Kroatien bei der WM:Das Werben um Rebic hat gerade erst begonnen

World Cup - Group D - Argentina vs Croatia

Schon jetzt ein Bild für jeden WM-Rückblick: Rebic nach seinem Tor zum 1:0 gegen Argentinien.

(Foto: REUTERS)
  • Kroatiens Ante Rebic war einst als "Trainings-Weltmeister" abgeschrieben - in diesem Sommer präsentiert sich der Frankfurt-Profi in Bestform.
  • Seine Entwicklung förderte vor allem der neue Bayern-Trainer Niko Kovac.
  • Mehrere Klubs sollen an einer Verpflichtung des Angreifers interessiert sein.
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Von Tobias Schächter, Kaliningrad

Wer im Archiv Geschichten über die Entwicklung des Fußballers Ante Rebic sucht, stößt auf einen Spielbericht des Zweitligaspiels 1. FC Heidenheim gegen RB Leipzig vom 24. März 2015. Damals war Rebic 21 Jahre jung und galt als großes Talent, das aber nirgendwo so richtig Fuß fassen konnte. Leipzig hatte den jungen Angreifer aus Split vom AC Florenz ausgeliehen. Nach dem Abpfiff des Kicks aber war die Geduld des damaligen RB-Trainers Achim Beierlorzer mit Rebic am Ende, 0:1 hatte sein Team verloren und der Kroate nach seiner Einwechslung in der 71. Minute eine unterirdische Leistung gebracht. Beierlorzer sagte: "Ante hat im Training die Netze zerschossen, sich diesen Einsatz verdient gehabt - und dann kommt 20 Minuten mal wieder: nichts!" Beierlorzers letzter Satz leitete das Ende von Rebics Zeit in Leipzig ein, er urteilte: "Ante ist ein Trainings-Weltmeister. Mehr nicht!"

Man kann also nicht sagen, dass das Frühjahr 2015 das Frühjahr des Ante Rebic war. Ohne Übertreibung aber darf gesagt werden, dass der Sommer 2018 der Sommer von Ante Rebic ist. Vor fünf Wochen schoss der mittlerweile 24-Jährige Eintracht Frankfurt mit zwei Toren zum DFB-Pokalsieg gegen den FC Bayern München. Und an diesem Sonntag spielt er mit der kroatischen Nationalmannschaft im WM-Achtelfinale gegen Dänemark. Rebic ist Stammspieler, er hat sich beim 3:0-Sieg im Gruppenspiel gegen Argentinien durch ein spektakuläres Tor per Direktabnahme bereits jetzt in die Rückblicke dieser WM geschossen. Und nach drei Siegen und überzeugenden Leistungen ist ebenso ohne Übertreibung zu bemerken: Wer Weltmeister werden will, muss diese Kroaten erst mal schlagen. Es sei denn, die Elf um Kapitän Luka Modric steht sich wieder mal selbst im Weg.

Der Erfolg von Rebic hat viel mit Bayern-Trainer Niko Kovac zu tun

Die Vergangenheit lehrt, dass Kroaten oft von einem auf den nächsten Moment ihren Fokus verloren, plötzlich selbstgefällig wurden und dem eigenen Untergang staunend zusahen. Doch noch nie wirkten die Kroaten so konzentriert wie bei diesem Turnier - trotz der Anklage wegen Falschaussage gegen Modric im Prozess gegen den wegen Steuerbetrug und Bereicherung verurteilen kroatischen Fußball-Paten Zdravko Mamic. Auch gegen Abwehrchef Dejan Lovren wird wegen Falschaussage in diesem Verfahren ermittelt.

Als das Urteil kurz vor der WM gefällt wurde, diskutierte das Land darüber, ob die Vatreni an diesem Kriminalstück zerbrechen oder doch zusammenwachsen werden. So wie Italiens Auswahl 2006, die trotz eines Manipulationsskandals in der heimischen Liga, in den viele Spieler verwickelt waren, in Deutschland damals Weltmeister wurde. Für in die Jahre gekommene Spieler wie Modric, 32, Mandzukic, 32, Rakitic, 30, oder Perisic, 29, ist diese WM vielleicht die letzte Chance, aus dem Schatten der in Kroatien als "goldene Generation" gefeierten Helden von 1998 zu treten, die bei der WM in Frankreich Dritter wurde.

Als die die aktuelle Generation vor vier Jahren bei der WM in Brasilien sang- und klanglos nach der Vorrunde nach Hause fahren mussten, stand auch schon Ante Rebic im Kader. Vielleicht war auch deshalb in Leipzig, Florenz und bei Hellas Verona die Enttäuschung über ihn so groß, weil er schon in ganz jungen Jahren ein ganz großes Versprechen war. Dass Rebic es nun verspätet einlöst, hat viel mit Niko Kovac zu tun. Der neue Trainer des FC Bayern war es, der Rebic als Trainer der kroatischen Nationalmannschaft in den WM-Kader 2014 berief. Und als scheinbar niemand mehr Rebic zu glauben schien, holte Kovac ihn leihweise ein erstes Mal von Florenz zu Eintracht Frankfurt - und am letzten Transfertag des vergangenen Sommers ein zweites Mal.

Doppeltes Gehalt in Frankfurt?

An diesem Sonntag beginnt die Laufzeit des neuen Dreijahresvertrags von Rebic in Frankfurt, schon im Winter hatte die Eintracht eine Option gezogen, und ihn angeblich für nur zwei Millionen Euro aus Florenz verpflichtet. In diesem Sommer ist Rebic das Zehnfache wert. Mindestens. Bei der Eintracht wissen sie natürlich, dass ihr bester Angreifer und Pokalheld im Fokus potenterer Vereine steht, Tottenham Hotspur soll angeblich an einer Verpflichtung interessiert sein.

Klublegende Jürgen Grabowski, Weltmeister von 1974, beschwor jüngst die Verantwortlichen um Sportvorstand Fredi Bobic, Rebic unbedingt zu halten. Die Eintracht ist auf allen Ebenen stark gewachsen in den vergangenen beiden Jahren, spielt durch den Pokalsieg in der kommenden Runde in der Europa-League. Das aktuelle Gehalt von rund 1,5 Millionen will die Klubführung offenbar verdoppeln, um dem Spieler das Bleiben schmackhaft zu machen. Doch was ist dieser Betrag wert im Vergleich zu den Dimensionen, die ein Champions-League-Klub aus England oder Spanien bieten kann? Und womöglich steigt ja auch noch der FC Bayern in das Werben um Rebic ein, schließlich ist dort nun Kovac Trainer.

Angesprochen auf ein mögliches Angebot der Bayern, sagte Rebic vor der WM, es sei hart, in diesem Falle nein zu sagen. Kovac sei wie einen Vater für ihn, betonte Rebic immer. Wahr ist, dass Rebic ohne Kovac jetzt nicht dort wäre, wo er jetzt ist: auf der ganz großen Bühne. Dabei ist auch der gnadenlose Disziplinfanatiker fast an der Unberechenbarkeit des Talents gescheitert. Kovac beschrieb Rebic einmal so: "Manchmal hat er Sachen gemacht, die waren der Wahnsinn. Aber dann hat er mich in den Wahnsinn getrieben. Manchmal war Ante so, dass er im Training alle überrannt hat. Aber manchmal haben sich die Journalisten, die draußen standen, mehr bewegt."

Selten trifft das Wort "Wuchtbrumme" auf einen Fußballer besser zu als auf Rebic: Tritt er an, ist er kaum zu stoppen. Und er ist der Typ Angreifer, an dem sich die Abwehrspieler wehtun. Dabei pendelt der Außenstürmer oft zwischen den Extremen. So wie jüngst gegen Argentinien. Da gelang ihm zu Beginn fast nichts, er kämpfte sich aber ins Spiel zurück, wandelte dann am Rande des Platzverweises - und schoss das wichtige Tor, bevor er angeschlagen vom Platz humpelte. Seinem Einsatz gegen Dänemark steht aber nichts im Weg. Keine Verletzung. Kein Wahnsinn. Und auch keine Skepsis.

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