Kritik an Sportförderung:DOSB reagiert mit Unverständnis

Der Deutsche Tischtennis-Bund fordert eine Grundsatzreform, auch Diskuswerfer Robert Harting findet erneut harte Worte: Nun meldet sich der angegriffene Deutsche Olympische Sportbund zu Wort - und weist die Kritik mit Unverständnis zurück.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat die Kritik des Tischtennis-Verbandes am Fördersystem zurückgewiesen. "Mit großer Verwunderung habe ich die heutige Stellungnahme des DTTB zur Kenntnis genommen", erklärte Christa Thiel, die DOSB-Vizepräsidentin Leistungssport, am Dienstag. Über die Leistungssportförderung und deren Ausrichtung für den nächsten Olympiazyklus sei bereits vor den Olympischen Spielen diskutiert worden.

Pressekonferenz DOSB-Kurzanalyse Olympia 2012

Zeigt sich verblüfft über die Vorwürfe des DTTB: Christa Thiel, DOSB-Vizepräsidentin Leistungssport.

(Foto: dpa)

Eine Stellungnahme des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) habe weder den DOSB-Gremien noch bei einer Klausur zum Förderthema am 13. September vorgelegen. Auch hätte der Sportdirektor des DTTB, der Mitglied des DOSB-Beirates ist, keine Änderungswünsche vorgetragen. "Alle Beschlüsse wurden auch mit seiner Stimme einstimmig getroffen", sagte Thiel. Auf dieser Grundlage habe sich das Präsidium des DOSB am 18. September mit der Zukunft der Leistungssportförderung befasst. "Es ist schade und es widerspricht einem fairen Verfahren, seine Vorstellungen bei diesen Gelegenheiten nicht einzubringen", meinte Thiel.

Am Mittwoch wird der DOSB und das Bundesinnenministerium (BMI) zur Olympia-Auswertung im Sportausschuss antreten. In der vergangenen Woche hatte der DOSB angekündigt, am bisherigen Steuerungsmodell im Leistungssport und dem Prinzip der Zielvereinbarungen mit den Verbänden festhalten zu wollen - obwohl diese bereits bei den Olympischen Spielen in London für enorme Aufregung gesorgt hatten.

Der DTTB hatte in einem am Dienstag veröffentlichten Brief an deutsche Sportpolitiker kritisiert, dass das bisherige Fördersystem im deutschen Sport auf "unklaren Prinzipien" beruhe. "Wir bezweifeln, dass die aktuellen und aus Steuergeldern bestehenden Investitionen in den Leistungssport optimal den gesellschaftspolitischen Zielen des Landes dienen", erklären DTTB-Präsident Thomas Weikert und Ehrenpräsident Hans Wilhelm Gäb in einer Pressemitteilung des Verbandes.

"Selbstgefällig und blass"

Laut Weikert, zugleich Chef der Trainerakademie des DOSB, und Gäb, der frühere Vorstands- und jetzige Ehrenvorsitzende des Aufsichtsrats der Stiftung Deutsche Sporthilfe, wird die Bedeutung des Breitensports als der Basis für den Leistungssport nicht berücksichtigt. Nach Ansicht von Weikert gibt es derzeit beispielsweise eine unverhältnismäßig überhöhte Förderung von Sportarten, hinter denen keine Breitensportbewegung steht und deren gesellschaftspolitischer Nutzen daher naturgemäß begrenzt ist. Immer noch würden medaillenträchtige Minoritäten-Sportarten überproportional zulasten der Verbände mit starker Breitensport-Struktur gefördert.

Vor dem DTTB hatte bereits Diskuswerfer Robert Harting seine Kritik am DOSB und Präsident Thomas Bach verschärft. "Mir geht auf den Senkel, dass es eine extreme Diskrepanz zwischen Ausführern und Entscheidern gibt. Ein Bach weiß nicht, was ein Julius Brink tut", sagte Harting im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID): "Die Versickerung, die Verteilung des Geldes ist undurchsichtig. Da hat der Deutsche Olympische Sportbund einiges zu tun, man muss selbstkritisch mit sich umgehen. Ich hoffe, dass sich wirklich etwas ändert, sonst geht das alles gegen den Baum."

Der 27 Jahre Olympiasieger fühlt sich vom DOSB ungerecht behandelt, "wenn der Verbandspräsident mir persönlich sagt: unser Ziel ist nicht die Finanzierung der Athleten, sondern die duale Karriere. Und dass sie primär nicht dafür verantwortlich sind, dass die Athleten Geld verdienen. Wenn Athleten Geld verdienen wollen, sollen sie Lotto spielen - das höre ich von dem DOSB-Präsidenten. Ich, der acht Stunden am Tag trainiert und danach noch zwei Stunden Uni macht. Da fehlen mir die Worte, da fehlen mir einfach die Worte. Das ist sowas von daneben. Das ist so selbstgefällig und einfach blass", sagte Harting.

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