Kroatien:Wurfgewalt in der Olympiahalle

Nach der Blamage bei der EM im eigenen Land vor einem Jahr starten die Kroaten mit einem Sieg in die WM. Nicht nur der Titelfavorit darf sich über den gelungenen Auftakt freuen, sondern auch der Standort München.

Von Ralf Tögel, München

Natürlich war Niko Kovac auch da. Der Trainer des FC Bayern ist der wohl bekannteste Kroate in der bayerischen Landeshauptstadt, doch an diesem Abend ging es nicht um Fußball. Es ging um Handball. Kovac war nur Beiwerk, im Fokus standen andere, Luka Stepancic etwa, den durfte Kovac zum besten Spieler der Partie gegen die Isländer küren. Acht Treffer erzielte der wurfgewaltige Linkshänder vom französischen Spitzenteam Paris Saint-Germain beim 31:27-Erfolg gegen die sich tapfer wehrenden Isländer - und hatte damit den größten Anteil am gelungenen Start in die Weltmeisterschaft.

Doch nicht nur der Mitfavorit auf den Titel durfte sich über einen gelungenen Auftakt freuen, auch der WM-Standort München legte einen guten Start hin. 12 000 Menschen kamen am ersten Spieltag der Vorrundengruppe B in die ausverkaufte Olympiahalle und brachten eine grandiose Stimmung, immer wieder schwappte die Welle durch das Oval. "Wir können Handball", hatte Marion Schöne, die Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH (OMG) versprochen, nun folgte der Beweis schon am ersten Tag.

Vor allem die Kroaten, die größte ausländische Bevölkerungsgruppe eines EU-Staates in der Landeshauptstadt, erwiesen sich als die erwartet emotionalen Fans. Den Spielern war schon klar, dass viele Landsleute in München leben, erklärte Stepancic nach dem Sieg, doch mit einer solchen Unterstützung hätten sie nicht unbedingt gerechnet. So lieferten sich die Fans der Kroaten mit der deutlich kleineren Kolonie aus dem hohen Norden - 1000 Karten waren an den isländischen Verband gegangen - einen bunten und lautstarken Wettkampf, der noch einiges erwarten lässt. Denn nur für Montag, 14. Januar, und Mittwoch, 16. Januar, sind noch Karten verfügbar, wie OMG-Pressechef Tobias Kohler sagt. 400 Karten gibt es noch für Montag, etwa 800 für Mittwoch. Auch das Kontingent an 1000 Stehplatztickets, das die OMG für die ausverkauften Spieltage aufgelegt hatte, war im Nu vergriffen. "Wenn man euphorisch werden will, kann man sagen, dass wir auf Wolke sieben schweben", freut sich Kohler. Er rät zur Eile, wenn man noch einen Besuch in der Halle ins Auge fasst.

Domagoj Duvnjak vom THW Kiel soll bei der Wiedergutmachung helfen

Denn was es zu sehen gibt, lohnt allemal: Weltklassehandball. Wie beim Sieg des zweimaligen Olympiasiegers gegen die starken Isländer, in dessen Reihen neben Stepancic noch Spielgestalter Luka Cindric (6 Tore) und Domagoj Duvnjak (3) die bestimmenden Akteure waren. Vor allem auf Duvnjak vom THW Kiel stützen sich die Hoffnungen des Weltmeisters von 2003. Wie schon bei der Heim-EM vor einem Jahr, als er gerade von einer OP an der Patellasehne genesen ins Turnier ging - und sich im ersten Spiel verletzte und die Handballnation in einen Schockzustand stürzte. Der fünfte Platz wurde als Blamage empfunden, nun soll ein gesunder Duvnjak bei der Wiedergutmachung helfen.

Der Start der Kroaten ins WM-Turnier war heftig umkämpft, anders als bei den klaren Favoritensiegen von Mazedonien gegen Japan (38:29) und Spanien gegen Bahrain (33:23). Neun Minuten vor Schluss lag Island noch 26:25 vorne, die Wikinger begeisterten, angeführt von ihrem genialen Spielmacher Aron Palmarsson, der mit sieben Treffern bester Werfer seiner Auswahl war, mit schnellem Tempohandball und harten Schlagwürfen aus der Distanz. Island war allemal gleichwertig, vor der Pause lag das Team von der Insel der Geysire 14:11 vorne, die Kroaten aber drehten den Rückstand mit fünf Treffern in Serie in eine 16:14-Führung.

Den verdienten Sieg hatten die Kroaten letztendlich starken Phasen von Torhüter Ivan Stevanovic und einer kompromisslosen Abwehrarbeit zu verdanken. Denn so kamen sie zu ihrem gefürchteten Konterspiel - bei dem sich Rechtsaußen Zlatko Horvat (5) hervortat. Einer von vielen Spielern, die nach dem Sieg vom Trainer geherzt wurden. Vom Fußballtrainer Niko Kovac.

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