Süddeutsche Zeitung

Kroatien:Milde Strafe

Die Uefa verhängt wegen der Ausschreitungen im Spiel gegen Tschechien 100 000 Euro Buße und verbietet Ticket-Verkäufe an Hooligans. Die Krawallen waren im Internet angekündigt worden.

Die kroatische Nationalmannschaft ist nach den Krawallen ihrer Fans am vergangenen Freitag bei der Partie gegen Tschechien (2:2) glimpflich davongekommen. Die Disziplinarkommission der Europäische Fußball-Union (Uefa) verhängte am Montagabend für den Skandal von St. Étienne eine überraschend milde Geldstrafe in Höhe von 100 000 Euro. Zudem darf der Verband bei allen weiteren EM-Spielen des Teams keine Tickets an polizeibekannte Krawallmacher verkaufen; diese Sanktion ist allerdings zur Bewährung ausgesetzt, sie greift erst, wenn es am Dienstag - im letzten Gruppenspiel gegen Titelverteidiger Spanien in Bordeaux - noch einmal Ärger gibt.

Statt eines befürchteten EM-Auschlusses auf Bewährung wie für Russland gibt es für Kroatiens Verband also nur ein angedrohtes "Hausverbot für Hooligans" - das überrascht deshalb, weil die Kroaten Wiederholungstäter sind, was Zuschauerausschreitungen angeht. Knapp eine Million Euro musste der Verband HNS in den vergangenen zehn Jahren schon an die Uefa überweisen. Zu den üblichen Vergehen wie dem Abbrennen von Pyrotechnik kommen immer wieder hässliche Zwischenfälle hinzu wie im Juni 2015: Damals behandelten Fans den Rasen im Poljud-Stadion in Split vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Italien so mit Chemikalien, dass sich ein viele Meter großes Hakenkreuz abzeichnete.

Kroatiens Nationaltrainer Ante Cacic äußerte sich zurückhaltend zum Uefa-Urteil. "Unser Präsident hat mir gesagt, dass wir nicht hart bestraft werden", ließ er am Montag bei einer Pressekonferenz in Bordeaux wissen. Die Probleme würden das Team nur "stärker" machen, versicherte der 62-Jährige: "Niemand kann unser Land terrorisieren." Der Coach rechnet auch nicht mit weiteren Ausschreitungen. "Ich denke, dass die Polizei diesmal besser vorbereitet ist, und es auch die Organisatoren sind, um die Dinge zu regeln. Wir müssen uns auf das Spiel konzentrieren", sagte Cacic.

Kroatien liegt mit vier Punkten zwei Zähler hinter Spanien und kann sich mit einem Erfolg den Gruppensieg sichern, ein Unentschieden reicht für Platz zwei. "Es wird keine Rechnerei geben, wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen", versicherte Cacic. Der ehemalige Bundesliga-Profi Ivan Perisic (jetzt Inter Mailand) stimmte dem zu: "Es wird nicht kalkuliert. Wir wollen gewinnen und Erster werden"- um Italien im Achtelfinale aus dem Weg zu gehen. Offen ließ Trainer Cacic bei der Gelegenheit, ob der angeschlagene Real-Madrid-Profi Luka Modric (muskuläre Probleme) einsatzfähig ist. Eine Computertomographie habe ergeben, dass beim Spielmacher nichts gerissen sei, berichtete Cacic: "Wir werden morgen sehen, ob er spielen kann." Zudem bangt der Trainer um den Einsatz von Innenverteidiger Vedran Corluka, der in der Partie gegen Tschechien eine Platzwunde am Kopf erlitten hat.

Zusammen mit seinem Team hatte Corluka am Freitag im Stade Geoffroy-Guichard hilflos zusehen müssen, wie im Fanblock das Chaos ausbrach. Von der 86. Minute an hatten Hooligans Böller und bengalische Feuer auf den Rasen geworfen. Zudem prügelten sich die Kroaten untereinander. Ein Ordner wurde leicht verletzt, weil ein Knallkörper direkt neben ihm explodierte. "Wir können uns nur entschuldigen. Das waren Leute, die in erster Linie komplett gegen uns sind. Wir möchten unseren Traum weiterleben", hatte der frühere Bundesliga-Profi Ivan Rakitic in der ARD-Sportschau gesagt.

"Wir haben alles getan, um Zwischenfälle zu vermeiden", hatte der Verband am Wochenende mitgeteilt. Dabei war die Aktion vorher im Internet angekündigt worden, sogar von einem geplanten Platzsturm war die Rede gewesen. Teile der kroatischen Hooligans wollen mit solchen Aktionen der ihrer Meinung nach korrupten Verbandsspitze schaden. "Das sind Staatsfeinde, die ihre Mannschaft und ihr Land hassen", hatte Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic gesagt und hinzugefügt: "Schämt euch!"

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SZ vom 21.06.2016 / SID, dpa
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