Kroatien im WM-Finale:Mandzukic kehrt den Stolz hervor

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Gab seiner Mannschaft nach seinem Anschlusstreffer zum 2:4 kurz noch einmal Hoffnung: Mario Mandzukic (Foto: REUTERS)
  • Während des WM-Finals wird Stürmer Mario Mandzukic durch sein frühes Eigentor zur Unglücksfigur - doch er trifft auch am richtigen Ende.
  • Nach dem Endspiel in Moskau nimmt er noch eine dritte Rolle eine: die des stolzen Kämpfers, der seine Kameraden daran erinnert, das sie Großes geleistet haben.
  • Denn die Kroaten waren gegen Frankreich nicht so unterlegen, wie es das Ergebnis glauben lässt.

Von Javier Cáceres, Moskau

Die Partie war vorüber, das Finale gegen Frankreich mit 2:4 verloren. Und doch war kein Anlass zur Flucht in die Trauer. Fand jedenfalls Mario Mandzukic, der stolze Stürmer der Kroaten.

Die Hälfte der kroatischen Mannschaft war auf dem Rasen in sich zusammengebrochen; im Wissen darum, dass sie eine Chance vergeben hatten, die man wohl unwiederbringlich nennen muss: die Chance auf den WM-Titel. Doch es gab eben auch die andere Sicht auf die Dinge, die Sicht des Mandzukic. Einen Trauernden nach dem anderen schritt er ab, hob jeden auf: Kapitän Luka Modric, der an der Mittellinie die Hände auf die Knie gelegt hatte, den Oberkörper nach vorn gebeugt. Die Verteidiger, die erschöpft, weinend, ausgepumpt auf dem Boden lagen.

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Es gibt keinen Grund, bedeutete Mandzukic ihnen, am Boden zu liegen. Im Gegenteil. Es gebe Grund, den Rücken durchzudrücken, die Stirn zu heben: Kroatien, ein 4,2-Millionen-Einwohner-Land, kaum 20 Jahre alt, war WM-Zweiter geworden. Und wer weiß, vielleicht wäre sogar mehr drin gewesen, wenn Mandzukic, Stürmer bei Juventus Turin, die Franzosen nicht auf tragische Weise in Front gebracht hätte, und der andere "Italiener" in den Reihen der Kroaten, Ivan Perisic von Inter Mailand, nicht den Elfmeter zum zwischenzeitlichen 1:2 verursacht hätte.

Aber der Reihe nach: Es lief die 18. Minute, als Antoine Griezmann einen Freistoß vors Tor trat - und Mandzukic, gerade noch als Schütze des 2:1-Siegtores aus dem Halbfinale gegen England ein Held, verlängerte Ball mit dem Scheitel ins eigene Tor. Mandzukic, der vor Jahren mal in Wolfsburg und später beim FC Bayern gespielt hatte, und den sein kroatischer Nationaltrainer Zlatko Dalic in bester Guardiola-Manier einen "Top-top-Stürmer" genannt hatte, blieb nichts, als die Lippen zusammenzubeißen - und auf die Rebellion der Kroaten zu hoffen.

Sie kam in Gestalt von Perisic. Der Stürmer, der ebenfalls ein Held der Partie gegen England gewesen war, weil er für den für den zwischenzeitlichen Ausgleich gesorgt hatte, tat es wieder. Diesmal mit einem brillanten Tor als Krönung einer ebensolchen Turnierleistung.

Modric hatte aus dem zentralen Mittelfeld einen Freistoß hinaus auf die rechte Seite geschlagen, und Außenverteidiger Vrsaljko köpfelte den Ball in den Strafraum hinein, wo erst Mandzukic und Innenverteidiger Dejan Lovren ihre Kopfballduelle gegen die Franzosen gewannen - und Domagoj Vida den Ball schließlich auf Perisic zurücklegte. Perisic bündelte den ganzen kollektiven Willen, der der Aktion zugrunde lag, in seinem linken "musculus quadriceps femoris", den er später in die Kamera halten sollte: Er legte sich erst den Ball mit dem rechten Fuß vor, düpierte so seinen Bewacher - und drückte ab. Volley. Mit all der brachialen Gewalt, die sein linkes Bein im siebten Spiel dieser WM bereithielt.

Brutale Schiedsrichterentscheidung

Die Kehrseite lernte Perisic in der 35. Minute kennen. Nach einem Freistoß von Antoine Griezmann sprang er am linken Pfosten des eigenen Tores nach dem Ball und berührte ihn mit der Hand. Schiedsrichter Néstor Pitana (Argentinien) wurde von einem Mann kontaktiert, den Perisic und Mandzukic aus Italien bestens kennen: Videoschiedsrichter Massimiliano Irrati. Er forderte Pitana auf, sich die Bilder am Bildschirm anzuschauen. Und Pitana legte die Zeitlupen aus Sicht der Kroaten brutal aus: Er entschied auf Strafstoß, Griezmann verwandelte.

Es folgten die Tore von Pogba und Mbappé, denen die Kroaten nur einen Treffer entgegenzusetzen hatten: durch Mandzukic, der von Frankreichs Torhüter Hugo Lloris am Fünfmeterraum angeschossen wurde, so dass der Ball noch ins Tor trudelte (69.). Zu wenig, um das Spiel zu drehen. Aber genug, um am Ende Stolz hervorzukehren.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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