Kultur und Sport:Falscher Fallrückzieher

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"Heiß auf die 2. Liga": Eine Theaterkomödie über den Abstieg des Fußballklubs Hamburger SV spielt vor allem in der Waschküche.

Von Jörg Marwedel

So richtig gut gefallen hat die Vorführung dem Zuschauer Heribert Bruchhagen vermutlich nicht. Der erst im März entlassene Klubchef des Hamburger SV war von seinem Freund, dem heutigen Besitzer der Hamburger Kammerspiele und früheren HSV-Präsidenten Jürgen Hunke, zur Uraufführung der Komödie "Heiß auf 2. Liga" eingeladen worden. "Brecht hätte seine Freude gehabt", raunte Bruchhagen später immerhin. Aber wahrscheinlich war Bruchhagen der Klamauk doch ein bisschen zu nah an der Realität des Fußballbusiness.

Das von Jörg Menke-Peitzmeyer geschriebene und vom Regisseur Gil Mehmert ("Wunder von Bern") auf die Bühne gebrachte Werk machte - bei aller Übertreibung - gut nachvollziehbar, weshalb der stolze, oft großkotzige HSV mit einer Mischung aus Misswirtschaft und Eitelkeit erstmals in die zweite Liga absteigen musste. Das Stück spielt vor allem in einer Waschküche, in der die Spielertrikots gewaschen werden. Die Waschmaschinen heißen, in Anlehnung an die großen Vereinshelden, Horst, Manni, Felix und Kevin. Wobei die Maschine Felix laut Aufschrift außer Betrieb ist, denn viele wollen Felix Magath, den früheren Nationalspieler, Manager und Trainer des HSV, ja nicht mehr im Verein haben. Die Waschfrau Luise wird als "Seele des Vereins" vorgestellt. Sie weiß sehr genau, dass es nicht reicht, einfach nur ein guter Spieler zu sein. "Die Kunst ist, beim HSV ein guter Spieler zu sein."

Die Vorstandsvorsitzende, eine toughe Vierzigerin, sitzt derweil zwischen einem mächtigen, ahnungslosen Aufsichtsrat und dem Mäzen RP Hala. Das ist ein Wäschereibesitzer und Eigentümer von Mietshäusern, der damit angibt, öfter Unternehmer des Jahres gewesen zu sein als Ronaldo Weltfußballer. Seine Mieterhöhungen begründet er gerne damit, dass er dem HSV etwas Gutes tun müsse. Vom Trainer Dietmar Trutz, der Ähnlichkeit mit dem derzeitigen Coach Christian Titz hat, hält er nichts. Der frühere Nachwuchstrainer sei ein "U 19-Tätschler", lästert er.

Am Schluss wird Trutz rausgeworfen, weil er Halas Idee nicht umsetzen kann und will. Die Idee ist nämlich, dem Zweitligisten einen Brasilianer namens Sergio zu verpflichten, einen Spieler, der auch für die "ersten fünf der Bundesliga" interessant wäre, wie Hala sagt, der wiederum sehr an Mäzen Klaus-Michael Kühne erinnert. Sergio soll dafür sorgen, dass es auch bei Zweitligaspielen gegen Sandhausen oder Heidenheim inspirierte Auftritte gibt und nicht nur ein 1:0 gegen Regensburg. Wobei Seele Luise einwirft, ein 1:0 gegen Regensburg sei gar nicht so übel (in Wirklichkeit setzte es am Sonntag gegen diesen Gegner ein 0:5).

Deshalb pflegt Hala den Kontakt zu einem windigen Spielerberater, der ihn mit einem Video von einem Fallrückzieher des angeblichen Sergio verrückt macht. Der Spielerberater setzt einen Vertrag auf, "ein Manifest der Gier", wie die Vorstandsfrau anmerkt. Trotzdem unterschreibt sie. Bis heraus kommt, dass der angeblich große Brasilianer eigentlich nie spielt, weil er angeblich einen Muskelfaserriss hat oder zufällig wegen ein paar Tätlichkeiten vom Platz gestellt wird. Der Spielerberater hat Sergio mit anderen Namen schon auf Zypern und in der Schweiz Verträge besorgt.

Als Trainer Trutz schließlich rausgeworfen wird, warnt er noch, den Verein nicht wieder Geschäftemachern zu überlassen, die "in zwei Jahren die Champions League versprechen".

Andreas Rettig, dem realen Geschäftsführer des FC St. Pauli, hat das Stück gut gefallen. Er meint, das sei "die richtige Einstimmung für Sonntag". Dann steigt das Zweitliga-Derby zwischen dem HSV und St. Pauli.

© SZ vom 26.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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