Durchmesser, der von einem hohen Netz umgeben ist und von dem aus sich der Sektor als gleichschenkliges Dreieck in einem 34,92-Grad-Winkel ins Feld erstreckt. Die Fläche, auf welcher der Werfer seine Wurftechnik absolvieren muss, ist klein. Deswegen verlängern Diskus- und Hammerwerfer ihre Ausholbewegung, indem sie sich mit ihrem Gerät um die eigene Achse drehen. Beide Werfer machen dabei ganz unterschiedliche Drehbewegungen.

Der Hammerwerfer dreht sich und seinen Hammer, der gar nicht wie ein Hammer aussieht, sondern eine Kugel von 7,25kg (Männer) bzw. 4,00kg (Frauen) Gewicht an einem Draht ist, mit stetig steigender Geschwindigkeit um die eigene Körperlängsachse. Wenn die Geschwindigkeit am höchsten ist, wirft er ihn ab, nach höchstens vier Drehungen - für mehr ist der Ring zu klein und die Sportler würden wegen der steigenden Fliehkräfte die Kontrolle über ihr Gerät verlieren. (Im Video: die deutsche Hammerwurf-Weltmeisterin Betty Heidler)

Mit dem Diskus wiederum - Gerätedurchmesser elf Zentimeter, Gewicht zwei Kilo bei den Männern, ein Kilo bei den Frauen - gehen die Werfer ganz anders um. Die Ausholbewegung des Diskuswerfers umfasst eineinhalb Körperumdrehungen. Am Beginn steht der Athlet mit dem Rücken zur Wurfrichtung und schwingt den Diskus in der Wurfhand bis zu einer Verwringung zwischen Hüft- und Schulterachse an. In der eineinhalbfachen Drehung versucht der Werfer eine Höchstgeschwindigkeit des Köperschwerpunktes von rund 2,0 Meter pro Sekunde und eine Abwurfgeschwindigkeit des Diskus von rund 25 Metern pro Sekunde zu erreichen.

Weil er keinen Tacho angebaut hat, muss er sich dabei auf sein sogenanntes Wurfgefühl verlassen, seinen Instinkt, mit dem der exzellente Werfer die Kräfte, die er auf sein Gerät wirken lässt, immer intuitiv richtig dosiert. Der explosive Abwurf des Diskus in den Wurfsektor beendet den Wurf, den die Werfer nicht selten noch mit einem gewaltigen Schrei begleiten. Als könnten die Schallwellen ihr Gerät wenigstens ein paar Zentimeter weiter tragen. (Im Video: die deutsche Diskus-Weltmeisterin Franka Dietzsch)

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